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# taz.de -- Norwegischer Ex-Soldat im Kongo: Albtraum im Militärknast
> Ein bereits zu vierfacher Todesstrafe verurteilter Norweger bekommt in
> Kinshasa zusätzlich Lebenslänglich. Prozess und Haftbedingungen sind
> absurd.
Bild: Joshua French vor dem Militärgericht in Kinshasa.
KINSHASA taz | Mit leerem Blick wird Joshua French in den Gerichtssaal im
Militärgefängnis geführt. Erst als er seine Mutter in den Zuschauerreihen
erblickt, zeigt sich eine Regung in seinem Gesicht. Der 32-jährige Norweger
sitzt seit fünf Jahren in Kongos Kerkern. Der ehemalige Soldat und private
Sicherheitswachmann war gemeinsam mit seinem Freund Tolstov Moland 2009 im
Ostkongo verhaftet worden.
Ein Gericht hatte sie wegen Mordes, versuchten Mordes und Spionage
verurteilt: French erhielt die vierfache Todesstrafe, Moland fünffach. Die
Todesstrafe wird im Kongo seit Ende des Krieges nicht mehr vollstreckt.
Seitdem saßen die beiden also in Haft.
Moland, schwer krank und psychisch gestört, wurde vergangenen August in der
gemeinsamen Zelle im Militärgefängnis Ndolo in Kinshasa von French tot
aufgefunden. Er hatte sich mit einer Kordel erhängt, so der Anschein. Ein
Team kongolesischer und norwegischer Forensiker konnte keine Spuren von
äußerer Gewalt feststellen. Dennoch wurde French des Mordes an seinem
Freund angeklagt. Im Januar begann der Prozess.
Frenchs Verteidigung argumentiert, der Norweger sei psychisch krank und
daher nicht zurechnungsfähig. Drei verschiedene Ärzte diagnostizierten in
der Anhörung am Montag bei ihm extreme Selbstmordgefahr. Bedingt durch
posttraumatischen Stress und Psychose habe er bereits mehrfach seine
Arterien aufgeschnitten, das Wort „HELP“ habe er in seinen Unterarm
geritzt. Auch Selbstkastration habe er zweifach versucht. Die Empfehlung
des kongolesischen sowie des norwegischen Psychiaters: French muss dringend
in eine überwachte Einrichtung eingewiesen und medikamentös behandelt
werden.
## Schlafende Anwälte
Doch all das interessiert das Gericht nicht. Die Militärstaatsanwälte
schlafen bei der Aussage der Ärzte auf den Plastiksesseln, der
Militärrichter surft mit seinem Handy im Internet. Frenchs Mutter, Kari
French, wirkt aufgelöst. Seit Jahren bringt sie ihrem Sohn täglich Essen,
wäscht seine Kleidung, redet ihm gut zu. „Er sitzt nicht einmal mehr in
einer Zelle, sondern schläft im Korridor und hat keinen Zugang zu einer
Toilette“, klagt sie.
Sie hofft, auf diplomatischem Wege erwirken zu können, dass ihr Sohn seine
Haftstrafe in Norwegen absitzen kann. „Die erneute Anklage hat alle
diplomatischen Lösungen zunächst auf Eis gelegt“, sagt Frenchs norwegischer
Anwalt, Hans Graasuold.
Die Geschichte der beiden Norweger klingt wie ein Abenteuerroman. Die
beiden Draufgänger und Exmilitärs hatten 2008 in Uganda eine private
Sicherheitsfirma gegründet. Sie trainierten Ugander für Einsätze in Irak.
Sie boten ihre Dienste auch dem damaligen Rebellenchef Laurent Nkunda im
Ostkongo an. Auf dem Weg zu ihm gerieten sie nahe der ostkongolesischen
Stadt Kisangani in einen Hinterhalt, so ihre Aussage. Dabei sei ihr lokaler
Fahrer erschossen worden. Die Anklage warf ihnen vor, den Fahrer getötet zu
haben. Die Beweise waren überwältigend: Sie hatten mit ihrem Handy gefilmt,
wie sie lachend ihren Geländewagen vom Blut säubern. Sie wurden verurteilt.
Bereits der damalige Prozess war hochpolitisch. Kongos Regierung forderte
60 Millionen Dollar Entschädigung – einen symbolischen Dollar pro Einwohner
Kongos. „Man kann nur hoffen, dass dies nicht repräsentativ für Kongos
Rechtssystem ist“, sagt Anwalt Graasuold. Am Mittwoch hat das
Militärgericht in Kinshasa French des Mordes an Moland schuldig gesprochen.
Lebenslange Haft lautet das Urteil. Er soll zudem 50.000 Dollar
Gerichtskosten bezahlen. Eine medizinische Verlegung, wie die Ärzte es
empfahlen, wurde abgelehnt.
20 Feb 2014
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Kongo
Kinshasa
Norwegen
Todesstrafe
Kongo
Ruanda
FDLR
Ostkongo
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