# taz.de -- Nach Schulz' Rede in der Knesset: „Ich war überrascht“ | |
> EU-Parlamentspräsident Schulz verteidigt sich, nachdem er in der Knesset | |
> rechte Abgeordnete in Rage gebracht hat. Sie bezichtigen ihn der Lüge. | |
Bild: Alles nur ein Missverständnis? Martin Schulz in der Knesset. | |
BERLIN/JERUSALEM dpa | Nach einem Eklat in der Knesset in Jerusalem hat | |
sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gegen Kritik rechter Abgeordneter | |
verteidigt. „Ich war in der Knesset verpflichtet, die Position des | |
Europäischen Parlaments darzulegen. Ich kann natürlich nicht nur die Dinge | |
sagen, die allen gefallen. Ich muss auch die konfliktträchtigen Dinge | |
vortragen“, [1][sagte Schulz der Online-Ausgabe der Welt.] | |
Abgeordnete der siedlernahen Partei „Jüdisches Haus“ hatten während der | |
Rede von Schulz schimpfend das Plenum verlassen, hatten „Schande“ gerufen, | |
als der den Bau weiterer israelischer Siedlungen in den | |
Palästinensergebieten und den „Boykott“ des Gaza-Streifens kritisiert | |
hatte. | |
Israels Wirtschaftsminister Naftali Bennett [2][forderte später gar eine | |
Entschuldigung] von Schulz. Schulz, seit 2012 Parlamentspräsident, sieht | |
dazu keinen Grund. „Ich war überrascht und betroffen von der harschen | |
Reaktion, denn ich habe eine proisraelische Rede gehalten“, sagte Schulz. | |
„Die Leute, die meine Rede gestört haben, gehören einer Partei der | |
Hardliner an, die jedes kritische Wort, das sie stört, auf diese Weise | |
beantworten. US-Außenminister (John) Kerry haben sie auf dieselbe Weise | |
angegriffen“, sagte Schulz weiter. | |
Schulz hatte in seiner Rede auch über eine Begegnung mit jungen | |
Palästinensern in den von Israel besetzten Gebieten gesprochen. Ein junger | |
Palästinenser habe ihn bei einem Besuch in Ramallah im Westjordanland | |
gefragt, wie es sein könne, „dass Israelis 70 Liter Wasser am Tag benutzen | |
dürfen und Palästinenser nur 17“. | |
## Selektive Wahrnehmung | |
Schulz sagte laut dem Redemanuskript weiter, Israels Blockade des | |
palästinensischen Gazastreifens treibe Menschen in die Verzweiflung, die | |
von Extremisten ausgenutzt werde. „Möglicherweise schafft die Blockade so | |
nicht mehr, sondern weniger Sicherheit.“ | |
Bennett bezichtigte Schulz [3][auf seiner Facebook-Seite], die Unwahrheit | |
gesagt zu haben. „Ich fordere den Präsidenten des Europäischen Parlaments | |
auf, sich von seinen beiden lügnerischen Äußerungen zu distanzieren“, | |
schrieb Bennett. „Ich akzeptiere keine Lügen von einem Deutschen.“ Schulz | |
müsse sich entschuldigen. Dies lehnte Schulz am Abend ab, da er dazu keinen | |
Grund sehe. | |
Israels Regierungschef [4][Benjamin Netanjahu warf] dem EU-Politiker eine | |
einseitige Sicht auf den Nahost-Konflikt vor. Schulz verharmlose die | |
Bedrohungen, denen Israel ausgesetzt sei, und erliege „wie so viele | |
Europäer einer selektiven Wahrnehmung“, sagte Netanjahu in der Knesset. | |
Nach israelischen Medienberichten ist der Wassermangel der Palästinenser | |
vor allem eine Folge mangelnder Infrastruktur. Die Blockade des | |
Gazastreifens sei zudem weitgehend aufgehoben. Es sei nur noch die Einfuhr | |
von Materialien verboten, die für den Bunker- oder Waffenbau verwendet | |
werden könnten. Ausreisegenehmigungen für Palästinenser aus der verarmten | |
Enklave am Mittelmeer erteilt Israel jedoch nur in Ausnahmefällen. | |
## „Gegenseitige Kritik ist in Demokratien ganz normal“ | |
Der für extreme Äußerungen bekannte Abgeordnete Mosche Feiglin, Mitglied | |
