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# taz.de -- Nachruf auf Dirk Bach: Der Ernstzunehmende
> Dirk Bach ist mit vielen Attributen zu charakterisieren – vor allem eines
> war er aber nicht: schrill. Allenfalls in den Augen der anderen.
Bild: Eine Bühnensau, aber kein Paradiesvogel: Dirk Bach, starb am Montag in B…
Es war in diesem Herbst vor neun Jahren, da gastierte er in Berlin, von dem
er sagte, das es für „einen Jungen wie ich einer bin viel zu groß ist“. Er
spielte in einem Stück, das der Dramaturg Klaus Chatten ihm fast auf den
Leib geschneidert hat: „Klassentreffen“.
Alles in allem ein Boulevardstück perfekt für das Westberliner
Kudammpublikum – aber Dirk Bach gab schon der Premiere einen Swing aus
freundlicher Traurigkeit und kühler Konsequenz, dass er hernach mit Beifall
nachgerade überschüttet wurde. Und er plantschte in dieser Gunst, Dirk
Bach, der Mann mit dem großen Bauch, wusste offenbar seine Zuschauer zu
verführen.
Schrill hieß man ihn, grell – und nichts wäre zur Charakterisierung seiner
Person falscher als eben dies. Eine Person, die schrill ist – das kann kein
Mann sein. Dirk Bach wusste um diese freundliche Entmannung seiner Art –
mit ihm nahm man seine Homosexualität hin, man sah sie ihm nach. Weil er
doch, ich erinnere mich genau an den Kommentar einer Frau aus der fünften
Reihe, so ein Netter, so ein Lustiger sei.
Ja, Dirk Bach, soweit man dies ersehen konnte, soweit dies seine
KollegInnen ihm in aller Trauer nachsagen, war auch lustig. Kein fieser
Sarkast, kein Zyniker – für beide Haltungen hätte er Momente des Bösen
verströmen wollen. Wollte er aber nie. Dirk Bach gab in Chattens
Theaterstück den Mann, der als Schüler irgendwie Außenseiter war – der
Unterschied zum jungen Bach war und ist nur der, dass der erwachsene Bach
sich nie selbst zu befreien hatte. [1][Heike-Melba Fendel schreibt das über
ihn, den ehemaligen Klassenkameraden], dass Bach nie auch nur ein bisschen
anders war als so, wie er es zu sein beanspruchte – und war.
Er war der Junge, den seine Eltern liebten und die von ihm keine Tugenden
als Sohn abforderten, die auf ein erzieherisches Abhärtungs-, Zucht- wie
Züchtigungsprogramm hinausliefen. Dirk Bach war insofern ein schwuler
Junge, ohne dass ihm das je ein Problem war. Wozu auch? Nach dem, was enge
Freunde von ihm sagen, war es doch so: Wer Eltern wie Dirk Bach hat, muss
nicht fürchten, ein anderer sein zu müssen als jener, der in einem steckt.
Auf der Premierenfeier fragte ich ihn, wie er denn dazu stehe, als
Homosexueller heiraten zu können. Er meinte lachend, na, das ginge ja noch
nicht – noch hieße das Verpartnerung. Und er lehne für die Besiegelung
einer Liebesbeziehung „in guten wie in schlechten Zeiten“ eine solche
Bezeichnung ab. Verpartnerung - „das ist was für Anwaltskanzleien“.
Bach und sein Lebensgefährte schworen einander zu heiraten, wenn es möglich
ist, das so zu tun, wie das Heterosexuelle auch dürfen. „Nein, ich
unterstütze jede Forderung nach Ehe für Lesben und Schwule“ - er zählte
neben seiner Freundin Hella von Sinnen zu den wichtigsten Promotoren jeder
Kampagne, die für Homosexuelle gleiche Rechte einfordert. „Ich will
heiraten mit allem, was dazu gehört. Blumen, Musik – mit allem Trara, auf
dass die Tränen der Freude fließen.“
Dirk Bach hatte sich in den vergangenen Wochen in Berlin auf ein
Theaterstück vorbereitet, „Kleiner König im Dezember“ - als er zu den
Proben nicht auftauchte, war man alarmiert. Dirk Bach war ein pünktlicher,
krass disziplinierter Bühnenarbeiter. Man fand ihn schließlich leblos in
seinem Appartment. Im Internet finden sich tausende von
Beileidsbekundungen, bei seinem Heimatsender RTL trauert man um einen der
wichtigsten Kollegen. Was hat er nicht alles gemacht: das Dschungelcamp,
Kinderhörbücher, Theater mit Heiner Müller, Auftritte in New York, Utrecht,
Brüssel, London und Wien. Und immer wieder Köln, das er liebte, wo er in
Walter Bockmayers „Geierwally“ brillierte, viele Hundert Abende lang.
Dirk Bach war eine Bühnensau, und das möchte bitte unbedingt als Kompliment
verstanden werden. Nur: Schrill war er nicht. Allenfalls in den Augen der
anderen. Würde man ihn einen Ernstzunehmenden bezeichnen, einen, der das
Leben als dauernden Ernstfall nimmt und nicht als nörgelnde
Dauergeneralprobe, deren Premiere irgendwann mal anstehen könnte: Dann läge
man richtig. Dirk Bach war die beste Wahl als Nachfolger von Thomas
Gottschalk, auf die das ZDF nie kam. Diesem Sender reichte der flüchtige
Augenschein so wie den meisten anderen.
Für die Mainzer Mainstreammacher war Dirk Bach der Frontmann einer
Comedyserie, aber nicht der Präzeptor eines anspruchsvollen
Kasperletheaters, der er hätte sein können – zumal im Fernsehen, wo ohnehin
alle Rollen von Moderatoren auf diesen Inhalt hinauslaufen müssen. Bach,
der glücklich war über jeden CSD, die in Köln, vor allem jene in kleinen
Städten, ist ein Charakterschauspieler sondergleichen – gewesen. Man muss
ihn, auch jene, die in ihm lediglich einen Paradiesvogel erkennen wollten,
vermissen.
2 Oct 2012
## LINKS
[1] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/zum-tod-von-dirk-bach-immer-we…
## AUTOREN
Jan Feddersen
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