| # taz.de -- Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Im Gulag-Modus | |
| > Nach vier Tagen Sotschi ist er da, der Olympiakoller. Kein Wunder bei all | |
| > den nervigen Kollegen, aufdringlichen Volunteers und vielen | |
| > Sicherheitschecks. | |
| Bild: Hat wohl auch schon genug von den Spielen: russischer Fan in Sotschi. | |
| SOTSCHI taz | Ich gesteh’s: Am Montag hatte ich einen Olympiakoller. | |
| Vielleicht lag es daran, dass ich meinen Text über die deutschen und | |
| kanadischen Curler neben einer chinesischen Journalistengruppe schrieb. Bei | |
| ihnen kam im Rhythmus von zehn Sekunden entweder eine SMS oder ein | |
| Telefonat an. Es piepte und klingelte, Letzteres gern auch mal eine halbe | |
| Minute lang. | |
| Gegenüber saß ein Kollege vom italienischen Radio, der versuchte, einen | |
| Dreißigsekünder über Armin Zöggeler ins Mikro zu sprechen. Aber er | |
| verhaspelte sich ständig. Man muss wissen: Italienische Radiojournalisten | |
| können nicht leise. Zum Wegsetzen war ich zu faul. Ich ertrug das Gepiepe | |
| und Genöle relativ stoisch. Rechts neben mir machte sich ein Kanadier zu | |
| schaffen, der nach einer Woche Hardcore-Berichterstattung nicht mehr | |
| wirklich gut roch. | |
| So ging’s weiter. Die Portion, die mir eine Russin im sogenannten Food | |
| Court reichte, war so klein, dass nicht mal ein dürrer Skispringer satt | |
| geworden wäre. An so einem Tag nerven auch die rund zwanzig Kontrollen. | |
| Ständig muss man seine Akkreditierung irgendwo reinschieben, damit sich | |
| eine Sperre öffnet. Die Organisatoren erhalten so ein Bewegungsprofil jedes | |
| Journalisten. Auch der Internetzugang ist personalisiert, sodass sich ein | |
| Putin-Bashing problemlos zurückverfolgen lässt. | |
| Ich kam irgendwann in der Shorttrack-Halle an, wo die Sitzplatzsituation | |
| nicht die beste war. Ich verfolgte ein Halbfinale über 1.500 Meter im | |
| Stehen hinter den Fernsehkommentatoren. Eine Sicherheitsfrau herrschte mich | |
| an, ich solle mich aus diesem Bereich verziehen. Ich blaffte zurück: „Just | |
| a second!“ Ich wollte den Zieleinlauf sehen. Die Dame verfiel in den | |
| Gulag-Modus: „Wie lautet Ihre Akkreditierungsnummer?“ Sie blickte mich | |
| Berija-mäßig an. | |
| Ich flüchte in die Eisschnelllaufhalle, wo Männer mit dicken Oberschenkeln | |
| über 500 Meter liefen. Neben mir saß eine Holländerin, eine | |
| Eisschnelllauf-Nerdin, die bei jedem Lauf der Oranjes mitfieberte und | |
| jubelte. | |
| Ich wollte schon herummosern an dieser Art Distanzlosigkeit, aber die | |
| Kollegin wurde für mich zu einer kleinen Heldin, als sie den Angriff einer | |
| mit silbernem Klebeband bewehrten Voluntöse zurückschlug, die das | |
| Apple-Logo auf dem Laptop verkleistern wollte. Hier hat man auf | |
| Samsung-Computern zu schreiben und auf nix sonst. Auch ich feierte einen | |
| heroischen Sieg über die Olympiadiktatoren. Mein Sony-Teil blieb verschont. | |
| 11 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
| ## TAGS | |
| Sotschi 2014 | |
| Sicherheitskontrolle | |
| Journalist | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Abseits des Olympiapfads | |
| Dem Wintersport zu entfliehen, ist auch in Sotschi ganz einfach. Ein | |
| Gespräche über Deutschkurse, den FC Bayern und eine Brieffreundschaft nach | |
| Dresden. | |
| Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Schleich dich | |
| Der Strand hätte eine Flaniermeile werden können. Doch Zäune versperren den | |
| Weg zum Wasser und nach Georgien. Besucher sollen in Sotschi bleiben. | |
| Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Putin knipst die Sonne an | |
| Blauer Himmel und anhaltender Sonnenschein – Sotschi präsentiert sich, wie | |
| der Präsident es versprach. Doch geht dabei alles mit rechten Dingen zu? | |
| Frühlingswetter bei Olympia: Fehlentscheidung Sotschi? | |
| 19 Grad am Meer, die Sonne scheint. 12 Grad in den Bergen, der Schnee | |
| schmilzt. Durfte man die Winterspiele überhaupt nach Sotschi vergeben? | |
| Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Dankbar für die Sklavenarbeit | |
| Die Jugend der Welt lässt sich vom IOC bereitwillig ausbeuten. Während die | |
| Volunteers hart schuften, sitzt der Verband auf seinen Millionen. | |
| Sotschi 2014 – Eiskunstlauf, Paarlauf: Mehr als nur Liebe | |
| Tatjana Wolossoschar und Maxim Trankow haben den Staatsplan Gold erfüllt. | |
| Das ganze Land liebt sie für ihre rührselige Geschichte und den | |
| Kitsch-Auftritt. | |
| Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Im Kriegsgebiet um Sotschi | |
| Die Armee hat sich auf Geländekämpfe in der Bergwelt vorbereitet. Ob | |
| alarmbereite Soldaten auf den Hängen den Kaukasus beruhigen können? | |
| Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Wütende schweigen lieber | |
| „Hätte Putin mal lieber Schach gespielt“, sagte der ehmalige Liftbetreiber | |
| Pjotr Fedin in einer Sotschi-Doku. Dann bekam er Probleme. | |
| Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Hort des Schreckens | |
| Doppeltoiletten, Straßenköter, Nacktscanner, FSB und kolorierter Dreck. | |
| Unsere Auftakt-Kolumne aus Sotschi verspricht spannende Wochen. |