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# taz.de -- Vorauseilender Jahresrückblick: Wie 2014 das bisherige Jahrtausend…
> Elisabeth Motschmann, Bremens neue Bundestagsabgeordnete, bemüht sich
> vergeblich, den Reichstag zu erreichen, und das Weser-Stadion wird zum
> Public Garden.
Bild: Alles wird neu in Bremen: Feuerwerk an Silvester.
Morgen beginnt das Jahr 2014, doch die taz ist, wie jedes Jahr, schon jetzt
dabei gewesen. Tiefe Blicke in die schlecht gespülte Kaffeetassen und das
tägliche Verfolgen des Vogelfluges tun ein Übriges.
5. Januar Bremens neue Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann (CDU)
beerbt FDP-Mann Thorsten Staffeldt als interfraktionelle
Fahrrad-Beauftragte.
30. Januar Im Rathaus trifft ein Schreiben aus Blumenthal ein, in dem
Ortsamtsleiter Peter Nowack die Unabhängigkeit des Ortes erklärt. Zur
Begründung heißt es: „Wir verstehen dies als unausweichlichen Akt der
Notwehr angesichts der rücksichtslosen Flüchtlings-Zuweisungspolitik des
Bremer Senats.“
2. Februar Vegesack verlässt ebenfalls den Bremer Stadtverbund. „Wir ziehen
damit die Konsequenzen aus den unsäglichen Behinderungen, mit denen der
Senat unsere Jubiläumsfeierlichkeiten auf der Bahrspalte behindert.“ Dass
die Feier der 75-jährigen Zugehörigkeit Vegesacks zu Bremens, die durch
Hitlers „Vierte Verordnung über den Neuaufbau des Reichs“ zu Stande kam,
auf dem Gelände eines früheren Kriegsgefangenenlagers mit einer
„Beachparty“ gefeiert werden sollte, sei dem Stadtteil „böswillig“
vorgehalten worden. Die Flüchtlingspolitik des Senats sei hingegen nicht
Hintergrund der Separation, im Gegenteil: „Die Flüchtlinge können gern auf
dem Gelände der insolventen Jacobs University untergebracht werden“,
erklärt Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt.
4. Februar Unruhe im Bundestag: Motschmann erscheint nicht zu ihrer
Jungfern-Rede im Parlament, die das Thema „Vereinbarkeit von politischem
Mandat und intellektuellem Anspruch“ umkreisen sollte.
22. Februar Die Picasso-Ausstellung unter dem Titel „Sylvette, Sylvette,
Sylvette“ verblüfft, weil ein Großteil der Bilder noch nie gezeigt worden
ist. Nach Recherchen des Weser-Report stellt sich heraus, dass sie alle aus
der Sammlung Gurlitt stammen.
3. März Spatenstich auf dem Bahnhofsvorplatz: „Die Bremer Twin Towers
werden dank der ebenso hochwertigen wie originellen Architektursprache Max
Dudlers zum Markenzeichen einer nachhaltigen Stadtentwicklung werden“,
erklärt Bausenator Joachim Lohse (Grüne).
7. März Ein Aktionsbündnis „Pro Fläche“ besetzt die Baustelle auf dem
Bahnhofsvorplatz, um den Hochhausbau zu verhindern. Durch den Einsatz von
Wasserwerfern kommt es zu mehreren Verletzten. Innensenator Ulrich Mäurer
(SPD) erklärt: „Wer demokratisch legitimierte Bauvorhaben behindert, muss
mit körperlichen Nachteilen rechnen.“
30. März Die Büro und Hoteltürme auf dem Bahnhofsvorplatz machen wieder
rasante Baufortschritte.
15. Mai Werder steigt ab. Weil man vergessen hat, für die zweite und dritte
Liga eine Lizenz zu beantragen, geht es direkt in die Regionalliga. Folge:
Das Stadion fällt an die Stadt – und wird zur Urban Gardening-Fläche
umgewidmet. Trainer Robin Dutt und Sportdirektor Eichin erklären, ohnehin
„einen echten Neuanfang“ gewollt zu haben.
