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# taz.de -- Lärmschutzplan zu teuer: Der Traum von der stillen Nacht
> Hamburgs Senat hat kein Geld für den ruhigen Schlaf seiner Bürger. Den
> Lärmaktionsplan verabschiedet am Mittwoch die Bürgerschaft - ohne
> Lärmschutz.
Bild: Immer und überall laut: Autos in der Stadt.
Gesundheit und ruhigen Schlaf muss man sich leisten können – was vor allem
für die Hamburger Innenstadt aber so gut wie unmöglich ist. Der
Verkehrslärm überschreitet im weitaus größten Teil der Stadt die
Grenzwerte, hat auch der SPD-Senat erkannt. Mindestens 144.000 Menschen in
Hamburg sind nach Angaben von Umweltverbänden permanent
gesundheitsgefährdendem Straßenlärm ausgesetzt: Von stiller Nacht kann
keine Rede sein.
Die noch ruhigen Gebiete (dunkelgrün auf der Karte) liegen vor allem an den
Stadträndern: in den dünn besiedelten Vier- und Marschlanden im Südosten
natürlich, in der Fischbeker Heide im Südwesten, im Duvenstedter Brook im
Nordosten. In der inneren Stadt findet man höchstens im Altonaer Volkspark,
im Niendorfer Gehege und im Stadtpark seine Ruhe – oder auch auf dem
Friedhof Ohlsdorf. Insgesamt umfassen diese Flächen 8,2 Quadratkilometer –
etwas mehr als ein Prozent des Stadtgebiets.
Gegen den Lärm unternehmen wollen Senat und SPD-Regierungsfraktion
allerdings so recht nichts – „es mangelt an Geld“, räumt die
umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Monika Schaal, ein. Und
deshalb werde ihre Fraktion am Mittwoch in der Bürgerschaft den Entwurf des
Senats für einen Lärmaktionsplan „zustimmend zur Kenntnis nehmen“ und
weitergehende Anträge der oppositionellen Grünen und Liberalen ablehnen.
638 Straßen mit einer Länge von 700 Kilometern hat die federführende
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) aufgelistet, in denen der
Verkehrslärm die Grenzwerte von 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel nachts
(siehe Kasten) überschreitet. Davon seien dringlich mindestens „420
Kilometer lärmtechnisch zu überplanen“, sprich: leiser zu machen.
Faktisch jedoch wurden im Lärmaktionsplan zunächst 40 Projekte auf erst 16
und dann zwölf reduziert, übrig bleiben aktuell nur vier Straßen, in denen
nachts Tempo 30 gelten soll: die Fuhlsbüttler Straße im Bezirk Nord sowie
Moorstraße, Winsener Straße und Harburger Chaussee in Harburg. „Wir machen
erst mal die Pilotprojekte und werten das dann aus“, sagt Schaal. „Ist doch
schon mal ein Anfang.“
Der Grünen-Abgeordnete Till Steffen bezweifelt sogar, dass diese vier
Maßnahmen umgesetzt werden: „Es gibt keine klare zeitliche Planung und
keine finanziellen Zusagen für Lärmschutzmaßnahmen“, sagt er. Aber selbst
wenn die „Mini-Maßnahmen“ realisiert würden, wäre das von effektivem
Lärmschutz weit entfernt: „Sinnvolle und schnelle Verbesserungen wird es
für die lärmgeplagten Bürger nicht geben.“
Die Grünen hatten in den Beratungen über den Lärmaktionsplan im Umwelt- und
im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft vorgeschlagen, auf allen
lärmbelasteten Straßen nachts Tempo 30 einzuführen. „Das wäre eine
effektive und günstige Maßnahme“, sagt Steffen. Die SPD-Mehrheit indes
lehnte das in den Ausschüssen ab und will dies auch im Parlamentsplenum am
Mittwoch tun. „Das ist nicht umsetzbar“, sagt SPD-Verkehrsexpertin Martina
Koeppen.
Zwar sei es billiger und schneller, Tempo-30-Schilder aufzustellen als
Flüsterasphalt zu verlegen und Lärmschutzwände zu errichten, aber die
Geschwindigkeitsbeschränkungen müssten „dann ja auch kontrolliert werden,
um effektiv zu sein“, wendet sie ein, schon die
Autofahrer-Abzocker-Vorwürfe von ADAC und Bild vor Augen. Und außerdem
müsse auch „der Wirtschaftsverkehr fließen“, ruft Koeppen in Erinnerung.
25 Nov 2013
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburg
PKW
ADAC
Verkehr
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