# taz.de -- Aus für den Deutschen Fernsehpreis: Mehr als ein Reförmchen | |
> Im Herbst wird der Deutsche Fernsehpreis zum vorerst letzten Mal | |
> verliehen. Seine Zukunft ist ungewiss, dabei füllte er eine große Lücke. | |
Bild: Enervierend uninspiriert und lustlos: Moderatorenduo Cindy aus Marzahn (l… | |
Es ist ein Ende ohne Schrecken. In seiner bisherigen Form wird den | |
Deutschen Fernsehpreis, der Anfang Oktober 2014 zum vorerst letzten Mal | |
verliehen wird, niemand vermissen – weder die vier Stifter noch die kaum | |
mehr als fünf Zuschauer – 960.000 im vergangenen Jahr. Die von Sat.1 | |
ausgerichtete Gala 2013 wird als Sargnagel in die Geschichte des seit 1999 | |
von ARD, ZDF, RTL und ProSiebenSat.1 verliehenen Preises eingehen. | |
Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher moderierten enervierend uninspiriert | |
und lustlos, der Lebenswerkpreis ging mangels Alternativen im Sat.1-Umfeld | |
an den „Bullen von Tölz“ Ottfried Fischer, in der Kategorie „Bestes | |
Dokutainment“ siegte „Auf der Flucht. Das Experiment“ (ZDFneo) gegen | |
„Berlin – Tag und Nacht“ (RTL 2). | |
Der Deutsche Fernsehpreis war immer ein Spagat – der Versuch der Versöhnung | |
von populärem mit anspruchsvollem Fernsehen, Privaten mit | |
Öffentlich-Rechtlichen. Spätestens mit der Einführung neuer Preiskategorien | |
(wie „Bestes Dokutainment“) als Zugeständnis an die Privaten und die damit | |
verbundene Abschaffung der Gewerke-Kategorien 2010 geriet der Spagat zur | |
Zerreißprobe. Aus Protest gründete sich die Deutsche Akademie für | |
Fernsehen, die 2013 zum ersten Mal einen eigenen Preis vergab. | |
Die Stifter haben nun, wie das Ständige Sekretariat des Fernsehpreises am | |
Samstag mitteilte, den Gesellschaftervertrag fristgerecht gekündigt und | |
wollen es diesmal nicht bei einem Reförmchen bewenden lassen. Man sei „sich | |
einig, dass es weiterhin eine Form geben soll, in der hervorragende | |
Leistungen für das Fernsehen gewürdigt werden können“, heißt es in einer | |
Pressemitteilung, „Die Stifter wollen die Zeit bis zur Preisverleihung 2014 | |
nutzen, Alternativen zum bisherigen Konzept zu entwickeln und zu prüfen.“ | |
Nichts Genaues weiß man nicht. | |
## Mehr Preise für die Privaten | |
Dass die Privatsender die ersten Abtrünnigen waren, ist kein Zufall. Für | |
ihre Beteiligung an der jedes Jahr etwa 2 Millionen Euro teuren Show | |
erwarteten sie schlicht mehr Preise: 2013 gewannen sie noch nicht mal | |
„Bestes Dokutainment“, sondern genau einen Preis, für „Got To Dance“ | |
(ProSieben/Sat.1) in der Kategorie „Beste Unterhaltung“. | |
„Beim Fernsehpreis kam zusammen, was nicht zusammengehörte“, schreibt der | |
Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe in einer Abrechnung mit dem „Oscar von | |
Ossendorf“. „Auf der Bühne wurden große Schauspieler wie Matthias Brandt | |
und Götz George geehrt, im Publikum saßen Jenny Elvers und Sylvie van der | |
Vaart.“ | |
Dabei ignoriert das Hamburger Nachrichtenmagazin, dass gerade darin das | |
Alleinstellungsmerkmal des Deutschen Fernsehpreises besteht: dass hier | |
öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen überhaupt miteinander in | |
Berührung kommen, Privatsender eben nicht de facto ausgeklammert werden | |
(können) wie beim Grimme-Preis und Bayerischen Fernsehpreis. Die mit | |
Journalisten und Branchenvertretern besetzte Jury gibt sich große Mühe, | |
gutes Fernsehen auch jenseits der üblichen Verdächtigen zu finden. Auch | |
wenn im Detail nicht jede Preisentscheidung gefällt, ist dies zweifellos | |
eine Leistung, die angesichts eines inflationären Preisbashings zuletzt | |
leider zu wenig Beachtung fand. | |
## Grimme-Preis mit unsicherer Zukunft | |
Klar ist: Das deutsche Fernsehen braucht keinen Preis, über den sich bei | |
der Aftershowparty alle geladenen Gäste das Maul zerreißen. Was es aber | |
braucht, ist ein Forum, in dem Programmqualität über Systemgrenzen hinweg | |
diskutiert und definiert wird. Eine Rückkehr zu getrennten Preisen wäre | |
also ein Rückschritt, den zumindest ZDF-Intendant Thomas Bellut | |
ausschließt: „Es macht keinen Sinn, dass jetzt etwa die | |
öffentlich-rechtlichen Sender allein einen eigenen Preis ausrichten.“ | |
Neben dem Deutschen Fernsehpreis steht übrigens auch der noch stärker von | |
den Öffentlich-Rechtlichen dominierte Grimme-Preis vor einer ungewissen | |
Zukunft: Im April wird er zum 50. Mal verliehen, und noch immer ist völlig | |
unklar, wer dem langjährigen Leiter Ulrich Spies nachfolgt, der nach der | |
diesjährigen Preisverleihung, seiner 33., in Rente geht. | |
So ganz ohne Schrecken ist das vorläufige Ende des Deutschen Fernsehpreises | |
also doch nicht. Es ist Teil einer Zeit des Umbruchs für | |
Fernsehauszeichnungen. Hoffentlich folgt aus den Diskussionen über die | |
Preise mehr differenzierte Auseinandersetzung mit Programminhalten als | |
weniger. | |
24 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
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