# taz.de -- Alina Levshin im neuen „Tatort“: Keine halben Sachen | |
> Als Sidekick im berufsjugendlichen Erfurter MDR-„Tatort“ „Kalter Engel�… | |
> ist Film- und Fernsehpreisträgerin Alina Levshin eindeutig unterfordert. | |
Bild: Alina Levshin hat schnell gelernt: bei Observationen immer hinter Bäumen… | |
Der ganze Wahnsinn ist noch weit weg, als Alina Levshin ein Praktikum bei | |
einer Filmproduktion macht. Die Abiturientin will auf die Schauspielschule, | |
aber da man sie dort noch nicht nimmt, überbrückt sie den Leerlauf wie so | |
viele Altersgenossen. „Ich durfte sogar zwei Drehbücher lektorieren“, | |
erinnert sie sich. Die Kollegen hätten sich wohl einen Spaß mit ihr | |
erlaubt, sagt sie, „aber ich habe die Aufgabe total ernst genommen.“ | |
So ist Alina Levshin: keine halben Sachen. Mit der Strebsamkeit | |
migrantischer Aufsteiger nimmt sie Herausforderungen an. Es hat sie weit | |
gebracht. Dabei ist sie noch keine 30. | |
Levshin, 1984 im ukrainischen Odessa geboren und mit sechs nach Berlin | |
gezogen, war noch auf der Schauspielschule, als Dominik Graf sie für seine | |
Polizeiserie „Im Angesicht des Verbrechens“ besetzte. Für ihre Darstellung | |
der ukrainischen Zwangsprostituierten Jelena wurde sie 2010 mit dem | |
Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet, für die der ostdeutschen Nazibraut | |
Marisa in „Kriegerin“ 2012 mit dem Deutschen Filmpreis. | |
Von Sonntag an ist Levshin trotzdem wieder Praktikantin. Im neuen Erfurter | |
„Tatort“ spielt sie neben Friedrich Mücke und Benjamin Kramme einmal im | |
Jahr die angehende Staatsanwältin Johanna Grewel, die bei der Kripo | |
hospitiert. „Mir ist bewusst, dass der ’Tatort‘ eine große Sache ist“,… | |
sie, „aber deswegen habe ich nicht zugesagt, sondern weil mir das Konzept | |
gefiel, ich meine Rolle mag und meine Kollegen.“ Der „Tatort“ sei für sie | |
„ein nächster Schritt“, keine Lebensaufgabe. „Auf keinen Fall gehe ich | |
jetzt für andere Projekte in Rente. Das würde ich nicht wollen, und das | |
könnte ich mir finanziell auch gar nicht leisten.“ | |
## „Geiler Arsch“ | |
„Bahn frei für das jüngste ’Tatort‘-Team“, wirbt der MDR für den ers… | |
Film, „Kalter Engel“. Und genau diese anbiedernde Berufsjugendlichkeit, das | |
ausgestellt Dreitagebärtige, ist das Problem des vom Mittfünfziger Tom Bohn | |
geschriebenen und inszenierten Falls. Die Kommissare schlafen im Büro, | |
ernähren sich von Energydrinks und attestieren ihrer Praktikantin „’nen | |
geilen Arsch“ – eine Wahrnehmung, die einiges über die MDR-Verantwortlichen | |
aussagt, aber wenig über die umworbene Zielgruppe. | |
„Bei Filmen ist alles das Produkt von Entscheidungen“, sagt Levshin dazu, | |
„als Schauspieler werden wir mit dem Ergebnis identifiziert, haben aber auf | |
viele Entscheidungen gar keinen Einfluss.“ Sehr höflich und professionell | |
stellt sie ihr Gegenüber zufrieden, ohne es sich mit dem „Tatort“-Team zu | |
verscherzen. | |
## Kleinste Emotionen | |
Als Eindringling in die Buddywelt ihrer Kommissarskollegen bleibt Levshins | |
Figur im ersten Film nur die Rolle des Sidekicks. Doch weil sie gar nicht | |
viel machen muss, um viel zu zeigen, ist ihre Johanna Grewel – nerdig, aber | |
nicht graumäusig, ehrgeizig, aber nicht forsch – die interessanteste Figur. | |
„In ihrem Gesicht kann sich die kleinste Emotion spiegeln“, lobte Dominik | |
Graf sie. Verunsicherung, Wut, Überforderung – Levshin verleiht diesem | |
stillen Wasser Tiefe. „Ich bin sehr gespannt auf das zweite Buch“, sagt | |
sie, „weil so vieles möglich ist.“ Ein Hauch Besorgnis ist wohl schon | |
dabei. | |
Dabei ist Levshin ein grundpositiver Mensch. „Angst ist gefährlich“, sagt | |
sie. „Angst lähmt.“ Weder fürchtet sie die Unsicherheit ihres Berufs noch | |
die Einsortierung in eine Schublade. Sieht sie darin einen Zusammenhang mit | |
der Übersiedelung ihrer Familie nach Deutschland? „Gut möglich, dass sich | |
der Mut meiner Eltern auf mich übertragen hat“, sagt sie. „Sie haben mir | |
immer das Gefühl vermittelt, dass ich alles schaffen kann.“ Levshins junge | |
Karriere ist ein schöner Beleg für die Macht der inneren Einstellung: Der | |
Russin vom Dienst ist sie jedenfalls längst entwachsen. | |
1 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
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