# taz.de -- Grüne Utopie eines Ex-Bankers: Mr. Saulus wurde Paulus | |
> Der Ex-Banker Pavan Sukhdev entwirft in seinem Buch ein ökologisches | |
> Leitbild für Unternehmen. Dabei denkt er problemlösungsorientiert. | |
Bild: Tschüss, Deutsche Bank! Ex-Banker Sukhdev widmete sich lieber der ökolo… | |
Wie bleibt der Strom in Deutschland bezahlbar? – Auf diesen trüben Rest | |
wird die Energiewende in Deutschland in den Koalitionsverhandlungen | |
reduziert. Interessant, wie der Ökonom Pavan Sukhdev das Thema betrachtet: | |
„Der Schlüssel zu Deutschlands Energiewende liegt in der Frage, wie die | |
natürlichen, finanziellen und sozialen Ressourcen gemanagt werden“, | |
schreibt er in seinem Buch „Corporation 2020. Warum wir Wirtschaft neu | |
denken müssen“. | |
Deutschland sieht er darin als positives Beispiel für die Zusammenarbeit | |
von Unternehmen, Politik und Umweltschutz, von der letzlich alle | |
profitieren. Unternehmen, die Erfolg einzig und allein an ihrem Gewinn | |
messen, hält er hingegen nicht für zukunftsfähig. | |
Sukhdev nennt sie „Corporation 1920“ und analysiert anhand der Konzerne die | |
Strukturprobleme der Industriegesellschaft, die unfähig ist, die Kosten für | |
ihren Wohlstand zu erkennen: Umweltzerstörung, globale Ungerechtigkeit, | |
Wirtschafts- und Finanzkrisen. Nun ist der Autor von Hause aus Manager, | |
daher denkt er problemlösungsorientiert. Das macht sein Buch interessant. | |
Sukhdev leitete bis 2008 die Wertpapier- und Handelssparte der Deutschen | |
Bank in Indien, dann machte er seine Berufung zum Beruf und wurde quasi | |
hauptamtlich Klima- und Umweltaktivist. Er verfasste einen vielbeachteten | |
Bericht der Vereinten Nationen über die finanziellen Risiken des Verlusts | |
von Biodiversität, ähnlich des ungleich einflussreicheren Stern-Reports im | |
Bereich des Klimas. | |
Im vergangenen Jahr veröffentlichte er das Buch zu seiner Kampagne | |
„Corproration 2020“, das jetzt auch auf Deutsch erschienen ist. | |
Es gebe keine eleganten oder einfachen Lösungen, schreibt er. Aber Lösungen | |
gibt es: So müssten Unternehmen für das 21 Jahrhundert externalisierte | |
Kosten in ihre Bilanzen aufnehmen - etwa die Kohleindustrie, die übermäßig | |
zum Klimawandel beiträgt und mit ihren Emissionen die Gesundheit der | |
Bevölkerung gefärdet. Bislang zahlt die Kosten dafür die Allgemeinheit. | |
## Ressourcenverbrauch besteuern | |
Sukhdev will nicht länger Gewinne besteuern, sondern den Verbrauch von | |
Ressourcen. Dies sei, argumentiert er, auch im Interesse der Unternehmen. | |
Schließlich würden sie auf unbeständige Rohstoffmärkte vorbereitet: „In | |
Nordeuropa, wo Benzin an der Zapfsäule bis zu dreimal höher besteuert ist | |
als in den USA, geht von der Unbeständigkeit der Erdölmärkte eine weitaus | |
geringere Gefahr für eine politische oder ökonomische Krise aus“, schreibt | |
er. | |
Die Werbeindustrie will der Autor in die Verantwortung nehmen, um den | |
Verbrauchern einen nachhaltigen Konsum zu ermöglichen, der nicht von | |
falschen Werbeversprechen angeheizt wird. Und er fordert neue | |
Berechnungsmethoden für den nationalen Wohlstand, die über das reine | |
Bruttoinlandsprodukt hinausgehen. All diese Vorschläge sind nicht wirklich | |
neu, aber mit ökonomischem Sachverstand so konkret formuliert, dass sie | |
Schwung in die Debatte um eine „Green Economy“ bringen können. | |
Schwierig wird es nur in der Empirie; der Verlag hätte seinem prominenten | |
Autoren einen Gefallen tun und die inzwischen ein Jahr alte Ausgabe bei der | |
Übersetzung aktualisieren können. So lobt Sukhdev die „Fettsteuer“ in | |
Dänemark als gute Gesundheitspolitik, obwohl sie von der dänischen | |
Regierung längst wegen Wirkungslosigkeit abgeschafft wurde. Puma gilt dem | |
Autor, in Verbundenheit zu seinem Klima-Mitstreiter und Ex-Puma-Chef Jochen | |
Zeitz, als leuchtendes Beispiel für ein nachhaltiges Unternehmen nach | |
Modell der „Corporation 2020“. | |
## Nicht aktualisierte deutsche Ausgabe | |
Während der Entstehung des englischsprachigen Originals 2011 mochte das | |
angehen; inzwischen jedoch hat sich der Satz, man könne davon ausgehen, | |
„dass dem Führungsgremium von Adidas die wegweisende Analyse des | |
Konkurrenten Puma nicht lange verborgen geblieben ist“ nachgerade ins | |
Gegenteil verkehrt. Zwar hechelt auch Adidas dem Branchenprimus Nike | |
hinterher, doch der darnieder liegende Konkurrent Puma ist derzeit sicher | |
kein Vorbild. | |
Allerdings glaubt Sukhdev sowieso nicht daran, dass der Wandel zu einer | |
grünen Ökonomie von einzelnen „Vordenker-Unternehmen“ ausgehen kann. Wer | |
hoffe, dass Unternehmen von sich aus auf Nachhaltigkeit setzten, wähne sich | |
zu früh auf der Siegerstraße, schreibt der Ökonom. Womit wir wieder bei der | |
Energiewende und der neuen Bundesregierung wären. | |
13 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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