der Likud-Partei Netanjahus, war der auf Deutsch gehaltenen Rede ganz fern | |
geblieben. „Ich werde während der Rede abwesend sein, weil es unpassend | |
ist, dass im Parlament des jüdischen Staates eine Rede in der Sprache | |
gehalten wird, in der unsere Eltern in die Eisenbahnwaggons und in die | |
Krematorien gestoßen wurden“, [5][schrieb er auf Facebook.] | |
Kurz vor seiner Knesset-Rede hatte Schulz noch eine bisweilen übergroße | |
Empfindlichkeit in Israel gegenüber Kritik aus Europa beklagt. | |
„Gegenseitige Kritik ist in Demokratien ganz normal“, entgegnete er auf | |
Vorhaltungen israelischer Journalisten. | |
Die Reporter hatten Europa vorgeworfen, Israels Besatzungs- und | |
Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten zu kritisieren, | |
Menschenrechtsverbrechen wie in Syrien aber nur am Rande zu erwähnen. „Die | |
EU steht zu ihren besonderen Beziehungen zu Israel, aber das bedeutet | |
nicht, dass sie mit jeder Entscheidung der israelischen Regierung | |
einverstanden sein muss“, betonte Schulz. | |
Beim Friedensprozess plädierte der EU-Politiker für Pragmatismus. „Die | |
israelischen Siedlungen sind nach der Genfer Konvention illegal, aber sie | |
sind auch real“, sagte er. „Wir brauchen keine Diskussion, ob sie legal | |
oder illegal sind, sondern über praktische Lösungen“. | |
13 Feb 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.welt.de/politik/deutschland/article124795605/Habe-eine-pro-israe… | |
[2] http://www.jpost.com/Diplomacy-and-Politics/WATCH-LIVE-European-Parliament-… | |
[3] http://www.facebook.com/NaftaliBennett?fref=ts | |
[4] http://www.haaretz.com/news/national/.premium-1.573877 | |
[5] http://www.facebook.com/MFeiglin/posts/608719159207203 | |
## TAGS | |
Martin Schulz | |
Knesset | |
EU | |
Israel | |
Israel | |
Israel | |
Martin Schulz | |
Israel | |
Benjamin Netanjahu | |
Israel | |
Martin Schulz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Palästinensischer Angriff auf Israel: Raketen aus dem Gazastreifen | |
Mehrere Dutzend Granaten und Raketen wurden am Mittwoch auf Israel | |
geschossen. Außenminister Lieberman fordert eine erneute Besetzung des | |
Gazastreifens. | |
Ultraorthodoxe protestieren in Jerusalem: Beten gegen Wehrpflicht | |
Hunderttausende strengreligiöse Demonstranten haben ganz Jerusalem | |
lahmgelegt. Sie wollen ein neues Gesetz stoppen, das eine allgemeine | |
Wehrpflicht vorsieht. | |
Europäische Sozialdemokraten: Martin Schulz führt die Sozis | |
Die Sozialdemokraten im Europaparlament küren mit großer Mehrheit den | |
Parlamentspräsidenten Schulz zum Spitzenkandidaten. | |
Kommentar deutsch-israelische Gespräche: Hausaufgaben für den Freund | |
Vor den Konsultationen lobt Israels Ministerpräsident Deutschland. Das ist | |
wohl kalkuliert. Er braucht Partner im Kampf gegen Irans Atomprogramm. | |
Merkel besucht Netanjahu: Reise nach Jerusalem | |
Merkel und ihre Minister treffen die Regierung Netanjahu zu Konsultationen. | |
Eines der Gesprächsthemen am Dienstag wird der Friedensprozess sein. | |
Israelische Siedler im Westjordanland: Sie kommen nachts | |
Im Westjordanland werden Palästinenser regelmäßig von Siedlern angegriffen. | |
Das Militär sieht oft nur zu. Ein Besuch in Burin. | |
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz: Eklat bei deutscher Knesset-Rede | |
Mehrere Abgeordnete verließen den Saal und bezichtigen SPD-Politiker Schulz | |
der Lüge. Der hatte gesagt, dass Palästinensern weniger Wasser zur | |
Verfügung steht. |