| # taz.de -- Kampf um Öl in Libyen: Regierung droht mit Gewalt | |
| > Die Besetzer eines Ölterminals in Ostlibyen wollen einen saudischen | |
| > Tanker unter nordkoreanischer Flagge beladen. Das Militär soll das | |
| > verhindern. | |
| Bild: Der Tanker „Morning Star“ vor dem Ölterminal Al Sidra. | |
| TRIPOLIS taz | Der Streit um einen unter nordkoreanischer Flagge fahrenden | |
| Öltanker vor der Küste Ostlibyens hat zu einer Eskalation im schwelenden | |
| Konflikt über besetzte Ölterminals geführt. Die angeblich 350.000 Tonnen | |
| fassende „Morning Star“ machte am Wochenende an dem Ölterminal al-Sidra | |
| fest, das von der Föderalistenbewegung um Ibrahim Jatran kontrolliert wird. | |
| Um ihre Forderungen nach mehr Autonomie und gerechterer Verteilung der | |
| Ölvorräte durchzusetzen, blockieren Jatrans Männer seit einem halben Jahr | |
| mehrere Ölhäfen in der östlichen Provinz Cyreneika. | |
| „Bewaffnete zwangen die Hafenarbeiter am Sonntagmorgen, das Schiff | |
| festzumachen und zu beladen“, sagte Mohammed al-Harari, der Sprecher der | |
| staatlichen Ölfirma NOC. Für die Regierung ist der Verkauf des Öls durch | |
| Föderalisten illegal. Das Verteidigungsministerium autorisierte am Sonntag | |
| das Militär, das Beladen des Tankers auch unter Einsatz von Gewalt zu | |
| verhindern. | |
| ## Piloten befürchten Umweltkatastrophe | |
| Auf einer Pressekonferenz berichtete Premierminister Ali Seidan, dass sich | |
| auf dem Schiff eines saudischen Geschäftsmanns ebenfalls Bewaffnete | |
| befänden. Sie hätten den Kapitän daran gehindert, nach einer Warnung der | |
| Marine abzudrehen. | |
| Der Premierminister der selbst ernannten Cyreneika-Bewegung, Abd Rabbo | |
| Barassi, zeigte sich entrüstet über die angedrohte Gewalt. „Wir bedrohen | |
| niemanden und erfüllen lediglich geschlossene Verträge“, versuchte er die | |
| brenzlige Situation herunterzuspielen. | |
| Die Piloten der Luftwaffe sind offensichtlich nicht bereit, einem | |
| Angriffsbefehl zu folgen, da sie eine Umweltkatastrophe und den Tod | |
| Unschuldiger befürchten, wie einer ihrer Sprecher sagte. Auch der | |
| Oberbefehlshaber der Armee weigert sich, Befehle der Regierung auszuführen. | |
| ## Wunsch nach Dezentralisierung | |
| Hintergrund des Streits um den saudisch-nordkoreanischen Tanker ist der | |
| Wunsch vieler Bürger in Ostlibyen nach mehr Mitbestimmung und | |
| Dezentralisierung des 42 Jahre von Muammar al-Gaddafi mit eiserner Hand | |
| geführten Staates. Mit dem Mantra, „Tripolis bestimmt alles und ist | |
| korrupt“, gelang es dem 33-jährigen charismatischen Jatran, aus Bewachern | |
| der Ölhäfen eine Besetzertruppe zu machen. | |
| Anfänglich stand die von Anschlägen zermürbte Bevölkerung in Bengasi den | |
| Föderalisten skeptisch gegenüber. Doch das aggressive Auftreten der | |
| militanten Islamisten und deren vermeintlichen Unterstützer im Kongress | |
| ermöglichte es Jatran, eine Stammesallianz zu schmieden. | |
| ## Ein loses, aber breites Bündnis | |
| Im Januar scheinen sich auch Luftwaffeneinheiten und der Chef der | |
| Landstreitkräfte dem losen Bündnis angeschlossen zu haben. Zur | |
| Schlüsselfigur entwickelt sich dabei General Khalifa Hafter, dessen | |
| Putschversuch gegen den mehrheitlich religiös-konservativen Kongress | |
| zunächst belächelt wurde. In einem YouTube-Film erklärte er im Januar die | |
| Kongress-Abgeordneten für abgesetzt. | |
| Doch es passierte nichts. Die Freude der Islamisten, die ein ägyptischen | |
| Putschszenario befürchteten, kam eventuell zu früh. Nun tourt Hafter durch | |
| Libyen, spricht auf Marktplätzen und scheint immer mehr Anhänger zu | |
| gewinnen. | |
| „Nach drei Jahren Chaos sehen sich die Libyer nach klaren politischen | |
| Verhältnissen und einer Führungsfigur. Mit den religiösen Extremisten und | |
| ehemaligen revolutionären Milizen kam das Chaos, kein Neuanfang“, sagt der | |
| Journalist Mohammed Khatali aus Bengasi. | |
| 10 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Mirco Keilberth | |
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