# taz.de -- Lohnstreit: Diakonie will Verdi raushalten | |
> Erstmals wollen Diakonie-Beschäftigte in dieser Woche streiken. Die | |
> Kirche wirft Ver.di vor, die Auseinandersetzung "für einen Systemwechsel | |
> zu instrumentalisieren". | |
Bild: In der Inneren Mission wird diese Woche gestreikt. | |
Der Lohnstreit in der Diakonie spitzt sich zu. Mittwoch und Donnerstag | |
wollen Beschäftigte von Innerer Mission und Friedehorst für jeweils einen | |
Tag streiken. Es handelt sich um den ersten Arbeitskampf in der Diakonie | |
überhaupt. Das Diakonische Werk Bremen hat seine Angestellten aufgefordert, | |
sich dem Streikaufruf von Ver.di und der Mitarbeitervertretung zu | |
verweigern. Die evangelische Kirche reichte eine Klage ein, um den | |
Streikaufruf verbieten zu lassen. | |
Seit fast zwei Jahren verhandelt die "Arbeitsrechtliche Kommission" (ARK) | |
des evangelischen Wohlfahrtsverbandes, ohne eine Einigung. Und schon seit | |
2005 gab es für die bundesweit rund 140.000 Diakonie-Beschäftigten - mit | |
Ausnahme einer Einmalzahlung - keine Lohnerhöhung mehr. Immer wieder | |
drohten sie deshalb mit der Aufkündigung des sogenannten "Dritten Weges". | |
Dabei handelt es sich um ein kirchliches Sonderverfahren zur Lohnfindung, | |
das ohne Gewerkschaften auskommt und den Beschäftigten kein Streikrecht | |
einräumt. | |
"Bis jetzt liegt kein verhandlungsfähiges Angebot der Diakonie vor," sagt | |
Ver.di-Sekretär Uwe Schmid. Die Entgelttabellen seien "noch immer auf dem | |
Stand von 2004". Laut Schmid beträgt der Einkommensabstand gegenüber der | |
Caritas bereits mehr als acht Prozent. Caritas und Rotes Kreuz haben den | |
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst nachvollzogen. Für Schmid ist | |
klar, dass der "Dritte Weg" deshalb gescheitert ist. Er will, dass die | |
Diakonie künftig mit Ver.di die Tarifverträge aushandelt. "Nur das bietet | |
ein Verhandlungssystem auf gleicher Augenhöhe." | |
Für die Diakonie kommt das nicht in Frage. In einer Erklärung warnt der | |
Verband davor, eine "absehbare Einigung kurz vor einem möglichen Abschluss | |
zu gefährden". Für den stellvertretenden Bremer Diakonie-Vorsitzenden Uwe | |
Mletzko, bedarf es lediglich einer "Neubesinnung der ARK-Mitglieder, dass | |
sie einem gemeinsamen Ziel verpflichtet" seien. "Das ist wie bei einer | |
Papstwahl", sagt Mletzko. "Die Dienstgeber" - gemeint sind die Arbeitgeber | |
- "sind bereit, sie suchen Wege". Und eben diese habe Ver.di "sehr bewusst | |
gestört, um sagen zu können, der ,Dritte Weg' ist gescheitert". Für Mletzko | |
ist klar, dass die Gewerkschaft den Tarifstreit "instrumentalisiert, um | |
einen Systemwechsel herbeizuführen". Ihr gehe es "nicht im ersten Sinne um | |
einen angemessenen Lohn", sondern darum "im kirchlichen Bereich einen Fuß | |
in die Tür zu kriegen", um ihre Mitgliederverluste in anderen Branchen zu | |
kompensieren. "Völliger Quatsch", sagt dazu Mitarbeitervertreter und | |
ARK-Mitglied Christof Fantini. "Die Arbeitnehmerseite hat bei Ver.di | |
angeklopft und um Unterstützung gebeten, nachdem wir gemerkt haben, dass | |
die Arbeitgeber es darauf anlegen, Lohndrückerei zu betreiben." Deren | |
Angebot nennt Fantini "eine Mogelpackung". Die angeblich gebotenen acht | |
Prozent reduzieren sich durch verschiedene Kompensationsmechanismen auf | |
real unter vier Prozent. "Es gibt keinen Grund, die Beschäftigten bei uns | |
schlechter zu stellen als die der Caritas und das Roten Kreuzes." Die seien | |
durch die Übernahme des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst "auch | |
alle nicht untergegangen". | |
Versöhnliche Töne schlägt Pastor Mletzko an, wenn es um die Kooperation von | |
Ver.di bei der Abstimmung des Streiks geht. "Wir haben eine Verantwortung | |
für Alte, Behinderte, psychisch kranke Menschen und Wohnungslose." Diese | |
dürften durch den Streik nicht gefährdet werden. Was die Sicherstellung der | |
Dienstpläne an den Streiktagen angehe, sei Ver.di jedoch "kooperativ" | |
gewesen, so Mletzko. | |
21 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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