Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Festival Club Transmediale in Berlin: Ans Unbewusste rühren
> „Wie habt ihr diesen Klang gemacht?“, wird das britische Duo Cyclobe oft
> gefragt. Am Donnerstag gibt es eines seiner raren Konzerte in Berlin.
Bild: Ossian Brown von Cyclobe.
Elektroakustik, die Verbindung von elektronischen Klängen und akustischen
Instrumenten, ist eine der andauernden Obsessionen der Neuen Musik.
Komponisten versuchen auf unterschiedlichste Weise, diese beiden Welten zu
verbinden.
Als elektroakustisch kann man auch die musikalischen Beiträge der
britischen Band Cyclobe bezeichnen, die zwar nicht zur Neuen Musik
gerechnet werden, in ihren Bemühungen um neue Klangfarben dafür aber
spektakulärer als manche ihrer akademischen Kollegen sind.
Cyclobe bestehen aus dem Duo Stephen Thrower und Ossian Brown, und für
beide Musiker ist ihre ganz spezielle Form von Elektroakustik beinahe zum
Lebensprojekt geworden: „Am Musikmachen hat uns vor allem die Idee gereizt,
uns an einer anderen Art von Musik zu versuchen, bei der man schwer
einordnen kann, ob man es mit elektronischen oder akustischen Klangquellen
zu tun hat“, so Stephen Thrower.
## Mit Drehleier und Dudelsack
„Es erfüllt mich mit großer Befriedigung, wenn Musikerkollegen fragen: ’W…
habt ihr diesen Klang gemacht?‘“ Seit einigen Jahren arbeiten Cyclobe mit
traditionellen Musikern wie dem Drehleierspieler Cliff Stapleton oder dem
Dudelsackbläser Michael J. York zusammen. Deren Instrumente sind in der
Musik von Cyclobe an einigen Stellen klar zu erkennen, an anderen
allenfalls zu erahnen. Ihr Perfektionismus hat dazu geführt, dass die
Arbeit an einem Album lange Zeit in Anspruch nimmt. Für ihr bisher letztes
Werk „Wounded Galaxies Tap at the Window“ (2010) benötigten sie fünf Jahr…
„Wir arbeiten gern mit sehr vielen Klangschichten“, beschreibt Ossian Brown
ihren Ansatz. Oft beginnen sie mit einer kurzen Improvisations- und
Experimentierphase, speichern die Ergebnisse ab und denken dann über das
Vorhandene nach. Wenn neue Ideen auftauchen, wird das Material wieder
hervorgeholt. Schwierig sei das Feilen an den Details: „Manchmal dauert es
Monate, um die letzten Einzelheiten zu finden, die einem das Gefühl geben,
dass ein Stück fertig ist“, sagt Ossian Brown. Mittlerweile seien sie aber
in der Lage, die Resultate auch live darzubieten.
Ihre Musik solle wie etwas von selbst Gewachsenes wirken, wie ein Kristall.
Ihre eigene Handschrift als Künstler wollen sie so unkenntlich wie möglich
machen, die Musik soll ihre „eigene Identität“ haben. Das ist einerseits
paradox, denn die Handschrift von Cyclobe besteht gerade darin, ihre Musik
so und nicht anders klingen zu lassen. Andererseits haben die Klänge, die
am Ende dieses Prozesses stehen, tatsächlich eine sehr eigentümliche
Gewalt, die einen in unterschiedlichste Richtungen affizieren kann und die
direkt ans Unbewusste rührt. Die mitunter unheimlich-bedrohlichen Aspekte
ihrer Musik nehmen Cyclobe bewusst in Kauf.
## Und eine Prise Grusel
Das Irrationale sieht Stephen Thrower als Kreativitätsressource, sogar für
Horror hat er vieles übrig – unter anderem veröffentlichte er ein Buch über
den für seine Zombie-Filme bekannten Regisseur Lucio Fulci: „Seit meinem
siebten Lebensjahr fühle ich mich zu allem Gruseligen in der Kunst
hingezogen“, bekennt Thrower. Was auch für einen ihrer entscheidenden
Einflüsse gilt, die Post-Industrial-Band Coil um John Balance und Peter
Christopherson, in der sowohl Thrower als auch Brown zu verschiedenen
Zeiten mitgespielt haben. Beide Coil-Gründer sind inzwischen tot.
In Erinnerung an einen weiteren verschiedenen Freund erscheint im März ein
Album mit Soundtracks zu Filmen von Derek Jarman: „Sulphur – Tarot –
Garden“. Der britische Regisseur starb vor 20 Jahren an Aids.
30 Jan 2014
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Transmediale
Schwerpunkt Berlinale
Jugoslawien
Abschlussbericht
Jacob Appelbaum
Berlin
Pudelclub
Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Restaurierter Film von Derek Jarman: Ein besonderer Fleck Erde
Experimentalfilmklassiker, restauriert: „The Garden“ von Derek Jarman ist
eine surreal-traumhafte Reise mit einer madonnenhaften Tilda Swinton.
Laibach mit neuem Album: Im musikalischen Schlachtengemälde
Ganz zart klingen die slowenischen Industrialpioniere Laibach auf dem Album
„Spectre“. Eine neues Buch nimmt die Gruppe zum Tourstart unter die Lupe.
Festival Club Transmediale Berlin: Das ferne Beben der Utopie
Viel Platz für diverse Rezeptionsweisen elektronischer Musik und eine
Würdigung der russischen Avantgarde. Eindrücke vom 15. CTM-Festival Berlin.
Paglen bei der Transmediale: Kunst als Beweis
Trevor Paglen hat eigentlich nur Flugzeuge gefunden. Und Aufnäher. Aber das
ist großartig. Und vielleicht ist es sogar Kunst. Ein Besuch bei der
Transmediale in Berlin.
Festival Club Transmediale Berlin: Wischen ist Macht
Arbeit am Gesamtkunstwerk: Der britische Bassenigmatiker Darren Cunningham
alias Actress präsentiert am Freitag sein Album „Ghettoville“.
Festival Club Transmediale Berlin: Freiwillige Selbstbeschränkung
Ein Kind von Techno und Hamburger Schule: Die Produzentin und DJ Helena
Hauff hat sich mit Mitte zwanzig europaweit in der Technoszene etabliert.
Festival Club Transmediale Berlin: Zwischen Ekstase und Exaktheit
Black Manual, die Kollaboration von Jan St. Werner mit drei brasilianischen
Trommlern, lässt Candomblé-Elemente auf elektroakustische Musik prallen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.