# taz.de -- Kommentar Brandstiftung Hamburg: Den Druck aufrechterhalten | |
> Die Skepsis gegenüber der Polizei ist berechtigt. Zu oft wurde bisher | |
> gegen die Opfer ermittelt und nicht gegen Rechtsextreme. | |
Bild: Teilnehmer eines Trauermarsches gedenken am 08.02.2014 in Hamburg der Opf… | |
Einer der folgenschwersten Hausbrände der vergangenen Jahre in Hamburg mit | |
drei Toten und 27 zum Teil schwer verletzten Menschen gilt als aufgeklärt. | |
Der Täter, ein 13-Jähriger Junge, sei gefasst. Die Polizei konnte beruhigt | |
verkünden, es sei keine politisch motivierte Tat gewesen – obwohl es sich | |
beim Haus in der Eimsbütteler Straße 75 um eine Flüchtlingsunterkunft | |
handelt. | |
Dass eine solche über die Bild-Zeitung verbreitete Nachricht unmittelbar | |
vor der Trauerkundgebung für die Opfer in gesellschaftskritischen Kreisen | |
zunächst Skepsis hervorruft, ist verständlich. Schließlich hat sich die | |
Zahl der rechtsradikalen Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte 2013 gegenüber | |
dem Vorjahr auf 43 verdoppelt. | |
Und auch die Erinnerungen an das Drama von Lübeck sind im Norden wieder | |
wach geworden, bei dem im Januar 1996 bei einem Brandanschlag auf eine | |
Asylunterkunft drei Erwachsene und sechs Kinder ums Leben kamen. Obwohl | |
sich Neonazis aus dem mecklenburgische Grevesmühlen am Tatort befanden und | |
auch Brandspuren bei ihnen gefunden worden waren, wurde ein libanesischer | |
Hausbewohner der Tat angeklagt, weil ein Sanitäter im Rettungswagen von dem | |
Verletzten Worte wie „Wir warens“ gehört haben wollte. Erst Jahre später | |
wurde der Libanese rechtskräftig freigesprochen. Zu einer Anklage gegen die | |
Neonazis kam es nicht. | |
Auch in Hamburg gibt es die Befürchtung, die wahren Brandstifter könnten | |
davonkommen, indem der ideale Täter – ein 13-Jähriger indischer Herkunft | |
und von der Jugendfeuerwehr in Altona – präsentiert wird: strafunmündig, | |
mit Migrationshintergrund und psychisch krank. | |
Dass es sich in Hamburg nicht um einen klassischen Brandschlag von Neonazis | |
handelt, hat der Brandverlauf deutlich gemacht. Was aber von der Polizei in | |
einem frühen Stadium behauptet wurde – so etwas habe es in Hamburg noch nie | |
gegeben – ist falsch: | |
Im August 1980 schleuderten Neonazis der Manfred-Roeder-Gruppe in ein | |
Flüchtlingsheim in Billbrook drei Molotow-Cocktails, wodurch zwei | |
vietnamesische Flüchtlinge um Leben kamen. Das war bundesweit der erste | |
Anschlag dieser Art. Solche polizeilichen Ausblendungen schaffen Misstrauen | |
und bergen die Gefahr, mögliche Hintergründe nicht zu erkennen, wie wir vom | |
„Nationalsozialistischen Untergrund“ wissen. | |
10 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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