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# taz.de -- Datenklau im Gesundheitsministerium: Apotheker-Spion angeklagt
> „Datenklau“ im Bundesgesundheitsministerium: Die Staatsanwaltschaft
> erhebt Anklage gegen einen Spion und Apotheker-Lobbyisten.
Bild: Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker – die wissen Bescheid
BERLIN taz | Jahrelang hatte man sich gewundert im Berliner
Bundesgesundheitsministerium. Denn die Apothekerszene in der Hauptstadt,
ihre Lobbyisten und Verbände waren stets informiert über Gesetzesvorhaben,
interne Schriftverkehre, vertrauliche Papiere. Detailliert und frühzeitig.
Egal ob es um Rabattverträge für Medikamente ging, um die Neuordnung des
Arzneimittelmarkts oder die Reform der Betriebsordnung - wann immer in den
vergangenen zwei Jahren die Interessen der Pharmazeuten tangiert waren,
wussten die Apotheker wie auch der Fachinformationsdienst „Apotheke adhoc“
erstaunlich gut Bescheid.
Ein anonymer Anruf brachte die Führungsebene um den damaligen
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) schließlich im Herbst 2013 auf
die Spur: Das Datenleck saß offenbar im eigenen Haus, es war der oberste
Wächter über die elektronische Datenverarbeitung, ein IT-Spezialist
höchster Vertraulichkeitsstufe, eingekauft von einer externen
Dienstleistungsfirma.
Am Montag nun hat die Berliner Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht
Berlin Anklage erhoben gegen den 40-jährigen ehemaligen Systemadministrator
Christoph H., gegen den Mann also, der die Daten systematisch ausgespäht,
in krimineller Absicht gesichert und gegen Geld weiter verkauft haben soll
an den Berliner Apotheker-Lobbyisten Thomas B., 44. Dieser wurde ebenfalls
angeklagt wegen des Ausspähens von Daten und Vergehens nach dem
Bundesdatenschutzgesetz. Vorausgegangen waren mehr als eineinhalbjährige
Ermittlungen.
## Kennengelernt im Netz
Den beiden Angeschuldigten werde vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft
mit, sich in den Jahren 2009 bis 2012 „gemeinschaftlich handelnd“ in
insgesamt 40 Fällen unbefugt Zugang zu vertraulichen Daten aus dem
Ministerium verschafft und diese für eigene wirtschaftliche Zwecke
verwendet zu haben.
H. und B. sollen sich im Jahre 2006 über das Internet kennengelernt haben –
nach Informationen der taz unterhielten sie zunächst eine eher private
Beziehung. Die Idee, zusammenzuarbeiten und vertrauliche Daten aus dem
Bereich des Apotheken- und Arzneimittelwesens im
Bundesgesundheitsministerium zu klauen und wirtschaftlich zu verwerten,
soll erst später entstanden sein, nachdem B. erfahren hatte, in welcher
Branche H. arbeitete.
Dazu soll H., der als Systemadministrator die technischen Möglichkeiten
dazu hatte, nach Angaben der Staatsanwaltschaft „absprachegemäß unter
missbräuchlicher Verwendung von Zugangsdaten gezielt die vom
angeschuldigten Pharmalobbyisten B. bezeichneten E-Mailpostfächer
bestimmter Personen im BMG, vornehmlich aus dem Leitungsbereich und den
einschlägigen Fachreferaten, 'geknackt' haben“.
Der Verdacht, dass die beiden Angeschuldigten darüber hinaus im Auftrag der
Bundesvereinigung Deutscher Apotheker (ABDA) tätig waren – was der Affäre
eine politische Dimension gegeben hätte -, hat sich indes offenbar nicht
bestätigt.
Dem IT-ler H. wird darüber hinaus vorgeworfen, im Besitz von etwa 40
Kinderpornos gewesen zu sein. Er lege Wert darauf, sagte H. am Montag der
taz, dass sich die Filme „nicht auf meinem Rechner, sondern auf einem
Datenträger befanden, der sich in meinem Haus befand“. Wie dieser dorthin
geraten sei, sei bislang ungeklärt. Die Anklage an sich, so H., „überrascht
mich nicht“. Sein Anwalt und er hätten nun drei Wochen Zeit für eine
Erwiderung. H.s Berliner Anwalt Nikolai Venn war am Montag für eine
Stellungnahme nicht erreichbar.
H. und B. drohen – sollten sich die Vorwürfe bestätigen – bis zu drei Jah…
Haft oder Geldstrafe.
21 Jan 2014
## AUTOREN
Heike Haarhoff
## TAGS
Apothekerlobby
Bundesministerium für Gesundheit
Spionage
Apotheken
Pharmakonzerne
FDP
Datenschutz
Internet
Gentest
E-Zigaretten
Bundesärztekammer
Patientendaten
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