25. Mai Bei der Europawahl wird die „Alternative für Deutschland“ (AfD)
stärkste Kraft, weil sonst niemand zur Wahl geht: Die Folge ist, dass der
Euro abgeschafft wird und auf Regionalwährungen nach dem Beispiel des
Bremer Rolands umgestellt wird. Ebenso wird „der scheußliche Zentralismus
der Maße und Einheiten“ aufgehoben, so dass in Bremen, das seine
angestammten Stapelrechte und Zollfunktion zurück erhält, die 57,87
Zentimeter-Elle wieder als Grundmaß-Einheit eingeführt wird.
25. Mai Bei der parallel zur Europawahl stattfindenden Bürgermeister-Wahl
in Weyhe unterliegt Ex-SPD-Chef Bovenschulte seinem Gegenkandidaten von der
FDP. Bovenschulte sagt der Kreiszeitung Syke: „Würde ich nun behaupten,
nicht unter anderem auch enttäuscht zu sein, entspräche das nicht der
vollen Wahrheit.“
30. Mai Der Stabilitätsrat entzieht Finanzsenatorin Karoline Linnert
(Grüne) das Ressort: Grund ist, dass der Sicherheitsabstand wieder
gewachsen ist, was laut Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und
den Länderfinanzministern zu „Übermut“ führen könnte. „Solche
Spendierhosenphasen kennen wir noch aus Bremen alle nur zu gut“, so
Schäuble.
21. Juni Stadtgrün-Mitarbeiter besetzen ihren Betriebshof in den
Wallanlagen. Sie protestieren damit gegen die geplante Bebauung des Areals
mit dem neuen Domizil des Museums Weserburg als Filialbau der Kunsthalle.
15. Juli Die Berliner Zeitung bringt auf ihrer Panorama-Seite die
Nachricht, die Bremer Bundestags-Abgeordnete Motschmann kampiere auf der
Wiese vor dem Reichstag. Damit wolle sie gegen die ihrer Meinung nach zu
früh begonnene Sommerpause des Plenums protestieren. Die Volksvertreterin
wörtlich: „Wenn man nach einer mehrtägigen Radtour durch diese
unübersichtliche Stadt endlich am Ziel angelangt ist und dann durch
bürokratische Hürden an der Wahrnehmung seines Mandats gehindert wird, dann
kann ich das nur als bitter bezeichnen.“
8. August Die Baubehörde gibt bekannt, die unverkäuflichen Reihenhäuser auf
dem Stadtwerder an Mitarbeiter vermieten zu wollen. „Wer Stadtentwicklung
am eigenen Leib erlebt“, so Bausenator Lohse, behandle Bauanträge in
sensiblen Bereichen künftig mit „noch größerem“ Einfühlungsvermögen.
3. Oktober Paukenschlag im Rathaus: Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD)
verkündet seinen sofortigen Rücktritt, da er seine Kraft ganz auf sein
neues Amt als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung „Der Sonntag muss heilig
bleiben“ konzentrieren wolle.
20. Oktober Nach einer Rekord-Bauzeit von sieben Monaten sind die Twin
Towers im Rohbau fertig. Dass sie statt der geplanten sieben Stockwerke 13
haben, erklärt das Architekturbüro mit einem Zahlendreher im
Genehmigungsverfahren.
21. Oktober Die Fraktion der Linkspartei stellt einen Misstrauens-Antrag
gegen Bausenator Lohse wegen der Bahnhofs-Hochhäuser. Grünen-Fraktionschef
Güldner weist den Antrag für die Regierungs-Koalition vehement zurück.
Güldner: „Bremen braucht Flächen, um seinen drängenden Bedarf an Büroräu…
in zentraler Lage zu befriedigen.“ Die zusätzlichen Stockwerke seien auch
deshalb kein Problem, weil die örtlichen Hotelkapazitäten „an ihre Grenzen�…
gekommen seien.
