# taz.de -- Zum Tod von Pete Seeger: So long, it's been good to know ya | |
> Pete Seeger gehörte immer dazu – von der ersten Platte in der Sammlung | |
> der Eltern bis zur politischen Sozialisation in den 80er Jahren. | |
Bild: Pete Seeger, 1967. | |
Eigentlich bin ich zu jung für Pete Seeger. Sein berühmtes Konzert in der | |
New Yorker Carnegie Hall, aus dem die Platte „We Shall Overcome“ wurde, war | |
am 8. Juni 1963, über zwei Jahre vor meiner Geburt. Aber „We Shall | |
Overcome“ stand in der nicht allzu großen Plattensammlung meiner Eltern. | |
Die waren nun nicht besonders US-affin, mit Folk-Musik hatten sie | |
eigentlich nichts zu tun, erst recht waren sie keine 68er. | |
Aber „Pete Seeger gehörte irgendwie dazu“, erinnert sich mein Vater. Und so | |
gehörte Pete Seegers Stimme, sein Spiel auf 12saitiger Gitarre und Banjo | |
und die Songs und die Stimmung der US-Bürgerrechtsbewegung von 1963 von | |
Anfang an auch bei mir dazu. | |
Wirklich spannend fand ich Pete Seeger dann erst mit 13, 14 Jahren, als ich | |
begriff, wovon die Lieder eigentlich handelten, die auf dieser Platte | |
waren. „If you miss me at the back of the bus“ oder „I ain‘t scared of … | |
jail“ waren Lieder, die er direkt bei den Märschen der Schwarzen in den | |
Südstaaten aufgeschnappt hatte. Und dass „We shall overcome“ die Hymne der | |
Bewegung geworden war, wusste ich auch erst später. | |
„If I Had A Hammer“ kannte ich zuerst von Peter, Paul and Mary, die es auch | |
bei Martin Luther Kings „March on Washington“ 1963 gesungen hatten, dann | |
von Trini Lopez. Dass Pete Seeger den Song über den Hammer der Justiz, die | |
Glocke der Freiheit und die Liebe zwischen den Brüdern und Schwestern 1949 | |
geschrieben und bei einer Benefizveranstaltung gegen die | |
Kommunistenverfolgung in den USA 1950 erstmals gesungen hatte, wusste ich | |
damals nicht. | |
## Monatelang als Hobo unterwegs | |
Je mehr ich aber erfuhr über diese Lieder, die ich schon als kleines Kind | |
gehört hatte, desto spannender fand ich auch Pete Seeger, und desto mehr | |
passte seine Stimme, passten seine Lieder auch in meine | |
politisch-musikalische Welt der frühen 80er-Jahre. | |
In den USA wird Pete Seeger nicht nur verehrt als jemand, der im ganzen | |
Land Songs gesammelt und damit vor dem Vergessen bewahrt hat. Folk Music | |
der einfachen Leute, der Landarbeiter, der Gewerkschaften. Von Woody | |
Guthrie, mit dem Seeger monatelang in den USA als Hobo unterwegs war, hatte | |
er sich angewöhnt, alle zum Mitsingen zu bringen, die zuhörten. Das passte | |
auch für uns: Wo wir auch in den 80ern mit zehn „alternativen“ Jugendlichen | |
zusammenkamen, war mindestens eine Gitarre dabei. Ja, wir haben viel | |
zusammen gesungen – Pete Seegers Songs waren immer dabei, natürlich auch | |
das Lied von den Blumen. | |
Das ist lang her. Irgendwann gab es Youtube, und man konnte sich plötzlich | |
auch die erhaltenen Episoden von Pete Seegers „Rainbow Quest“ anschauen, | |
einer Schwarz-Weiß-Sendung der 60er, bei der Seeger in einem | |
Wohnzimmerstudio andere Musiker einlud. Meine Lieblingsepisode zeigt | |
[1][Seeger mit Johnny Cash und June Carter] – Gänsehaut pur. Die will gar | |
nicht aufhören, wenn ich mir den wunderbaren [2][Dokumentarfilm The Power | |
of Song] ansehe, der 2007 entstand. | |
Das letzte Mal, als ich einen Seeger-Song gesungen habe, war am 4. Februar | |
2003 auf dem St. Annen-Friedhof in Berlin-Dahlem. Peter Tautfest, | |
Deutsch-Amerikaner und langjähriger taz-USA-Korrespondent war an seinem | |
Krebsleiden gestorben. Seine Trauerfeier hatte er selbst mitgeplant. Und | |
wir alle sangen, wie Peter es gewollt hatte, den alten Pete-Seeger-Song: | |
„To everything – turn, turn, turn There is a season – turn, turn, turn And | |
a time to every purpose under heaven A time to be born, a time to die.“ | |
28 Jan 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.youtube.com/watch?v=GDBtrzka2X4 | |
[2] http://www.youtube.com/watch?v=Czk2hj4VISg | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
## TAGS | |
Protestsong | |
Folkmusik | |
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