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# taz.de -- Imagekampagne in Sachsen-Anhalt: Endlich ausschlafen
> Die EU streicht ihre Fördermittel für die Frühaufsteher-Kampagne in
> Sachsen-Anhalt. Die SPD fand die Werbung ohnehin kontraproduktiv.
Bild: Werbung oder Eigentor? Autobahnschild vor Sachsen-Anhalt.
DRESDEN taz | „Willkommen im Land der Frühaufsteher!“ Mit diesem Slogan
begrüßt Sachsen-Anhalt seine Besucher beispielsweise beim Überfahren der
Landesgrenze auf Autobahnen. Eigenwerbung hat das von einer schwarz-roten
Koalition regierte Bundesland mit nur 2,25 Millionen Einwohnern und dem
empfindlichsten Bevölkerungsverlust in der Bundesrepublik nötig.
Doch die Imagekampagne wird früher einschlafen als erwartet. Nicht nur
deshalb, weil sie umstritten ist und die SPD eben erst ihre Abschaffung
gefordert hat. Mit der neuen Förderperiode gibt es vom kommenden Jahr an
schlichtweg keine EU-Gelder mehr.
2005 hatte der damalige Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) das erste
Plakat der Kampagne „Wir stehen früher auf“ geklebt. Der Spruch stehe
synonym für aufgeweckte Leute, sagt der heutige Regierungssprecher Matthias
Schuppe. Nicht nur das, er basierte sogar auf einer Umfrage, der zufolge
der durchschnittliche Sachsen-Anhalter morgens bereits um 6.39 Uhr das Bett
verlässt. Endlich ein Spitzenwert im Ländervergleich!
Je nach Job, Mentalität oder Biorhythmus konnte man sich vom
Frühaufsteher-Ruf nun animiert oder abgeschreckt fühlen. Eine Evaluation
erbrachte immerhin, dass dieser Slogan nach dem baden-württembergischen
„Wir können alles außer Hochdeutsch“ der zweitbekannteste in der
Bundesrepublik sei.
## „Größeren Imageschaden verhindern“
Eben diese Stuttgarter hatten vor rund zwei Jahren den sachsen-anhaltischen
Claim aber auch mit dem Zusatz gekontert: Bei uns bleibt dafür niemand
sitzen! Sitzen bleiben nun tatsächlich die Magdeburger, und zwar auf der
bislang vollständig vom EU-Strukturfonds geförderten Kampagne. Allein für
den Zeitraum 2012 bis März 2014 flossen 2,5 Millionen Euro.
Nach Auffassung von CDU-Fraktionschef André Schröder könnte die Kampagne
mit Mitteln der landeseigenen Investitions- und Marketinggesellschaft
fortgeführt werden, deren Etat im kommenden Landeshaushalt sogar leicht
erhöht werden soll. Abgeordnete beider Regierungsfraktionen hatten jedoch
den in letzter Minute aus der Staatskanzlei eingegangenen Antrag auf einen
eigenen Haushaltstitel abgelehnt.
Die SPD sieht in dieser Imagewerbung schon lange ein Eigentor. Erst am
vergangenen Wochenende hatte ein Antrag auf dem Landesparteitag verlangt,
die Kampagne „unverzüglich zu beenden, um einen noch größeren Imageschaden
zu verhindern“. Es sei keine Werbung, wenn zahlreiche Pendler früh
aufstehen müssten, um an ihre Arbeitsplätze zu gelangen.
Nach über acht Jahren müsse man eine Kampagne ohnehin modifizieren, sagt
Regierungssprecher Schuppe, der den Slogan aber „punktuell“ weiter
einsetzen will. 2015 wolle man sich erneut um eine Förderung bemühen, dabei
gehe es lediglich um knapp eine Million Euro Kosten pro Jahr. Zuletzt hatte
sich die Kampagne ohnehin eher an die Sachsen-Anhalter selbst gewandt. In
Videoclips erzählten stolze Bürger, warum es sich hier zu leben lohne.
Vielleicht, weil man hier bald mit gutem Gewissen länger schlafen darf.
27 Nov 2013
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Sachsen-Anhalt
Imagekampagne
Pendler
taz.gazete
Sachsen
Schwerpunkt Rechter Terror
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