# taz.de -- Kommunalwahlen im Kosovo: Wer nicht abstimmt, riskiert den Job | |
> Am Sonntag finden im serbischen Teil Mitrovicas Nachwahlen statt. Belgrad | |
> will eine Wiederholung des Boykotts auf jeden Fall verhindern. | |
Bild: Abstimmung am 3. November in Mitrovica. In einigen Wahllokalen kam es zu … | |
BELGRAD taz | „Falls sich die Serben am Sonntag nicht in ausreichender | |
Anzahl an den Wahlen beteiligen, wird ein Albaner Bürgermeister in Kosovska | |
Mitrovica. Das könnte sogar bewaffnete Konflikte auslösen. Dann könnte | |
Serbien nicht mehr helfen“, erklärte Serbiens Premier Ivica Dacic am | |
Donnerstag. Die Sorge des Regierungschefs ist nicht unbegründet. Die | |
Kommunalwahlen im Kosovo am 3. November waren eine Blamage für die | |
Regierung Serbiens. Ein zweites Fiasko könnte sich als verheerend erweisen. | |
Vor zwei Wochen hatte Belgrad die im Kosovo lebenden Serben unter Androhung | |
von Vergeltungsmaßnahmen aufgerufen, an die Urnen zu gehen, doch es nutzte | |
nichts: In der serbischen Hochburg Kosovska Mitrovica im Norden weigerten | |
sich die Serben, abzustimmen. Weil das „Hochverrat“ wäre, hieß es in | |
Mitrovica, weil die Unabhängigkeit des „falschen Staats“ Kosovo anerkannt | |
würde. Wäre es am Nachmittag nicht zu Krawallen gekommen und wären nicht | |
maskierte Männer in Wahllokale eingedrungen, während internationale | |
Beobachter und Polizei tatenlos zusahen, wäre der Boykott gelungen. So aber | |
müssen die Wahlen in Mitrovica am 17. November wiederholt werden. | |
Es war ein schwacher Trost für Belgrad, dass in serbischen Gemeinden im | |
Süden des Kosovos die Wahlen reibungslos abliefen. Es kommt auf die | |
nördlichen Gemeinden an, wo die Serben kompakt an der Grenze mit Serbien | |
leben. Fast ein Jahrzehnt lang hatten alle Regierungen in Belgrad sie | |
aufgefordert, den Kosovo zu destabilisieren, Barrikaden zu errichten. | |
Belgrad hatte eine Art serbischer Eigenstaatlichkeit finanziert. Nun sind | |
die Serben im Nordkosovo außer Kontrolle geraten, die Wende in der | |
Belgrader Kosovo-Politik konnten die meisten nicht nachvollziehen. | |
Ausgerechnet die ehemaligen Ultranationalisten, die heute in Serbien an der | |
Macht sind, lösten serbische Parallelstrukturen im Kosovo auf und stimmten | |
Kommunalwahlen im Rahmen des kosovarischen Staatssystems zu. | |
Dieses ist eine Bedingung der EU, damit Serbien im Januar 2014 | |
Beitrittsgespräche aufnehmen kann, ein zentraler Punkt des „Brüsseler | |
Abkommens“ zwischen Belgrad und Prishtina über die Normalisierung ihrer | |
Beziehungen. Aus den Kommunalwahlen sollte ein Bund serbischer Gemeinden | |
hervorgehen, der Autonomierechte hätte, jedoch der Jurisdiktion von | |
Prishtina unterstellt wäre. | |
## Kollektiver Urnengang | |
„Diese Regierung ist eine Staatsverräterin, weil sie alle serbischen | |
staatlichen Institutionen im Kosovo vernichtet hat“, erklärte Expremier | |
Vojislav Kostunica. Seine konservative Demokratische Partei Serbiens (DSS) | |
war für den Wahlboykott. | |
Die Regierung in Belgrad geht nun einen Schritt weiter, um die Serben im | |
Nordkosovo umzustimmen. Der von Serbien unterstützte Kandidat für das | |
Bürgermeisteramt in Mitrovica, Krstimir Pantic, „empfahl“ allen Direktoren | |
serbischer Staatsbetriebe im Nordkosovo, „mit ihren Arbeitern und ihren | |
Familien zu wählen“. Soll heißen: Wer nicht erscheint, wird gefeuert. | |
Dies sei eine „Schande für Serbien“, erwiderten Wahlgegner. Nie zuvor hät… | |
Serbien Arbeitern einen „kollektiven Urnengang befohlen“. „Jedem ist klar, | |
dass die Serben das Brüsseler Abkommen verworfen haben“, erklärte Marko | |
Jaksic, DSS-Funktionär in Mitrovica. Die Frage in Belgrad aber bleibt: Was | |
tun, wenn die Wahlen abermals scheitern? | |
16 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Andrej Ivanji | |
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