| # taz.de -- Kein Bock aufs Turbo-Abi: Die Verfechter der alten Langsamkeit | |
| > Nur das neunjährige Gymnasium bildet, sagen Eltern und Lehrer. Sie | |
| > fordern die Rückkehr zu G 9. Im Osten sieht man keine Probleme. | |
| Bild: Schulbetrieb entschleunigen: zurück zur Schiefertafel. | |
| BERLIN taz | Schwarz-weiß denkend, mit extremistischen Neigungen und | |
| kulturell ungebildet, so muss man sich ostdeutsche Abiturienten vorstellen. | |
| Diese Attribute führen jedenfalls die Kritiker der verkürzten | |
| Gymnasialzeit, des sogenannten G 8, gegen das Turbo-Abi an. Während das | |
| Abitur nach Klasse 12 im Osten Usus ist, geht der Trend in den alten | |
| Bundesländern längst wieder zum 13. Schuljahr, zum G 9. | |
| Dafür sorgen Bürger- und Elterninitiativen, die ihrer Forderung nach noch | |
| rascherer Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium am Donnerstag in Berlin | |
| kollektiv Nachdruck verliehen. Die Gymnasialzeit war vor gut 10 Jahren in | |
| den meisten Bundesländern um ein Jahr gekappt worden, und zwar weniger aus | |
| pädagogischen denn aus finanziellen Erwägungen. | |
| Eine Reform, die aus Sicht der G-8-Kritiker „flächendeckend gescheitert | |
| ist“. Die nach Berlin angereisten Oberstudienrätinnen, | |
| Gymnasialelternsprecher und Psychologinnen beklagen vor allem die hohe | |
| Stofffülle und Unterrichtszeiten bis in den Nachmittag. „Die Kinder sind | |
| gestopft worden und nicht gereift“, sagte Karin Hechler vom Frankfurter | |
| Schillergymnasium, eines der ersten Gymnasien, die in Hessen zum G 9 | |
| zurückkehren. Diese Wahlfreiheit soll nach einem Gesetzentwurf den die | |
| regierenden Fraktionen von CDU und Grünen in dieser Woche in Hessen | |
| einbrachten, ausgeweitet werden. | |
| „Fantasie und Kreativität“ blieben wegen des hohen Schulpensums auf der | |
| Strecke, beklagte Mareile Kirsch von der Hamburger Volksinitiative | |
| G-9-Jetzt. Das SPD-regierte Hamburg hält genau wie das CSU-geführte Bayern | |
| am achtjährigen Gymnasium fest. | |
| ## Volksbegehren für die Wahlfreiheit | |
| Im Norden wie im Süden wird es daher im Sommer zu Volksbegehren kommen. | |
| Dafür haben in Hamburg 17.000 und in Bayern 27.000 Menschen unterschrieben. | |
| Man sei sehr zuversichtlich, die für ein erfolgreiches Volksbegehren | |
| nötigen eine Million Unterschriften zusammenzubekommen, sagte Michael | |
| Piazolo von den freien Wählern. „Entweder die Regierung bewegt sich, oder | |
| wir bewegen sie.“ | |
| CSU-Kultusminister Ludwig Spaenle gibt sich zwar vordergründig | |
| kompromisslos: „Eine Rückkehr zum klassischen G 9 wird es in Bayern nicht | |
| geben“, sagte er am Donnerstag in kleiner Runde, hält aber konziliant | |
| bereits die Tür auf: „Das G 9 und das G 8 für alle sind überholt.“ | |
| In den ostdeutschen Ländern sorgt das Thema dagegen kaum für Aufregung. | |
| „Wir fahren mit G 8 sehr gut“, sagt Gerd Schwinger, Sprecher des | |
| SPD-geführten Thüringer Bildungsministeriums. In Thüringen und Sachsen | |
| wurde das in DDR-Zeiten übliche Abitur nach 12 Jahren nie abgeschafft, | |
| dennoch besuchen heute auch hier über 40 Prozent der Schüler Gymnasien. | |
| Gelassen beobachten auch Gesamtschulvertreter die Debatte um die Rückkehr | |
| zum G 9. In den meisten Bundesländern dürfen Schulen dieses Typus das | |
| Abitur nach Klasse 13 anbieten, was für Eltern zunehmend ein Argument war, | |
| ihre Kinder dort statt auf dem Gymnasium anzumelden. Er glaube nicht, dass | |
| nun die Schülerzahlen einbrechen, meint Michael Hüttenberger, | |
| Geschäftsführer der Gesamtschulgesellschaft „Es ist inzwischen im | |
| Bewusstsein, dass an unseren Schulen individualisiert gelernt statt | |
| unterrichtet wird.“ An Gymnasien sei das oft nicht der Fall. | |
| 14 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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