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# taz.de -- Streit um kirchliches Arbeitsrecht: Vergebliches Friedensangebot
> Die evangelische Kirche will auf ihrer Synode ein neues Arbeitsrecht
> beschließen und die Gewerkschaften einbinden. Ver.di lehnt dankend ab.
Bild: Kein Friede in der Kirche - der Streit um Arbeitsrechte geht auch nach de…
BERLIN taz | Es war als Befreiungsschlag gedacht: Auf ihrer Synode in
Düsseldorf will die evangelische Kirche (EKD) spätestens am Mittwoch ein
neues Arbeitsrecht beschließen – und damit den Streit mit den
Gewerkschaften, allen voran Ver.di, beilegen. Doch dieser Wunsch wird wohl
unerfüllt bleiben.
Bereits am Sonntag war ein neues „Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz“
(ARGG) in das Plenum der Synode eingebracht worden – begleitet von einer
Protestaktion kirchlicher Beschäftigter. Die Kirche steht seit längerer
Zeit wegen niedriger Entlohnung in Krankenhäusern oder Pflegeheimen in der
Kritik. Streiks, Betriebsräte oder Tarifverträge sind unter dem Kirchendach
verboten. Stattdessen sollen Dienstgeber und -nehmer einvernehmlich, so die
Theorie, in einem „dritten Weg“ über Arbeitsbedingungen verhandeln.
Der Streit darüber führte 2012 bis vor das Bundesarbeitsgericht. Das
entschied im November, das kirchliche Arbeitsrecht sei nur zulässig, wenn
Gewerkschaften in einem Mindestmaß in die Aushandlung von
Arbeitsbedingungen eingebunden sind und einzelne Einrichtungen von
vereinbarten Lohnstandards nicht eigenmächtig nach unten abweichen können.
Das neue ARGG schließt Streiks auch weiterhin aus. Allerdings sollen
Gewerkschaften künftig Zutritt zu kirchlichen Einrichtungen erhalten, um
dort für ihr Anliegen werben zu können. Und in den Arbeitsrechtlichen
Kommissionen, in denen Dienstgeber und Dienstnehmer miteinander verhandeln,
„sollen den Gewerkschaften künftig in der Regel mindestens die Hälfte der
Sitze zustehen“, sagt Detlef Fey, Arbeitsrechtler der EKD.
Doch „im Regelfall“ heißt eben: Auch andere Wege sind möglich. So müssen
sich die Gewerkschaften gegebenenfalls ihre Sitze mit Mitarbeitervertretern
teilen – für Ver.di inakzeptabel, da solche Verbände keine Gewerkschaften
im eigentlichen Sinne seien und keine tarifliche Regelungskompetenz hätten.
## Ver.di will sich nicht ausschließen lassen
Wird sich die Arbeitsrechtliche Kommission nicht einig, sieht das neue ARGG
eine verbindliche Schlichtung vor. Doch auch für den Fall, dass die
Gewerkschaften die Kommission oder den Schlichtungsausschuss boykottieren,
hat die Kirche vorgesorgt. So können die Dienstgeber zusammen mit dem
Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses auch ohne die
Arbeitnehmervertreter ein verbindliches Ergebnis festlegen.
Für Ver.di ist „diese Zwangsschlichtung nicht akzeptabel. Denn die Kirche
hat dabei immer das letzte Wort“, sagt Ver.di-Sprecher Jan Jurczyk. Seine
Organisation pocht auf das volle weltliche Arbeitsrecht inklusive der
Möglichkeit zu streiken und hat bereits Klage vor dem
Bundesverfassungsgericht eingereicht. Fey geht jedoch davon aus, dass das
neue ARGG ohne allzu große Änderungen von der Synode angenommen wird.
Die wählte am Sonntagabend die ehemalige FDP-Politikerin Irmgard Schwaetzer
zur neuen Präses und Nachfolgerin der Grüne-Fraktionsvorsitzenden Katrin
Göring-Eckardt. Der frühere bayerische Ministerpräsident Günter Beckstein
(CSU) war in zwei Wahlgängen mit seiner Kandidatur gescheitert. Er hatte
gefordert, die Kirche müsse „frommer“ werden. Beckstein ist in der EKD auch
wegen seiner Hardliner-Position in Flüchtlingsfragen umstritten, die er als
Ministerpräsident vertrat.
11 Nov 2013
## AUTOREN
Eva Völpel
Eva Völpel
## TAGS
Verdi
Synode
Streikrecht
Kirche
Gewerkschaft
Streikrecht
kirchliche einrichtungen
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