| # taz.de -- Palästinenser im Westjordanland: Protest durch Wiederaufbau | |
| > Die Aktion nennt sich „Salz der Erde“. Palästinensische Aktivisten bauen | |
| > ein verlassenes Dorf im Jordantal wieder auf. | |
| Bild: Palästinensische Aktivisten im verlassenen Dorf Ein Hijleh. | |
| EIN HIJLEH taz | „Alle mal ran und den Baumstamm hochheben“, spornt | |
| Abdallah Abu Rahma seine Freunde an. Kurz stillgestanden für die | |
| Pressefotografen und wieder runter mit der Palme. Zunächst werden die | |
| Dächer nur provisorisch mit Plastikplanen abgedeckt. Eine haltbare | |
| Konstruktion ist erst später geplant und dann ist auch der Baumstamm an der | |
| Reihe. Für die Fotos macht er sich jetzt schon gut. | |
| Seit Ende letzter Woche protestieren ein paar Dutzend Palästinenser gegen | |
| die Besatzung, indem sie das verlassene Dorf Ein Hijleh, wenige Kilometer | |
| östlich von Jericho, wieder aufbauen. Die Ruinen sind rund 30 Jahre alt und | |
| müssen fast komplett neu instand gesetzt werden. Federführend bei der | |
| Aktion ist das Volkskomitee gegen die Mauer aus der kleinen Grenzstadt | |
| Bilin, die seit neun Jahren mit ihrem friedlichen Widerstand gegen die | |
| Besetzung wiederholt Schlagzeilen auch im Ausland machte. | |
| Anfang vergangenen Jahres versuchte das Volkskomitee schon einmal an einem | |
| von Israel und den Palästinensern umstrittenen Ort Tatsachen zu schaffen | |
| und damit dem israelischen Vorbild und dem Siedlungsbau zu folgen. Ganze | |
| zwei Tage hielten sich die friedlichen Widerstandskämpfer, bis die Soldaten | |
| die Zelte von Bab al-Schams auf dem sogenannten Hügel E1, wo Israel eine | |
| neue Siedlung plant, räumten. | |
| Wie eine kleine Oase mutet das von Palmen umgebene Dorf mitten in der Wüste | |
| an. Von den anfänglich rund 200 Aktivisten sind nach drei Tagen noch knapp | |
| 50 übrig. „Die Soldaten halten uns mit Licht- und Lärmbomben wach“, | |
| berichtet Abu Rahma. Die Aktivisten wollten sich „nur vorübergehend“ zu | |
| Hause ausruhen. | |
| Zuerst soll der Müll weggeräumt werden, vor allem die trockenen Äste der | |
| Palmen, die die Aktivisten verbrennen. Sie wegzukarren geht nicht, da | |
| Soldaten das Gelände absperren. Wer nach Ein Hijleh will, muss sein Auto | |
| vor dem Kloster von St. Gerasimos abstellen und knapp zwei Kilometer in das | |
| Dorf laufen. | |
| ## Umkämpftes Jordantal | |
| Bis zum See Genezareth im Norden zieht sich entlang des Jordan die Grenze | |
| zwischen dem besetzten Palästina und Jordanien. Die Zukunft des Jordantals | |
| gehört zu den empfindlichsten Knackpunkten bei den aktuellen | |
| Friedensverhandlungen. US-Außenminister John Kerry stieß mit seinen | |
| Vorschlägen für eine Übergangsregelung bei beiden Seiten auf | |
| Kompromisslosigkeit. | |
| Die Palästinenser lehnen eine fortgesetzte befristete Präsenz israelischer | |
| Soldaten ab und beharren auf einen sofortigen Abzug. Die Regierung in | |
| Jerusalem wiederum erwägt eine Annektierung des Jordantals, ähnlich wie bei | |
| den Golanhöhen, um einen Abzug grundsätzlich zu unterlaufen. Die | |
| israelische Führung betrachtet die Grenzregion als strategisch | |
| unverzichtbar für Israels Sicherheit. | |
| Der Wiederaufbau Ein Hijlehs gilt in erster Linie den Annektierungsplänen | |
