# taz.de -- Tanztheater in Bremen: Die freie Szene und der Glamour | |
> Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen begeistern mit ihrer letzten | |
> Tanztheater-Show „Not Punk, Pololo“, einem internationalen Potpourri aus | |
> Sex, Punk, Pop und Pololo. | |
Bild: Der Lärm, die Einfachheit der Straße auf der Bühne. | |
BREMEN taz | Mit der Tanztheater-Show „Not Punk, Pololo“ feiern Monika | |
Gintersdorfer und Knut Klaßen am Schauspielhaus ihre zweite Premiere in | |
dieser Spielzeit. Gleichzeitig ist dies auch ihre letzte Inszenierung als | |
Artists in Residence am Theater Bremen. Dank der Kulturstiftung des Bundes, | |
die mit ihrem Fonds „Doppelpass“ die freie Szene stärker an die Stadt- und | |
Staatstheater binden will, konnten sie über zwei Spielzeiten hier | |
inszenieren. | |
Während sie leichtfüßig zu treibenden Beats tanzt, erklärt eine | |
Darstellerin: „Bei elektronischer Musik ist es ganz einfach: Entweder du | |
bist drin, oder du bist draußen!“ Mit einer energischen Melange aus Techno, | |
Pop, Punk, Pololo und Dancehall reißt das 18-köpfige Tanzensemble das | |
Publikum im Kleinen Haus ab dem ersten Song mit. | |
Die Tanz- und Musikstile prallen schonungslos aufeinander: gebetshafter | |
Singsang folgt auf Clubsounds. Ted Gaiers E-Gitarre im Stile der Goldenen | |
Zitronen wird von einem vor Melancholie triefenden Monolog abgelöst. | |
Elektronische Popmusik aus den Synthesizern durchzieht die Show. | |
John Pololo, ein legendärer Gangster von der Elfenbeinküste, prägte in den | |
1980er-Jahren den gleichnamigen Musikstil, der laut Monika Gintersdorfer | |
„Wehrhaftigkeit und Glamour“ vereint. Ebenso wenig wie die Musik folgen die | |
Kostüme einer einheitlichen Linie. | |
Vom Sexobjekt der Dancehall, über biedere Shorts und die Hip-Hop-Kluft | |
ivorischer Pololo-Gangster bis hin zum Punk-Veteranen ist viel dabei. Jeder | |
einzelne Körper wird angemessen präsentiert: mal stark, mal sexy, mal | |
stilvoll oder sehnig. In jedem Fall aber beeindruckend beweglich. | |
Auch wer anfangs glaubt, das Ensemble hätte noch die eine oder andere Probe | |
nötig gehabt, merkt doch schnell, dass jede synchrone Bewegung hier Fehl am | |
Platz wäre. Die vielen spontanen oder auch nur vermeintlich improvisierten | |
Elemente, ein Stilprinzip des Duos Gintersdorfer/Klaßen, sind auch nach 90 | |
Minuten noch reizvoll. | |
„Endlich“, mag man ins ausverkaufte Kleine Haus rufen: „Der Lärm, die | |
Einfachheit und der Dreck der Straße sind in der Mitte der Gesellschaft | |
angekommen.“ Auch wenn in diesem Rahmen keine echte Brücke zwischen Hoch- | |
und Subkultur geschlagen werden kann, bringt die Kulturstiftung des Bundes | |
zumindest die freie Szene und staatliche Theater einander etwas näher. | |
Da solche Fördermittel jedoch zeitlich begrenzt sind, war von Anfang an | |
klar, dass die Kooperation nach zwei Jahren beendet würde. Bemerkenswert: | |
Obwohl das Ensemble von Gintersdorfer und Klaßen nicht selten vor halb | |
leerem Haus spielen mussten, kündigt Frank Schümann, Sprecher des Bremer | |
Theaters, an, dass man weiterhin mit dem Duo der freien Szene | |
zusammenarbeiten werde: „Auch in der kommenden Spielzeit wird es eine | |
Produktion mit Gintersdorfer/Klaßen geben.“ | |
In „Not Punk, Pololo“ ist der Versuch, auf der Bühne Nähe herzustellen, | |
letztlich zum Scheitern verurteilt. Das von der verwirrenden Lichtregie | |
geblendete Publikum bestaunt nicht nur die ekstatischen Bewegungen der | |
verschwitzten Körper, sondern zugleich sich selbst im Spiegel der rollbaren | |
Bühne: steif und unsexy, wie eh und je. Hiermit ist der Regie ein kluger | |
Kniff gelungen. Sie gibt offen zu, wie viele unvereinbare Welten sie | |
zusammenbringen wollte. | |
## Nächste Aufführungen: 15. 3., 20 Uhr, 18. 3., 21.30 Uhr | |
14 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Kornelius Friz | |
## TAGS | |
Bremen | |
Tanztheater | |
Postkolonialismus | |
Politisches Theater | |
Inklusion | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Büchner aus der Ferne: Der Tod von Dantons Tod | |
Ausgehend von Büchners Geschichtsdrama „Dantons Tod“ haben Monika | |
Gintersdorfer und Knut Klaßen in Bremen eine Revolutionsrevue entwickelt. | |
Impulse-Festival in Düsseldorf: Fang schon mal an zu kochen | |
Auf der Suche nach Einmischung: Politiker, Fabrikarbeiter und geflüchtete | |
Jugendliche sind auf der Bühne und im Video zu erleben. | |
10 Jahre Tanzprojekt „Die Anderen“: Getanzte Inklusion | |
Beim Projekt „Die Anderen“ am Tanzwerk Bremen tanzen junge Leute mit und | |
ohne Beeinträchtigung miteinander. Jetzt feiern sie zehnjähriges Jubiläum. |