1. November Die Baubehörde erklärt auf Nachfrage, nun auch die
Geoinformation und das Bauakten-Archiv am Bahnhofsvorplatz ansiedeln zu
wollen. Daraus resultierende Leerstände im Siemens-Hochhaus würden „zeitnah
kompensiert“.
11. November Bei einer Mitgliederbefragung der Bremer Sozialdemokraten, der
neun Stadtteilkonferenzen voraus gingen, wird Bovenschulte zum neuen
Bürgermeister gekürt. Die Bürgerschaft nimmt die Entscheidung zur Kenntnis.
12. November Das grün geführte Sozialressort erklärt, eine Lösung für die
Flüchtlings-Unterbringung gefunden zu haben. Die stockenden
Vermietungsbemühungen der Hochhaus-Tiefgaragen ermögliche die Unterbringung
der Flüchtlinge in den Untergeschossen der Bahnhofshochhäuser.
1. Dezember Motschmann wird wegen dauerhaften Nicht-Erscheinens aus der
CDU-Fraktion ausgeschlossen. Ihr Einwand, der Reichstag sei nur
unzureichend an das Radwegenetz der Hauptstadt angeschlossen, wird von
Fraktions-Chef Kauder als „offensichtlich unbegründet“ zurückgewiesen.
Motschmann kündigt an, ihr Mandat künftig im Namen den Gruppierung
„Christian Women for Cycling and Recycling“ wahrnehmen zu wollen. Zudem sei
sie ebenfalls ins Kuratorium „Heiliger Sonntag“ berufen worden.
24. Dezember Das Kulturressort stellt eine Pressemitteilung online, der zu
Folge die Weserburg in den bisherigen Räumen des Marckshauses untergebracht
wird. „Zeitgenössische Kunst, die uns wirklich etwas sagt, entfaltet ihre
Wirkung auch auf engem Raum“, erklärt Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz
(SPD).
26. Dezember Marckshaus-Diektor Arie Hartog, der mit seinen Skulpturen nun
auf der Straße steht, kommentiert lakonisch: „Unsere Stiftungsurkunde, in
der Bremen 1969 die Finanzierung des Ausstellungsbetriebes garantiert
hatte, war ihr Papier schon länger nicht mehr wert.“ Er plane nun, die
Marcks-Bronzen am Strand von Terschelling aufzustellen.
28. Dezember Auf Nachfrage des Weser-Kurier erklärt das Bauressort, die
Räume der Weserburg bereits als Materiallager für den eigenen Bürobedarf
eingeplant zu haben. Chefredakteurin Brigitte Köhnlein kommentiert:
„Nachhaltigkeit muss in der Tat das Markenzeichen eines grün geführten
Ressorts sein. Dazu kann – ganz praktisch – auch gehören, Papier und
Bleistift zu Zeiten einzulagern, in denen der Beschaffungspreis nicht
wesentlich über den zu erwartenden Kostenzuwächsen liegt.“
30. Dezember In seiner Jahresabschluss-Bilanz nimmt der Stabilitätsrat
kritisch zum Raum und Materialverbrauch der Bremer Baubehörde Stellung:
„Die Einhaltung der Schuldenbremse darf nicht durch die
Partikularinteressen singulärer Senatsressorts gefährdet werden.“
Bürgermeister Bovenschulte weist die Kritik „im Namen des Kollegialgremiums
Senat“ als „einseitig“ zurück: „Offensichtlich wollen die Vertreter der
Südländer nicht objektiv zwischen Bedarf und Bedürfnis unterscheiden“, sagt
er seinem Lieblingsmedium (taz.bremen).
30 Dec 2013
## AUTOREN
Henning Bleyl
Eiken Bruhn
Benno Schirrmeister
Jan Zier
## TAGS
Bremen
Bremen
Blumenthal
Europäische Union
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