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# taz.de -- Petition gegen Markus Lanz: Diese Fresse muss weg
> Es ist immer löblich, wenn Menschen das Böse bekämpfen. Immer? Im Falle
> der Empörung über Markus Lanz bleibt das Ziel jedoch unklar.
Bild: Monster oder Schlammschlachtopfer? Markus Lanz.
Es hätte ein so schöner Skandal werden können: Die Linkspartei-Politikerin
Sahra Wagenknecht gab am 16. Januar, zu Gast in der Talkshow „Markus Lanz“,
kein „klares Bekenntnis zu Europa“ ab. Und das, obwohl er sie doch mehrmals
dazu aufgefordert hatte.
Nun lief die Sache allerdings dergestalt aus dem Ruder, dass anschließend
nicht Wagenknechts fehlendes „Bekenntnis“, sondern Lanz’
Kindergartendiskussionsstil zur Nachricht wurde. Im Duktus des
schonungslosen Aufklärers hatte er ihr lächerliche Multiple-Choice-Fragen
gestellt („Euro, rein oder raus?“) und ihr vorgeworfen, sich als
Linken-Abgeordnete in enorme kapitalistische Widersprüche zu verstricken
(„Wie viel? Wie viel verdient man da?“). Es war wirklich selten blöd.
Nach der Sendung setzte eine engagierte Zuschauerin eine [1][Onlinepetition
mit dem Titel „Raus mit Markus Lanz aus meiner Rundfunkgebühr!“] auf und
forderte darin das ZDF auf, sich von ihm „zu trennen“. Dem „politischen
Spektrum links der Mitte“ begegne er unhöflich, außerdem habe es „unzähl…
empörte Tweets“ gegeben. Die Petition hat, Stand 23. Januar, 14.30 Uhr,
mehr als 130.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner.
Man muss kein Mitleid mit Lanz haben; wenn er eine politische Diskussion
simuliert, ob mit Ralf Stegner, Renate Künast oder nun mit Wagenknecht,
muss man schauen, dass man die Beine in die Hand nimmt. Allerdings fragt
man sich schon auch, was los ist, wenn derart viele Leute eine solche
Petition unterschreiben.
## Wunsch nach Pluralität im Ja-nein-Schema
Eigentlich scheint es doch um den Wunsch nach einem öffentlich-rechtlichen
Programm zu gehen, das die Gesellschaft sozial, kulturell und politisch
repräsentiert, auch in ihren einstelligen Prozentbereichen, und das nicht
nur die sehen wollen, die aus Gewohnheit jeden Stuss einschalten. Doch so
sehr Lanz komplexe Fragen auf Multiple-Choice-Niveau reduziert, so sehr
reduziert auch die Petition ihr Thema auf ein Sandkastengespräch: Lanz, ja
oder nein? Das blaue Schäufelchen oder das grüne?
Nun kann man sagen, hey, da will mal jemand was ändern und formuliert einen
Verbesserungsvorschlag, und dann [2][plädiert ausgerechnet die taz für
Halblangmachen]. Ja, upsi. Aber man merkt eben, was die Bürgerin, die die
Petition formuliert hat, der Welt sagte: dass sie „erst so zum
Frustablassen gedacht“ gewesen sei.
Was ist eigentlich das Ziel? Dass man Leute, deren Fressen man nicht mehr
sehen will, ohne größeren Aufwand entfernen lassen kann, so als
fußballstadionfüllende Meute? Oder dass wieder der nicht minder
windelweiche und zugleich auf Krawall gebürstete Johannes B. Kerner
übernimmt? Denn wenn es um etwas anderes ginge, etwa ein besseres
Unterhaltungsprogramm: Müsste man das dann nicht erwähnen?
Eine andere Petition, die erschreckende 260.000 Unterzeichnerinnen und
Unterzeichner hat und ebenfalls von vernunftbegabten Leuten weiterverteilt
wird, heißt „Abschaffung der GEZ“, was ebenfalls eine seltsam ungenau
formulierte Forderung ist dafür, dass sich jemand auf den Hosenboden
gesetzt hat, dem sie wichtig genug war, um sie zu verbreiten: Die GEZ ist
bereits abgeschafft, sie heißt seit 2013 Beitragsservice. Gefordert wird:
„Öffentlich-rechtliche Sender müssen sich nach dem Pay-TV-Prinzip oder
durch Werbeeinnahmen finanzieren.“
Nun würde es den Bullshitwettbewerb nicht verkleinern, sondern vergrößern,
wenn öffentlich-rechtliche Programme auf dem freien Markt zu bestehen
hätten. Glaubt jemand, dass es dann mehr Zwei-Stunden-Dokumentationen über
intellektuelle indische Musiker und weniger „Markus Lanz“ gäbe?
So was schert die sonst gegen jegliche Liberalisierung der Märkte
wetternden Künstler aber nicht, die solchen Quatsch weiterverbreiten,
solange sie nur ihre 17,98 Euro Rundfunkgebühr sparen.
Die beste Methode, das TV-Programm zu ändern, ist nicht, einem Moderator
mittels einer wohlfeilen Petition zu bestätigen, dass er kontroverse
Sendungen macht. Sondern nicht einzuschalten. Fernsehen ist das einzige
Thema, bei dem man mit Wegschauen am meisten erreicht.
23 Jan 2014
## LINKS
[1] http://www.openpetition.de/petition/online/raus-mit-markus-lanz-aus-meiner-…
[2] /Kritik-an-ZDF-Talkmaster/!131506/
## AUTOREN
Klaus Raab
## TAGS
Markus Lanz
Petition
ZDF
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
GEZ
Markus Lanz
Markus Lanz
Bertelsmann-Stiftung
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