| # taz.de -- Ranking Schattenfinanzplätze: Wir leben in einer Steueroase | |
| > Die Bundesrepublik liegt beim Ranking der wichtigsten | |
| > Schattenfinanzplätze der Welt auf Rang 8 – noch vor den Bermudas. | |
| Bild: Liechtenstein ist das Symbol einer Steueroase. Dabei geht es viel näher. | |
| BERLIN taz | Um auf eine Steueroase zu treffen, muss man nicht erst auf die | |
| Bermudas reisen: Auch Deutschland ist ein wichtiger „Schattenfinanzplatz“. | |
| Die Bundesrepublik belegt den weltweit achten Platz auf einer Rangliste der | |
| Steueroasen, die die internationale Nichtregierungsorganisation Tax Justice | |
| Network am Donnerstag veröffentlicht hat. | |
| Vor den Deutschen liegen die Schweiz, Luxemburg, Hongkong, die | |
| Cayman-Inseln, Singapur, die USA und Libanon. Die Liste berücksichtigt | |
| sowohl, wie viel Intransparenz die Finanzgesetze eines Landes zulassen, als | |
| auch, wie groß die Finanzströme aus dem Ausland sind. | |
| Beispiel: Kein Land auf dieser Welt hat so intransparente Steuergesetze wie | |
| Samoa. Da der Inselstaat aber im internationalen Finanzverkehr kaum eine | |
| Rolle spielt, landet er nur auf Platz 76. Umgekehrt liegt Deutschland bei | |
| der Geheimniskrämerei im internationalen Mittelfeld, die hiesigen Banken | |
| verwalten jedoch rund 1,8 Billionen US-Dollar aus dem Ausland. Also ist die | |
| deutsche Intransparenz folgenreicher – weswegen sich die Bundesrepublik | |
| viel weiter vorn auf der Liste findet als Samoa . | |
| Zu den zahlreichen deutschen Steuergesetzen, die das Tax Justice Network | |
| problematisch findet, gehört vorneweg die Kapitalertragsteuer, die auf | |
| Zinsen und Dividenden erhoben wird. Nicht nur, dass diese anonym als | |
| Quellensteuer von den Banken abgeführt wird – Ausländer müssen sie gar | |
| nicht zahlen. Die Idee ist, dass die ausländischen Anleger die Erträge in | |
| ihren Heimatstaaten versteuern sollen. | |
| ## Attraktive Kombination | |
| Diese Kombination von Steuerfreiheit und Anonymität macht es für | |
| Steuerflüchtlinge aus dem Ausland attraktiv, ihr Geld hierzulande | |
| anzulegen: Die Gefahr ist gering, dass sie in ihrem Heimatland auffliegen. | |
| Ausländische Steuerbehörden können in Deutschland nur nachfragen, wenn sie | |
| bereits wissen, bei welcher Bank das vermutete Schwarzgeld liegt. | |
| EU-Bürgern nützt dieser Trick allerdings nichts, denn Deutschland nimmt am | |
| automatischen Informationsaustausch im Rahmen der EU-Zinssteuerrichtlinie | |
| teil. | |
| Ein weiteres Problem sind nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften: Sie | |
| müssen nicht öffentlich machen, wer die sogenannten Inhaberaktien besitzt. | |
| Das lädt dazu ein, Scheinfirmen zu gründen und darüber Geld zu waschen. | |
| Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland zwischen 29 und 57 | |
| Milliarden Euro jährlich „gesäubert“ werden. So beschweren sich | |
| italienische Ermittler, dass die Mafia ihr Geld problemlos nach Deutschland | |
| schleusen könne. | |
| Die EU-Kommission bemüht sich, ein europaweites Register anzulegen, das die | |
| Besitzer von Briefkastenfirmen lückenlos erfasst. Doch dieser Vorstoß, so | |
| das Tax Justice Network, wurde von der schwarz-gelben Regierung 2013 | |
| torpediert. | |
| Deutschland ist jedoch nicht nur für Ausländer eine Steueroase, sondern | |
| auch für Inländer. Vor allem deutsche Konzerne haben viele Möglichkeiten, | |
| ihre Gewinne ins Ausland zu verlagern, um sie dort niedriger zu versteuern. | |
| Eine Kontrolle ist nicht möglich, weil die Konzerne keine | |
| länderspezifischen Angaben über ihr Treiben machen müssen. | |
| Das Tax Justice Network fordert, dass Union und SPD das Problem im | |
| Koalitionsvertrag berücksichtigen. Konkret heißt das erstens: Jeder | |
| Bundesbürger muss angeben, welche Konten er im Ausland besitzt. Dies würde | |
| die Steuerflucht enorm erschweren. Zweitens: Die Kapitalertragsteuer darf | |
| nicht mehr anonym bleiben. Drittens: Konzerne mit ausländischen | |
| Tochterfirmen sollten gezwungen werden, eine länderbezogene | |
| Berichterstattung vorzulegen, damit sie ihre Gewinne nicht in | |
| Niedrigsteuerländer verschieben können. Viertens: Die Eigentümer und | |
| Begünstigten aller Firmen sollen in einem öffentlichen Register erfasst | |
| werden. | |
| 6 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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