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# taz.de -- Die Wahrheit: Ironie an Düsseldorf verplempern
> Tagebuch einer Matjesesserin: Am Marktstand offenbart sich der tiefere
> Zusammenhang zwischen der Lieblingsstrumpfhose und dem holländischen
> Roermond.
Unter den zahllosen Katastrophen, die regelmäßig ins Leben einer Frau
hereinbrechen, rangiert auf Platz eins ein Zustand, der es morgens
verbietet, das Haus zu verlassen, besser bekannt als „Bad Hair Day“. Den
zweiten Rang besetzt meine im vorigen Dezember ruinierte
Lieblingsstrumpfhose „Sensual Touch“, deren niagarafallbreite Laufmaschen
auch Nagellack nicht mehr bremsen konnte. Untröstlich suchte ich Beistand
beim Kundendienst der Herstellerfirma Falke, doch bevor Ersatz vorlag,
brach ich zu einer Weihnachtsreise nach Belgien auf.
Nachts, bei Roermond in Holland, befahl mir mein Navi, mottengleich ein
hell erleuchtetes Industriemonster zu umkreisen, bis mein Widerstand
gebrochen und ich bereit war, Heiligabend allein auf einer Autobahn zu
verbringen. Ein Wunder brachte mich doch noch nach Brüssel.
Im Januar, nach dem Genuss von reichlich Bier und Fritten zurück in Berlin,
begrüße ich mit einem Begleiter den Samstagmorgen auf dem Markt am
Matjesstand. Anschließend in der Kaffeeschlange trete ich dem Herrn hinter
mir auf den Fuß. Einen höflichen Menschen wie mich veranlasst das zur
Entschuldigung. „Oh, Verzeihung.“ – „Macht nichts, treten Sie ruhig zu!…
„Wenn Sie mich so nett einladen …“ Launiges Marktgefrotzel unter Fremden.
Der Getretene beäugt mein Frühstück und verkündet unvermittelt: „Die
Holländer essen Matjes ja mit süßen Brötchen.“ Wir heben die Brauen. Aus
einer Ehe mit einem Holländer erinnere ich mich an einiges, aber Matjes
süß? „Doch, glauben Sie mir. Ich bin aus Düsseldorf.“
Mein Begleiter, um meine Kölner Heimat wissend, erstarrt in Erwartung von
Tätlichkeiten, aber ich bin in leutseliger Stimmung. „Wir haben in Roermond
die weltgrößte Kohlevergasungsanlage gebaut!“, prahlt der Erbfeind indes
munter weiter. „Moment mal. Wo?“ – „Roermond.“ – „Das Riesending …
Autobahn?“ – „Ach, das kennen Sie? Die Bauarbeiten gingen ja ewig, und das
Essen da … grauenhaft! Wir mussten die erst mal anweisen, den Matjes
richtig zu machen, mit Pellkartoffeln und Hausfrauensoße!“
Hausfrauensoße? Der Begleiter fasst sich als Erster. „Anweisungen von
Deutschen nimmt der Holländer ja sicher gern entgegen.“ – „Och nee, anfa…
nicht so. Die Älteren haben nur englisch mit uns gesprochen, obwohl die ja
alle Deutsch können.“ – „Komisch, der Holländer kann aber auch stur sei…
verplempert der Begleiter Ironie an Düsseldorf. „Ach, das kann man so auch
nicht sagen, die Jüngeren waren ganz kooperativ …“ Klar, in ganz Holland
stehen junge Hausfrauen Schlange, um sich für deine Soße auspressen zu
lassen, denke ich und ersetze in meiner Vorstellung die Damen mit
Düsseldorfern.
Zu Hause wartet Nachricht von „Sensual Touch“. Meine Favoritin sei aus der
letzten Saison, habe jedoch im Hauptquartier-Outlet überlebt. Das sei in
Roermond, Holland, böte aber leider keinen Verschickungsdienst. Noch nicht,
aber bald! Die Jüngeren da sollen nämlich kooperativ sein. Und wenn nicht,
hätte ich ein paar kräftige Anweisungen!
22 Jan 2014
## AUTOREN
Pia Frankenberg
## TAGS
Düsseldorf
Tierwelt
Philip Seymour Hoffman
Film
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