Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Holocaust-Mahnmal in Berlin: Erinnerung wird besser beschützt
> Nachdem Betrunkene ins Stelenfeld gepinkelt haben, will die Stiftung
> Konsequenzen ziehen - spätestens bis zur WM-Fanmeile im Sommer.
Bild: Vorbildliche Mahnmal-Besucher.
In der Debatte um die Sicherheitsmaßnahmen am Holocaust-Mahnmal fordern
auch die Grünen stärkere Schutzmaßnahmen. „Die Veranstalter der großen
Partymeilen am Brandenburger Tor müssen in Zukunft die Kosten für mehr
Sicherheitspersonal übernehmen“, sagte Benedikt Lux, Innenexperte der
Grünen. Lux will im nächsten Plenum des Abgeordnetenhauses kommende Woche
den Antrag stellen, dass eine entsprechende Auflage für die Veranstalter
auf der Partymeile erlassen wird.
Zudem müsse sich der Senat der Problematik annehmen, so Lux. Dieser sei
zwar an sich nicht für das Holocaust-Denkmal zuständig. „Wenn es aber um
die Schädigung des Ansehens von Berlin geht, muss der Senat Verantwortung
übernehmen“, sagt der Grünenpolitiker. Eine Umzäunung des Mahnmals kommt
für Lux nicht infrage.
Am 5. Januar hat ein israelischer Onlineradiosender ein vierminütiges Video
veröffentlicht, auf dem Betrunkene in der Silvesternacht auf dem
Holocaust-Mahnmal umhertorkeln. Sie zünden Feuerwerkskörper, klettern auf
die Blöcke und pinkeln von den Stelen. Daraufhin hatte Lea Rosh, eine der
Mahnmal-Initiatorinnen, gefordert, das Sicherheitspersonal generell massiv
zu verstärken.
Zwar kann die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in diesen
„keine politische Motivation erkennen“, wie ihre Sprecherin Jenifer Stolz
der taz sagte. Dennoch werde man Konsequenzen ziehen müssen: Mehr
Sicherheitspersonal und Dixiklos sowie eine temporäre Umzäunung des
Geländes während der wichtigsten Großereignisse auf der Straße des 17. Juni
seien im Gespräch.
Der Rabiner Andreas Nachama, Direktor der Stiftung Topografie des Terrors,
findet das Verhalten der Betrunkenen zwar inakzeptabel, sieht das Vorkommen
aus politischer Sicht aber gelassen: „Das Denkmal besteht jetzt neun Jahre,
und es ist das erste Mal, dass etwas Derartiges passiert. Die Stiftung muss
sich mit den Zuständigen zusammensetzen und hat jetzt fast 360 Tage Zeit,
eine Lösung zu überlegen.“ Eine Umzäunung des Geländes ist auch für ihn
keine Option: „Ein Zaun würde das ganze Denkmal zerstören.“
Dass die Besucher sich den Steinblöcken spielerisch nähern, ist vom
Architekten Peter Eisenman in der Konzeption des Denkmals vorgesehen. „You
get what you see“, sagte er wenige Tage vor der Eröffnung des Denkmals 2005
und weigerte sich, das Gelände umzäunen zu lassen. Ungezwungen wollte er es
haben.
Das ist auch im Sinne der verantwortlichen Stiftung: „Wenn jemand kurz auf
eine Stele steigt, um ein Foto zu machen, ist das für uns in Ordnung“, sagt
Stolz. Das Springen von Stein zu Stein verbiete aber die Besucherordnung
schon seit der Einweihung des Mahnmals im Mai 2005.
Bereits eine Woche nach der Eröffnung berichteten Zeitungen aber über
Jugendliche, die das Verbot missachten und trotzdem von Stele zu Stele
sprangen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb dazu: „In Berlin sind
fast täglich jugendliche Besucher zu sehen, die diesen Ort der Erinnerung
als Spielplatz zu sehen scheinen“.
Die Stiftung will bereits bis zum Juni eine Lösung haben. Dann beginnt die
Fußball-WM in Brasilien, in Berlin wird es eine Fanmeile geben – natürlich
am Brandenburger Tor.
9 Jan 2014
## AUTOREN
Anna Bordel
## TAGS
Holocaust-Mahnmal
Erinnerung
Berlin
NS-Gedenken
Holocaust
Kommentar
## ARTIKEL ZUM THEMA
Flughafen Tempelhof: „Kaum einer weiß, was hier geschehen ist“
Zwangsarbeiter, die Flugzeuge bauten, das KZ Columbia: Topographie des
Terrors plant eine neue Ausstellung über die düstere Geschichte des
Flughafens Tempelhof.
Gedenken an Holocaust und Leningrad: „Leichen, leicht wie Holz“
Die Rede des russischen Schriftstellers Daniil Granin ist kein Feuerwerk,
sie hat nichts Glänzendes, eher etwas Bescheidenes: eine Schilderung, wie
es war.
Kommentar zum Holocaust-Mahnmal: Wie aus Pissen Politik wird
Wer jetzt angesichts der Pinkler vom Holocaust-Mahnmal von Schändung redet,
hat den Sinn dieses wohl wichtigsten deutschen Erinnerungsortes nicht
kapiert.
Holocaust-Mahnmal: Betrunkene verpissen sich
Nach der Veröffentlichung eines Videos, in dem Betrunkene an das Berliner
Stelenfeld urinieren, fordert Denkmal-Initiatorin Rosh mehr
Sicherheitsmaßnahmen.
Gedenken: Die Vielfalt der Gegenwart
Die Jüdische Gemeinde Berlin erinnert an die Pogrome vor 75 Jahren. Der
Gemeindevorsitzende Gideon Joffe weist mit radikalen Sichtweisen auf
alltäglichen Antisemitismus hin.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.