# taz.de -- Rücktritt des Jacobs-University-Präsidenten: Es gibt immer auch G… | |
> Heinz-Otto Peitgen hat die Zukunft der Jacobs University nicht | |
> schönrechnen können: Mit deren Abwicklung zu beginnen, fordern Linke, | |
> Piraten und Uni-AStA. | |
Bild: Noch im Frühjahr sprach Heinz-Otto Peitgen von einem "ausgeglichenen Hau… | |
BREMEN taz | Führungswechsel instabilisieren Unternehmen. Umgekehrt | |
wechseln instabile Unternehmen oft das Führungspersonal: Irgendwie passt | |
beides auf Heinz-Otto Peitgens Rückzug vom vor elf Monaten angetretenen | |
Posten des Geschäftsführers der Jacobs University gGmbH (JUB). Denn, dass | |
der Präsident am Mittwoch dem Aufsichtsrat seinen Abgang zum 31. 12. | |
angeboten, dieser ihn angenommen und sich bedankt hat, entfacht eine neue | |
Diskussion über den Fortbestand der JUB. | |
Zugleich ist der Vorgang, wie der haushaltspolitische Sprecher der | |
Linksfraktion Klaus-Rainer Rupp formuliert, „überraschend, aber nicht | |
verwunderlich“: Die JUB sei und bleibe eine Fehlkonstruktion, so sein | |
Befund. „Wir müssten uns endlich Gedanken machen, wie wir das Ding | |
verträglich abwickeln können“, einschließlich Weiterverwendung des Areals | |
durch öffentliche Hochschulen. Denn Hochschulbetrieb war ja einst Bedingung | |
dafür, dass der Bund Bremen einen guten Preis gemacht hatte. Ändert sich | |
das, müsste das Land wohl nachschießen. | |
Als Kandidatin für die Peitgen-Nachfolge gilt Vize-Präsidentin Katja Windt, | |
und sagt die zu, wäre das ein hoffnungsfrohes Signal: Die | |
Logistik-Forscherin ist fachlich hoch anerkannt. Und sie ist erst Mitte 40, | |
fast zwei Generationen jünger als die bisherigen JUB-Chefs. Kommissarisch | |
übernimmt sie ab 1. Januar 2014 die Leitung. | |
Auslöser der Turbulenzen war aber nicht die Vergreisung der JUB-Führung. | |
Als Hintergrund gilt, dass die zu erheblichen Teilen öffentlich finanzierte | |
Privat-Hochschule einen Business-Plan bis 2017 vorlegen muss. Der soll | |
aufzeigen, wie das strukturelle Defizit abgebaut wird. Denn zur Zeit zehrt | |
die JUB dafür ihren im Wesentlichen aus Geldern der Jacobs Foundation | |
gespeisten Kapitalstock auf. Stolze 22.975.915,64 Euro hatte man ihm allein | |
2011 entnommen, um das im Laufe des Geschäftsjahrs erwirtschaftete Minus zu | |
egalisieren: Und „der Haushalt ist ausgeglichen“, so hatte Mathematiker | |
Peitgen den verdutzten buten & binnen-Zuschauern noch im vergangenen | |
Frühjahr dieses Manöver erläutert. | |
Auch gestern noch bestritt die JUB auf Nachfrage, „dass wir eine | |
Finanzkrise haben“. Immerhin habe ja der Mehrheitseigner, die Schweizer | |
Jacobs Foundation, zugesagt, auch ab 2018 noch zehn Jahre Geld in die JUB | |
zu stecken. Und das stimmt, hat aber zwei Haken. Haken eins: „Die Geltung | |
der Zusage ab 2018 setzt voraus“, heißt es im Vertrag zwischen der | |
Foundation, der University and the Free Hanseatic City of Bremen, „die | |
Umsetzung eines finanziell nachhaltigen Business Plans bis 2017“. Nur dann | |
fließen jährlich zehn Millionen Schweizer Franken, das sind, Stand heute, | |
8,108 Millionen Euro – also, Haken zwei, knapp zehn zu wenig. Übers Stopfen | |
dieser Lücke gab’s laut Peitgen „unterschiedliche geschäftspolitische | |
Auffassungen“. Sprich: Er hatte keinen Plan, der den Aufsichtsrat überzeugt | |
hätte. | |
Wo aber kein Plan, da auch keine Umsetzung, und ohne die, siehe oben, kein | |
Geld ab 2018. „Wer mich kennt, der weiß, dass die Jacobs University für | |
mich seit 15 Jahren eine Herzensangelegenheit ist“, ließ der | |
Fraktal-Experte noch zum Abschied wissen: „Meine Zeit bei Jacobs hat mich | |
persönlich sehr bereichert.“ | |
Wie schön für ihn. Aus dem Mittelbau und vom technischen Personal der JUB | |
kommen dagegen eher beklommene Töne, bloß keine zitierfähigen: Der | |
Betriebsrat ist zur Zeit nicht zu erreichen. Und während Senat und | |
Regierungsfraktionen sich ganz, ganz still verhalten und der Vorsitzende | |
der Bremennorder CDU, Rainer Bensch, die schnelle Neubesetzung des Postens | |
fordert, verrechnen Linksfraktion, Piratenpartei und der AStA der Uni | |
Bremen die Subventionen fürs Privatunternehmen mit der anerkannten | |
Unterfinanzierung der staatlichen Hochschulen. | |
Mit ähnlichem Ergebnis: Ein Schlag in deren Gesicht sei die Weiterförderung | |
der JUB, so der Studierenden-Ausschuss. Der Senat müsse prüfen, ob der | |
Dreiervertrag „mit den Aussagen Peitgens nicht schon gebrochen wurde“ – w… | |
ein aus ihrer Sicht willkommener Anlass wäre, die „Abwicklung der Jacobs zu | |
beginnen“. | |
7 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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