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# taz.de -- Neuer Talibanchef in Pakistan: Rache statt Friedensverhandlungen
> Vor einer Woche starb der Vorsitzende der pakistanischen
> Taliban-Fraktionen durch eine US-Drohne. Er war zu Verhandlungen berieit.
> Sein Nachfolger nicht.
Bild: Mullah Faslullah soll auch für das Attentat auf die Schülerin Malala Yo…
BERLIN taz | Eigentlich heißt er wohl Fasl Hajat, bekannt ist Mullah
Faslullah aber als der „Radio-Mullah“, wegen seiner feurigen Beiträge über
Taliban-eigene Kurzwellensender. Am Donnerstag bestimmte ihn der
Führungsrat der Taliban-Bewegung Pakistans, einer Koalition von über 40
verschiedenen Gruppen und nach in der Landessprache Urdu als TTP abgekürzt,
zu seinem neuen Vorsitzenden.
Er folgt Hakimullah Mehsud, der am Freitag voriger Woche nahe der Stadt
Miramshah in Nord-Wasiristan, einer der autonomen sieben sogenannten
Stammesagenturen in Nordwest-Pakistan, von einer US-amerikanischen Drohne
getötet wurde. Das Gebiet steht weitgehend unter Kontrolle der Taliban.
Faslullah wird als Hardliner in der ohnehin schon extremistischen TTP
angesehen. 2008 und 2009 präsidierte er über die zweijährige Herrschaft
seiner eigenen Fraktion, der Bewegung zur Durchsetzung der Mohammedanischen
Sharia (TNSM), in Swat, einem alpinen Gebirgstal eine gute Autostunde
nördlich Islamabads, das mit seinen Skiliften und Forellenbratereien früher
ein beliebtes Wochenendziel der pakistanischen Hauptstädter war. Faslullah
selbst soll früher einen Lift über den Swat-Fluss betrieben haben.
Er soll auch für den Anschlag auf die inzwischen weltbekannte Malala
Youzafzei im Oktober 2012 verantwortlich sein, eine paschtunische
Schülerin, die sich öffentlich gegen die Schulschließungen durch die
Taliban ausgesprochen hatte. Schon 1994 hatte die TNSM in der Region ein
kurzlebiges Emirat ausgerufen, das den afghanischen Taliban als Vorbild
gedient haben dürfte.
## Angst vor neuer Terrorwelle
Pakistans Taliban entstanden ursprünglich als Logistik-Infrastruktur für
ihre afghanischen „Brüder“. Deren Chef Mullah Muhammad Omar betrachten auch
Pakistans Taliban als ihren geistlichen Führer. Vom Sieg der afghanischen
Taliban und der Errichtung ihres Emirats 1996 angespornt, setzten auch die
pakistanischen Taliban auf Regimewechsel.
Das brachte sie paradoxerweise in Konflikt mit Mullah Omars Leuten. Die
hängen nämlich mit ihren Rückzugsgebieten in Pakistan nach wie vor vom
Wohlwollen des dortigen Militärs ab. Abgesandte Omars vermittelten deshalb
mehrmals zwischen TTP und Islamabad.
Die neue TTP-Führung um Mullah Faslullah setzt aber erst einmal auf
Konfrontation. Sie schwor Rache für Mehsud und kündigte Attentate auf
Pakistans Sicherheitskräfte, staatliche Einrichtungen und Politiker an.
Offenbar hat der US-Drohnenschlag alle Hoffnungen auf Friedensgespräche
vorerst zunichte gemacht, die der im Juni gewählte Premier Nawaz Sharif
anstrebte; Mehsud hatte positive Signale gesendet.
Eine neue TTP-Terrorwelle könnte die pakistanische Armee zu einer neuen
Offensive gegen die Taliban bewegen. Das wäre im Sinne Washingtons, das die
TTP wegen ihrer Verwicklung in Terrorakte auf US-amerikanischem Boden als
Sicherheitsrisiko betrachtet. Es brächte auch Entlastung während des
Truppenabzugs im benachbarten Afghanistan. Die TTP hatte jüngst verstärkt
Kämpfer über die Grenze geschickt.
8 Nov 2013
## AUTOREN
Thomas Ruttig
## TAGS
Pakistan
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