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# taz.de -- Kolumne Besser: Wer zum Teufel seid ihr?
> Bürgerrecht oder ein Quadratmeter Unfreiheit – im türkischen Parlament
> tragen einige Frauen seit wenigen Tagen wieder ein Kopftuch.
Bild: Eine Maske mit Tapa-Stoff aus Neuseeland ist derzeit im Kölner Rautenstr…
Ja, es war ein historischer Moment, als vorige Woche vier Abgeordnete der
AKP mit Kopftüchern [1][im türkischen Parlament auftraten]. Man kann sagen:
Endlich wird dieses Bürgerrecht gewährt. Ebenso kann man sagen: Das
Kopftuch ist ein Quadratmeter Unfreiheit.
Der Hoffnung, dass die Legalisierung des Kopftuchs im öffentlichen Raum der
gesellschaftlichen Polarisierung ein wenig entgegenwirkt, steht die
Befürchtung entgegen, dass Frauen, die kein Kopftuch tragen, unter einen
religiösen Druck geraten. Aber lassen wir das und stellen stattdessen eine
Frage, die in der Türkei vergessen wurde: Wer zum Teufel sind Erdogans
Kopftuchmädchen?
Soweit bekannt, trug keine vor ihrem Mandat ein Kopftuch. Drei wollen auf
der Pilgerfahrt nach Mekka in diesem Sommer beschlossen haben, sich künftig
zu verhüllen. In den Medien tauchten sie vor der Kopftuchnummer nicht auf,
auch in der türkischen Wikipedia werden sie erst seither aufgeführt. Dem
[2][Archiv des Parlaments zufolge] haben alle einige Gesetzesinitiativen
mitunterschrieben, waren aber nie Erstunterzeichnerinnen. Was man sonst
noch über die vier sagen kann:
Gülay Samanci: 36, Rechtsanwältin aus der zentralanatolischen Provinz
Konya. Sie gab als erste bekannt, fortan ein Kopftuch zu tragen. Sie ist
auch die einzige, die nach dem Auftritt im Parlament [3][ein Interview
dazu] gab: „In der Türkei gibt es nun eine fortgeschrittene Demokratie.“ Im
Parlamentsarchiv sind vier Reden von ihr notiert.
Gönül Bekin Sahkulubey: 43, Apothekerin aus der kurdisch-arabischen Provinz
Mardin. Sie sitzt bereits seit 2007 im Parlament, wo sie in dieser
Legislaturperiode dreimal gesprochen hat. Sie hat [4][eine eigene Website]
und [5][nutzt eifrig Twitter], wo sie jedoch meist nur Fotos von Besuchen
im Wahlkreis und Passagen aus Erdogan-Reden postet. Auf ihrer Website
finden sich sechs Pressemitteilungen aus den letzten zwei Jahren, unter
anderem zum „Tag des Apothekers“ und zur Geburt des Propheten Mohammed.
Sevde Bayazt-Kaçar: 39-Jährige mit Doppelnamen und Abgeordnete für die
südanatolische Provinz Kahramanmara. Ihr Vater war der Dichter Erdem
Bayazit, den Erdogan sehr schätzte – auf dem Album mit Gedichten, das er
Ende der Neunziger im Gefängnis aufnahm, finden sich gleich zwei Gedichte
von Bayazit. Über dessen Tochter hingegen [6][meckerten lokale Medien] vor
der Wahl im Jahr 2011: „Wir kennen ihren Vater. Aber das reicht uns nicht.“
Ob es bis letzte Woche anders war, ist nicht bekannt. Im Parlament hat sie
noch nie geredet.
Nurcan Dalbudak: Mit 34 Jahren die jüngste der Kopftuchmädchen. Sie hat
Textiltechnik studiert und stammt aus der südwestlichen Provinz Denizli.
Bei ihrer Vereidigung sorgte sie für eine Randnotiz, weil auf der
Besuchertribüne ihr Ehemann mit den beiden Kindern zusah. Zweimal ergriff
sie im Parlament das Wort. Einmal wurde sie [7][von einem lokalen
Fernsehsender] nach ihrer Meinung zu den Gezi-Protesten befragt. Ihre
Antwort: Die jungen Leute wurden von ausländischen Kräften angestachelt und
missbraucht.
Besser: Ohne.
5 Nov 2013
## LINKS
[1] /!126624/
[2] http://www.tbmm.gov.tr/develop/owa/yazili_soru_sd.uyenin_soru_onergeleri?p_…
[3] http://yenisafak.com.tr/roportaj-haber/kararimdan-asla-donmem-29.10.2013-57…
[4] http://www.gonulbekin.com/
[5] http://twitter.com/Gonulsahkulubey
[6] http://www.kanal46.com/haber/sevde-bayazit-kacar-torpilli-mi/29023
[7] http://www.youtube.com/watch?v=PGL06RczPe0
## AUTOREN
Deniz Yücel
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