# taz.de -- Entertainer Chris Howland: „Heinrich Pumpernickel“ ist tot | |
> Heinz Erhardt förderte den Briten mit dem phlegmatischen Butler-Blick. | |
> Chris Howland, einer der beliebtesten Entertainer Deutschlands, starb im | |
> Alter von 85 Jahren. | |
Bild: Chris Howland 1965 in seiner Sendung „Musik aus Studio B“. | |
RÖSRATH/KÖLN dpa | Wenn man Chris Howland in den letzten Jahren in seinem | |
Haus im rheinischen Rösrath besuchte, dann holte er immer einen großen | |
alten Holzkoffer hervor. Mit diesem Gepäckstück war er im Jahr 1946 aus | |
England nach Deutschland gekommen. Geräuschvoll ließ er vor einem die | |
Schlösser aufschnappen, hob den Deckel an, und dann ging es los: „Oh no, | |
what's that...?“ | |
Stundenlang konnte Chris Howland alte Fotos durchwühlen, Erinnerungen | |
hervorkramen, Geschichten erzählen. Chris Howland kannte einfach alle, die | |
in der Nachkriegszeit bei Radio und Fernsehen eine Rolle gespielt hatten. | |
Nun ist „Mr. Pumpernickel“ mit 85 Jahren in seinem Wohnort gestorben. | |
Sein starker englischer Akzent war sein Markenzeichen – und keineswegs | |
gespielt. Mit seiner deutschen Frau Monika sprach er sogar nur Englisch. | |
Dass er jemals in Deutschland leben würde, hätte er als junger Mann nie für | |
möglich gehalten. Denn seine ersten Kontakte mit Deutschen waren nicht | |
gerade erfreulich. „Immer um zehn Uhr morgens flog die erste Bomberstaffel | |
über das Haus meiner Eltern in Südengland nach London“, erinnerte er sich. | |
Man habe die Uhr nach ihnen stellen können, damals, im Sommer 1940. | |
Sechs Jahre später wanderte er durch das zerbombte Hamburg und suchte den | |
Sitz des Radiosenders der britischen Armee, wo er einen Sprecher-Job | |
bekommen hatte. Im Alter wunderte er sich darüber, wie er damals den Mut | |
aufbrachte, ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland zu gehen. Als er nach | |
zwei Gin Tonics in Hamburg einmal am Funkhaus des damaligen | |
Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) vorbeikam, wettete ein Freund mit ihm, | |
dass er sich nicht trauen werde, hineinzugehen und sich um einen Job als | |
Disc Jockey zu bewerben. Howland nahm die Wette an - und bekam am selben | |
Tag die Zusage. | |
Die deutschen Sender spielten damals fast nur Klassik. „Smoking-Rundfunk“ | |
sagte Howland dazu. Er war es, der dem deutschen Publikum die | |
internationale Musikszene erschloss – und dafür geliebt wurde. Woche für | |
Woche bekam er 40.000 Fanbriefe. Einmal verabschiedete er sich aus Spaß mit | |
dem erfundenen Namen Heinrich Pumpernickel, weil er einen missmutigen | |
Studiotechniker aufheitern wollte – so bekam er seinen Spitznamen „Mr. | |
Pumpernickel“. | |
## „Bloß nicht singen!“ | |
Die Bühne betrat der Mann mit dem immer etwas phlegmatischen Butler-Blick | |
erstmals auf Drängen von Heinz Erhardt, den er selbst als seinen | |
„Ersatzvater“ bezeichnete. Der geniale Sprachkomiker überredete ihn, mit | |
auf Tournee zu gehen. Als Howland bei der Generalprobe eine Gesangseinlage | |
brachte, eilte sofort der Manager zu ihm und schärfte ihm ein: „Das geht | |
auf keinen Fall! Bloß nicht singen!“ Doch er hielt sich nicht daran – und | |
landete zahlreiche Hits wie „1,2,3,4,5,6,7, wo ist meine Braut geblieben“. | |
Den größten Erfolg hatte er in den 1960er Jahren – mit der Schlagershow | |
„Musik aus Studio B“, der Versteckte-Kamera-Sendung „Vorsicht Kamera“ u… | |
mit Filmrollen als komischer Engländer in Edgar-Wallace- und | |
Karl-May-Kinofilmen. Doch Howland kannte auch die Schattenseiten des | |
Showbusiness. In den 70er Jahren erlebte er einen Absturz: Private und | |
berufliche Enttäuschungen, Alkoholprobleme, keine Aufträge mehr. Er musste | |
durch Festzelte und Biersäle tingeln. Doch er überwand die Krise, heiratete | |
wieder. In den 80er Jahren feierte er sein Comeback mit der ARD-Retroshow | |
"Souvenirs, Souvenirs". Noch 2007 spielte er einen Butler in der | |
Edgar-Wallace-Parodie „Neues vom Wixxer“. | |
War er zufrieden mit seinem Leben? Einer klaren Antwort auf diese Frage | |
wich er aus. Er hatte wohl zu sehr das Gefühl, dass ihm der ganz große | |
Durchbruch als Showmaster oder Komiker oft im letzten Moment versagt worden | |
war. „Mein Ziel war Hollywood“, scherzte er einmal im Interview mit der | |
Nachrichtenagentur dpa. „Ich bin auch bis nach Hollywood gekommen – aber | |
den Flug musste ich selber bezahlen.“ | |
2 Dec 2013 | |
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