| Israels, wobei aktuell der Anlass einer Häuserräumung im nördlichen | |
| Jordantal dazukam. 66 Personen wurden bei dem Abriss der Häuser obdachlos, | |
| über die Hälfte davon Kinder. Die Soldaten zerstören die Unterkünfte, die | |
| ohne Baugenehmigung errichtet wurden. Das gesamte Jordantal gehört zur | |
| sogenannten C-Zone, der Region, in der Israel volle Kontrolle hat und wo es | |
| für Palästinenser nahezu unmöglich ist, eine Baugenehmigung zu erhalten. | |
| „Melh al-Ard“ nennen die Aktivisten ihre Operation, das „Salz der Erde“… | |
| Anspielung an den Evangelisten Matthäus, der über Jesus berichtet, als der | |
| seine Jünger lobt, weil sie ihm als König des Landes folgen. Das Land von | |
| Ein Hijleh gehört der orthodoxen Kirche. „Wir haben die Zustimmung des | |
| Klosters“, sagt Abu Rahma. „Unsere Botschaft ist eine friedliche.“ | |
| 3 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
| ## TAGS | |
| Palästina | |
| Westjordanland | |
| Siedlungen | |
| Israel | |
| Amnesty International | |
| Israel | |
| Israel | |
| Israel | |
| Israel | |
| Israel | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Israel | |
| Jassir Arafat | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Israel in den besetzten Gebieten: Abu Rahma weiter im Knast | |
| Der Aktivist wartet auf seine Freilassung. Israel versucht so erneut, den | |
| gewaltfreien palästinensischen Widerstand zu brechen. | |
| Palästinensischer Aktivist vor Gericht: Militär urteilt über Abu Rahma | |
| Ein Organisator des Widerstandes gegen die israelische Sperrmauer soll | |
| hinter Gitter. Ihm wird illegaler „Aufruhr“ vorgeworfen. | |
| Netanjahu in den USA: Kühler Empfang | |
| Für US-Präsident Obama ist der „aggressive“ Siedlungsbau Israels ein | |
| Hindernis für den Friedensprozess. Und die Zeit für Entscheidungen drängt. | |
| Jerusalem will Muezzinrufe einschränken: „Lärmindex“ für den Morgengruß | |
| Die Stadtverwaltung von Jerusalem will die Lautstärke des Weckgrußes | |
| kontrollieren. Ortsvorsteher palästinensischer Stadtviertel reagieren | |
| verärgert. | |
| Ultraorthodoxe protestieren in Jerusalem: Beten gegen Wehrpflicht | |
| Hunderttausende strengreligiöse Demonstranten haben ganz Jerusalem | |
| lahmgelegt. Sie wollen ein neues Gesetz stoppen, das eine allgemeine | |
| Wehrpflicht vorsieht. | |
| Friedensgespräche im Nahen Osten: Kerry verstärkt den Druck | |
| Der US-Außenminister wird bald seinen Rahmenplan für die | |
| Friedensverhandlungen vorlegen. Das macht Israelis und Palästinenser | |
| nervös. | |
| Oberstes Gericht in Israel: Lücken im Grenzzaun | |
| Zwei historische Kulturstätten in der Nähe von Bethlehem sollen zerstört | |
| werden. Auch die israelische Naturbehörde unterstützt den Protest. | |
| Leben in Jerusalem: Mind the gap | |
| Jerusalem ist eine zweigeteilte Stadt, mindestens. Eine Straßenbahn | |
| verbindet und spaltet die, die mit ihr fahren. Vier Porträts auf dreizehn | |
| Kilometern. | |
| Kommentar zum Tod Ariel Scharons: Der Kompromisslose | |
| Ariel Scharon war Ziehvater der israelischen Siedlerbewegung. Dennoch trat | |
| er für die Zweistaatenlösung ein. | |
| Portrait Suha Tawil: Arafats einsame Ehefrau | |
| Zum Unbehagen ihrer Mutter heiratete sie den 34 Jahre älteren Jassir | |
| Arafat. Aus heutiger Sicht sieht sie ihre Entscheidung von damals kritisch. |