# taz.de -- Machtwechsel in der Ukraine: Haftbefehl gegen Janukowitsch | |
> Gegen den abgesetzten Präsidenten Janukowitsch ist Haftbefehl erlassen | |
> worden. Ein CSU-Abgeordneter lehnt vorsichthalber einen EU-Beitritt des | |
> Landes ab. | |
Bild: Wird gesucht: Der abgesetzte Präsident Viktor Janukowitsch. | |
KIEW afp/ap | Gegen den abgesetzten Präsidenten der Ukraine, Viktor | |
Janukowitsch, ist Haftbefehl erlassen worden. Der Innenminister der | |
Übergangsregierung, Arsen Awachow, teilte am Montag über das soziale | |
Netzwerk Facebook mit, Janukowitsch werde wegen Massenmordes gesucht. | |
Er sei am Sonntag auf der Krim eingetroffen und halte sich an einem | |
unbekannten Ort auf. Janukowitsch war am Freitag in den Osten des Landes | |
geflohen und untergetaucht. Am Wochenende versuchte er, das Land mit einem | |
Flugzeug zu verlassen, wurde aber von Grenzbeamten gestoppt. | |
Nach dem erzwungenen Machtwechsel in der Ukraine kämpft die neue | |
Staatsführung gegen den offenbar drohenden Staatsbankrott. Das | |
krisengeschüttelte EU-Nachbarland sei infolge der dreimonatigen Tumulte „am | |
Rande einer Zahlungsunfähigkeit“ angelangt, erklärte Übergangspräsident | |
Alexander Turtschinow am Sonntagabend. Während das ukrainische Parlament am | |
Montag über die Bildung einer neuen Regierung beraten soll, laufen die | |
Bemühungen des Westens an, den Ausfall russischer Finanzhilfen zu | |
kompensieren. | |
US-Finanzminister Jacob Lew machte beim G-20-Finanzministertreffen im | |
australischen Sydney „breite Unterstützung“ für ein internationales | |
Hilfspaket für Kiew aus. Nach der Bildung einer Übergangsregierung könnten | |
IWF-Mittel ausgeschüttet werden, um „die Ukraine bei der Rückkehr zu | |
Demokratie, Stabilität und Wachstum zu unterstützen“ - und die Folgen | |
überfälliger Wirtschaftsreformen besonders für Geringverdiener abzumildern, | |
wie aus US-Delegationskreisen verlautete. | |
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will am Montag in Kiew über | |
Brüsseler Starthilfe bei der politischen und wirtschaftlichen | |
Stabilisierung des Landes Gespräche führen. Bundesaußenminister | |
Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vorab, dass eine zahlungsunfähige | |
Ukraine sowohl für die EU als auch Russland zur Belastung werden könne. | |
Unterdessen meldete sich der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber zu Wort. | |
Er sehe derzeit keine Perspektive für einen Beitritt des Landes zur | |
Europäischen Union. „Eine Vollmitgliedschaft gehört nicht auf die | |
Tagesordnung und ist auch nicht im Angebotskasten“, sagte der Vorsitzende | |
der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament der Augsburger Allgemeinen vom | |
Montag. Die Ukraine sei „weit davon entfernt“, die Kriterien für einen | |
Beitritt zu erfüllen. | |
## Russland legte Milliardenkredite auf Eis | |
Nach den monatelangen Massenprotesten, die am Samstag in der Absetzung von | |
Präsident Viktor Janukowitsch gipfelten, ist die Ukraine in akuter | |
Finanznot. Russland hatte Kiew zwar Milliardenkredite zugesagt, nach einer | |
ersten Auszahlung aber weitere Tranchen wegen der Turbulenzen in der | |
Ukraine auf Eis gelegt. Besserung ist nicht in Sicht: Das russische | |
Außenministerium kritisierte die „Machtergreifung“ der Opposition in Kiew | |
und ließ den russischen Botschafter zu Konsultationen zurückbeordern. | |
Tatsächlich muss die Ukraine dieses Jahr fast 13 Milliarden Dollar (9,5 | |
Milliarden Euro) an Schuldenzahlungen leisten - Geld, welches das Land | |
nicht hat. Der neue Übergangspräsident Turtschinow beschuldigte seinen | |
inzwischen untergetauchten Vorgänger Janukowitsch und dessen Regierung in | |
seiner Ansprache an die Nation, das Land ruiniert zu haben. Die Ukraine sei | |
zwar bereit für einen Dialog mit Russland, die europäische Integration aber | |
eine Priorität. | |
Die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, riet im | |
Kölner Stadt-Anzeiger dazu, ein Hilfspaket für die Ukraine nicht mit allzu | |
harten Bedingungen zu verknüpfen und so „noch größere Frustrationen“ im | |
Land auzulösen. | |
Der Osteuropa-Beauftragte der Bundesregierung warnte indes davor, die | |
freigelassene ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko als | |
Heilsbringerin zu betrachten. „Sie ist eine charismatische Figur, aber auch | |
eine Scharfmacherin“, sagte Gernot Erler (SPD) der Welt. Dass Timoschenko | |
möglicherweise „sofort die Oppositionsführung übernehmen will“, könne d… | |
heterogene Lager der Janukowitsch-Gegner vor Probleme stellen. | |
24 Feb 2014 | |
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