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# taz.de -- Auslieferung eines Geheimdienstlers: Kroatien gibt nach
> Josip Perkovic soll 1983 an einem Mord in Deutschland beteiligt gewesen
> sein. Auf Druck der EU wird der Ex-Geheimdienstchef nun ausgeliefert.
Bild: Steht vor seiner Auslieferung nach Deutschland: Josip Perkovic.
ZAGREB taz | Der am 1. Januar in Zagreb verhaftete ehemalige
Geheimdienstchefes Kroatiens, Josip Perkovic, sieht nun seiner Auslieferung
nach Deutschland entgegen. Mit seiner Verhaftung kamen die kroatischen
Behörden dem Druck der EU entgegen, die auf deutschen Wunsch hin sehr
vehement die Auslieferung des Geheimdienstmannes gefordert und sogar mit
Wirtschaftssanktionen gedroht hatte. Die sozialdemokratische Regierung hat
sich dem Druck gebeugt und vor einigen Wochen ein Gesetz erlassen, das die
Auslieferung Perkovics möglich gemacht hat.
Dabei hatte gerade diese Regierung noch drei Tage vor dem Eintritt des
Landes in die EU am 1. Juli 2013 versucht, mit einer entgegengesetzten
Gesetzesänderung Perkovic zu schützen. Perkovic ist eine schillernde Figur,
er war eng mit der kommunistischen Vergangenheit des Landes verbunden. Er
war Geheimdienstmitarbeiter des nicht mehr existierenden Staates
Jugoslawien, war führendes Mitglied ders kroatischen Zweiges der UDBA, des
jugoslawischen Geheimdienstes.
Selbst als das Regime wechselte, blieb Perkmovic auf seinem Posten. Nach
der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens im Juni 1991 wurde er führendes
Mitglied des Geheimdienstes des neuen Staates. In den letzten Jahren war
der 1945 geborene Kroate als Berater vor allem des militärischen
Geheimdienstes Kroatiens tätig.
Was die Deutschen dazu veranlasste, so vehement auf der Auslieferung
Perkovics zu bestehen, hat nicht nur in Kroatien, sondern auch bei
Vertretern der internationalen Institutionen auf dem Balkan Verwunderung
hervorgerufen. Denn immerhin sei der Mann Geheimnisträger eines verbündeten
Staates, erklärten diplomatische Kreise in Zagreb.
Doch offenbar ist für die deutschen Behörden der Mord an dem Geschäftsmann
Stjepan Djurekovic 1983 in Wolfratshausen bei München sehr wichtig. Das BKA
hatte schon seit langem eine Belohnung von 12000 Euro auf die Ergreifung
Perkovics ausgesetzt.
## Kampf des jugoslawischen Geheimdienstes gegen Exilkroaten
Mit dem Fall Perkovic wird eine schon als überwunden geglaubte Geschichte
wieder aufgewühlt. Dass in den siebziger und achtziger Jahren
Westdeutschland Schauplatz eines blutigen Kampfes zwischen
nationalistischen Exilkroaten und dem damaligen jugoslawischen Geheimdienst
UDBA mit mehr als 70 Toten war, ist zwar öffentlich bekannt. In seinen
Einzelheiten ist das Geschehen von damals jedoch noch nicht vollständig
aufgeklärt.
Das Gerichtsverfahren könnte dazu beitragen. Fraglich ist allerdings, ob
das Gericht bei einer Verhandlung auch Vertreter der deutschen Behörden als
Zeugen lädt. Nach Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern der UDBA gegenüber
der taz haben die deutschen Behörden sowohl mit der jugoslawischen Seite
wie mit den Exilkroaten Kontakte unterhalten. Der damalige Innenminster
Baum und Ex-BND-Chef Kinkel könnten zur Aufklärung beitragen, erklärten
diese Quellen.
Josip Perkovic war damals ein bedeutender Mann in der kroatischen Sektion
des jugoslawischen Geheimdienstes. Er war mit der Bekämpfung der damals
zumeist rechtsradikalen Exilkroaten befasst, die ebenfalls nicht gerade
zimperlich gegen Vertreter des Regimes vorgingen.
Das BKA ist heute davon überzeugt, dass Perkovic hinter dem Mord an
Djurekovic steckt. Ob sich das noch alles nachweisen läßt, ist aber
fraglich. Denn im Rahmen des Geheimdienstes UDBA konnten die
Geheimdienstleute einer jugoslawischen Teilrepublik zwar Todesurteile
vorschlagen, so die Quellen gegenüber der taz, ausgesprochen aber wurden
die Todesurteile von Geheimgerichten der Zentrale in Belgrad. Die
beauftragten dann Killer zur Ausführung der Morde. Zu diesen Killern
gehörte auch Zeljko Raznjatovic, genannt Arkan, der während des letzten
Krieges zum Kriegsverbrecher wurde.
2 Jan 2014
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Kroatien
EU
Auslieferung
Geheimdienst
Ex-Jugoslawien
Schwerpunkt Rechter Terror
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