# taz.de -- Ärzte-Vereinigung: Kassenarzt-Chef tritt zurück | |
> Nach vielen Querelen gibt der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung sein | |
> Amt auf – aus gesundheitlichen Gründen. Die Grünen fordern mehr | |
> Transparenz. | |
Bild: Hat lange um sein Amt gekämpft, nun tritt er zurück: Andreas Köhler. | |
BERLIN taz | Der seit Monaten schwelende Machtkampf innerhalb der | |
Vorstandsetage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) geht in eine | |
neue Runde: Am Donnerstag trat der ebenso machtbewusste wie umstrittene | |
Vorstandsvorsitzende Andreas Köhler zurück. Er lege sein Amt „aus | |
gesundheitlichen Gründen“ zum 1. März nieder, teilte der Verband mit. Im | |
November hatte der 53-jährige Spitzenfunktionär einen Herzinfarkt erlitten. | |
Für die 150.000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in | |
Deutschland, deren oberste Lobbyorganisation die KBV ist, kommt der Schritt | |
dennoch überraschend. „Der heutige Tag stellt eine Zäsur dar“, erklärte | |
Hans-Jochen Weidhaas, der Vorsitzende der Vertreterversammlung, dem | |
Parlament der KBV. | |
Trotz angeschlagener Gesundheit hatte Köhler stets um sein Amt gekämpft – | |
und gegen seine Hauptkontrahentin, die Ko-Vorsitzende Regina Feldmann. | |
Zuletzt war das tiefe Zerwürfnis zwischen Köhler, einem Experte für | |
Haushalt und Finanzen, und Feldmann, einer ausgewiesenen | |
Hausärzte-Lobbyistin, im Dezember das einzige Thema einer außerordentlichen | |
Vertreterversammlung in Berlin: Damals bot Köhler aus der Reha-Klinik | |
heraus seinen Rücktritt an, sofern auch Feldmann ihr Amt niederlege. Diese | |
lehnte ab. Anschließende, gegenseitige Abwahlanträge scheiterten; die | |
Führung blieb im Amt. | |
Teil der Auseinandersetzung ist die Frage um eine Strukturreform, ob also | |
tatsächlich nur Hausärzte innerhalb der KBV zuständig sein sollen für die | |
Belange von Hausärzten – was Feldmann befürwortet – und Fachärzte für d… | |
von Fachärzten. Köhler und das Ärzteparlament lehnen das ab; Union und SPD | |
dagegen machen sich hierfür in ihrem Koalitionsvertrag stark. | |
## Astronomisches Gehalt | |
Bei vielen Ärzten außerhalb der Funktionärsebene ist der streitlustige | |
Köhler beliebt, denn in den alljährlichen Honorarverhandlungen mit den | |
gesetzlichen Krankenkassen hat er stets Steigerungen für die | |
niedergelassenen Ärzte ausgehandelt, die prozentual weit über dem in | |
anderen Branchen Üblichen lagen. Die Ärzte dankten ihm dies mit einem | |
astronomischen Gehalt – 350.000 Euro pro Jahr war Köhler ihnen wert. Nach | |
massiver Kritik, unter anderem von dem damaligen Bundesgesundheitsminister | |
Daniel Bahr (FDP), wurde diese Summe dann zuletzt ein wenig gekürzt. | |
Köhlers Rücktritt wird der KBV aber nicht bloß eine neue Personaldebatte | |
bringen. Der Verband wird aktuell auch erschüttert von Finanzquerelen, die | |
Rede ist von möglichen Steuervergehen und undurchsichtigen | |
Immobiliengeschäften. | |
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens | |
Spahn, bedauerte Köhlers Rücktritt: „Ich habe mit Herrn Köhler immer gut | |
und verlässlich zusammengearbeitet. Für die Zukunft wünsche ich ihm alles | |
Gute“, schrieb er in einer Pressemitteilung. | |
Die grünen Gesundheitspolitiker Harald Terpe und Maria Klein-Schmeink | |
sagten, die KBV stehe vor erheblichen Herausforderungen als Teil der | |
Selbstverwaltung, aber auch als wichtiger Akteur bei der künftigen | |
Entwicklung des Gesundheitswesens: „Das Versorgungssystem muss die Trennung | |
zwischen den Sektoren überwinden und sich deutlich stärker als bislang an | |
den Belangen der Patienten orientieren. | |
Die KBV muss überdies daran mitwirken, die Selbstverwaltung transparenter | |
zu gestalten. Wir hoffen zudem, dass die Spaltung zwischen den Fachärzten | |
und den Hausärzten endlich überwunden wird“, so Terpe und Klein-Schmeink. | |
16 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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