# taz.de -- Teilhabe zu teuer für Arme : Stadtticket wird nicht sozialer | |
> Bremen hat ein Stadtticket, doch die Mobilitäts-Schere vergrößert sich. | |
> Eine Übertragbarkeit des Tickets wäre ein guter Ausweg gewesen. | |
Bild: Die Nachfrage nach der Tram könnte größer sein - wenn auch Ärmere sic… | |
Die Verkehrsdeputation lehnt eine Erweiterung des Stadttickets, mit dem | |
beispielsweise Hartz IV-EmpfängerInnen verbilligt Bus und Bahn fahren | |
können, ab. Insbesondere die vielfach geforderte Übertragbarkeit des | |
Tickets sei zwar „wünschenswert“, befand die Deputation auf ihrer jüngsten | |
Sitzung, finanziell aber nicht leistbar. | |
Vor vier Jahren war das [1][Stadtticket], das andernorts Sozialticket | |
heißt, nach jahrelangen Diskussionen von der rot-grünen Koalition in Bremen | |
eingeführt worden. Dessen Nutzerzahlen steigen stetig, allerdings auch der | |
Preis: Nach den in der Regel halbjährlich vorgenommenen Erhöhungen kostet | |
ein Kinder-Stadtticket mittlerweile 24,30 Euro, das für Erwachsene 30,70. | |
Die in als Regelbedarfe vorgesehenen Sätze für Mobilität übersteigt das | |
dramatisch. | |
Die Fraktion der Linkspartei fordert daher Nachverhandlungen des Senats mit | |
der BSAG, mit dem Ziel, durch eine Übertragbarkeit des Tickets soziale | |
Härten zu mindern. Doch die [2][Verkehrsdeputation], der sowohl die Spitzen | |
des Verkehrsressorts als auch VertreterInnen der Bürgerschaft angehören, | |
verweist darauf, dass das Stadtticket eine freiwillige Sozialleistung der | |
Stadtgemeinde sei und schon jetzt „eine erhebliche Anstrengung“ bedeute. In | |
Zahlen: Für 2014 und 2015 sieht der kommunale Haushaltsentwurf jeweils rund | |
2,8 Millionen Euro für die Finanzierung des Stadttickets vor. Hinzu kommt | |
eine Eigenbeteiligung der BSAG von einer halben Million Euro pro Jahr. | |
Aber verursacht eine Übertragbarkeit tatsächlich faktische Mehrkosten in | |
verheerendem Ausmaß? Sowohl die Mehrbelastung der Verkehrsmittel als auch | |
Mindereinnahmen wegen gemeinsamer Ticketnutzung würden sich vermutlich in | |
einigermaßen engen Grenzen halten – da es nicht um eine gleichzeitige | |
Mehrfachnutzung des Tickets geht. Stadttickets könnten auch nicht außerhalb | |
des Berechtigten-Kreises kursieren, da sie nur in Verbindung mit einer | |
speziellen Kundenkarte der BSAG gilt. Die können Bezieher von SGB | |
II-Leistungen beantragen. | |
Die Verkehrsdeputation pocht trotzdem auf formale Kriterien: Ausnahmslos | |
alle Zeitfahrkarten mit besonderen Preisvorteilen wie Jobticket oder das | |
Jugendfreizeitticket seien personengebunden. Da dürfe das Stadtticket keine | |
Ausnahme machen. Und ebenso wie die Finanzierung der Normal-Monatstickets – | |
das gegenwärtig 56,70 Euro kostet – regelmäßige Preissteigerungen | |
erfordere, müsse auch das Stadtticket sukzessive verteuert werden. | |
Angesichts der zu erwartenden weiteren Nutzungszuwächse sei das Angebot | |
sonst nicht weiter zu finanzieren. | |
Diese Argumentation blendet freilich aus, dass eine bessere Auslastung des | |
ÖPNV dessen Rentabilität steigert. Denn auch Stadtticket-Nutzer, für die ja | |
keine zusätzlichen Fahrzeuge bereit gehalten werden, tragen durchaus zum | |
Kostendeckungsgrad bei. Zudem bleibt unbeachtet, dass die für Mobilität | |
vorgesehenen Regelbedarfe keineswegs in dem Maß angehoben werden, wie die | |
BSAG mit ihren Preisen anzieht. Mit anderen Worten: Auch mit dem | |
Stadtticket öffnet sich die Mobilitäts-Schere weiter. | |
16 Feb 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bsag.de/10293.php | |
[2] http://www.bauumwelt.bremen.de/sixcms/media.php/13/18_344_S_StadtTicket_End… | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
## TAGS | |
Senat Bremen | |
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