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# taz.de -- Verleihung Deutscher Fernsehpreis 2012: Rentnerfernsehen, hihi
> Bei der Gala zum Deutschen Fernsehpreis gibt sich das ZDF selbstironisch.
> Betroffen macht Dirk Bachs Tod – und die Würdigung von Frank Elstner.
Bild: Eine Moderatorin erinnert beim Deutschen Fernsehpreis mit einem Aufkleber…
KÖLN taz | Zuerst die gute Nachricht: Das ZDF hat die Selbstironie für sich
entdeckt. Und jetzt die schlechte: Das ZDF hat die Selbstironie für sich
entdeckt. Denn wie ein Kind, das stolz wie Bolle ein neues Spielzeug
herumzeigt, wurde diese Errungenschaft bei der in diesem Jahr von dem
Mainzer Sender ausgerichteten Verleihung des Deutschen Fernsehpreises
gefeiert, als markiere alleine sie schon eine Zeitenwende.
Nur macht es das seniorenaffine ZDF-Hauptprogramm kein Stück besser, wenn
die Macher darüber Witze reißen. Der Selbstekel hat lediglich ein neues
Ventil gefunden. Fruchtbar wird Selbstironie erst, wenn den Witzen auch
Taten folgen, sie Veränderungen im Programm anstößt.
Coloneum, Köln-Ossendorf, Dienstagabend: In einem Einspieler der Gala
taucht nach einem Wortgefecht der an den „Tatort“ gerufenen Kommissarinnen
Daniela Katzenberger und Renate Künast, beide begnadet verkörpert von
Martina Hill, plötzlich der „SOKO Leipzig“-Ermittler, gespielt von Marco
Girnth, auf und beschlagnahmt die Leiche. „Weil wir die noch brauchen. Beim
ZDF gilt der noch als Zuschauer.“ Später kommt Moderator Oliver Welke auf
den heftig kritisierten ZDF-Fußballstrand auf Usedom zu sprechen und
verspricht für die Fußball-WM 2014 in Brasilien: „Natürlich sendet das ZDF
von Spiekeroog.“
Solche Witzeleien reichten, um diese Verleihung positiv von vielen
vorangegangenen abzuheben. „Das ist der lustigste Fernsehpreis, den ich
jemals mitgemacht habe“, sagte Gala-Veteran Klaas Heufer-Umlauf (29), als
er gemeinsam mit Moderationspartner Joko Winterscheidt den Preis in der
Kategorie Besondere Leistung Unterhaltung entgegen nahm. In der Kategorie
„Beste Unterhaltung“ allerdings unterlagen die beiden mit ihren Shows bei
ProSieben und ZDFneo der ProSieben/Sat.1-Castingshow „The Voice of
Germany“.
## „Wir alle sind Fernsehen“
An den Eklat von 2010, als die nicht so glamourösen Kategorien wie
Drehbuch, Regie, Kamera, Ausstatter oder Cutter einer Reform des
Fernsehpreises zum Opfer fielen, erinnerte nur der als „Bester
Schauspieler“ ausgezeichnete Wotan Wilke Möhring in seiner Dankesrede, als
er kritisierte, dass „so viele unterschiedliche Formate in eine Kategorie
gepresst“ werden.
Dieses Anerkennungsdefizit möchte die als Reaktion auf diese Formatierung
gegründete Deutsche Akademie für Fernsehen ab 2013 mit der Verleihung
eigener Preise „für kreative Einzelleistungen“ in etwa 15 Kategorien
ausgleichen, wie Produzent Gerhard Schmidt und Regisseur Stephan Wagner bei
einer Pressekonferenz am Vormittag ankündigten. Als Gegenveranstaltung
möchten sie ihren Preis aber nicht verstanden wissen. „Denn wir alle sind
Fernsehen“, sagte Wagner.
Statt der „Wir sind preiswert“-Buttons, mit denen viele Kreative vor zwei
Jahren ihrem Ärger Luft gemacht hatten, trugen Annette Frier, Dietmar Bär
und andere der 1.200 Gäste am Dienstag „Danke, Dirk“-Sticker in Gedenken an
den am Vortag tot aufgefundenen Comedian Dirk Bach. Angenehm unsentimental
würdigte Moderator Welke den Kölner als „größten kleinen dicken Mann, den
wir je hatten“. Sein Tod sei „ein Verlust, den man gar nicht kompensieren
kann – künstlerisch nicht und menschlich schon gar nicht. Tschüss, Dicki!“
Betroffenheit kam auch bei der Verleihung des Ehrenpreises an „Wetten, dass
..?“-Erfinder Frank Elstner auf – was sowohl an dem rüstigen 70-Jährigen
lag als auch an Laudator Norbert Blüm: Sätze wie „Frank, du bist ein
Menschenfreund, weil du die Menschen gern hast“ waren eher Strafe denn
Auszeichnung. In seiner Dankesrede drohte Elstner, dessen unbestrittene
Verdienste um das deutsche Fernsehen schon einige Jahrzehnte zurückliegen,
trotz Preis für sein Lebenswerk, weitermachen zu wollen. Spätestens da
bekam man Mitleid mit einem alten Mann, der von einer Welt nicht lassen
kann, die längst nicht mehr seine ist.
3 Oct 2012
## AUTOREN
David Denk
## TAGS
Grimme-Preis
Deutscher Fernsehpreis
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