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# taz.de -- Streit um Denkmal für Breivik-Opfer: Die zerschnittene Insel
> Im Gedenken an das von Breivik verursachte Massaker soll eine Schneise in
> die Insel Utöya geschlagen werden. Viele Angehörige der Opfer sind
> dagegen.
Bild: Symbol für die Wunde, die Breivik hinterlassen hat: So soll die Insel ba…
OSLO afp | Als Anders Behring Breivik vor knapp vier Jahren im sonst so
friedlichen Norwegen 77 Menschen tötete, saß der Schock tief. Nun soll im
Gedenken an das Massaker auf der Insel Utöya eine Schneise in eine
benachbarte Insel geschlagen werden, symbolisch für die Wunde, die der
Rechtsextremist den Opfern, ihren Angehörigen und dem Land zufügte. Doch
die geplante Gedenkstätte „Memory Wound“ sorgt für Ärger.
Der schwedische Landschaftskünstler Jonas Dahlberg will einen dreieinhalb
Meter tiefen Spalt in eine kleine Landzunge gegenüber der Insel graben, wo
Breivik am 22. Juli 2011 69 Menschen erschoss, nachdem er in Oslo acht
Menschen mit einer Bombe getötet hatte. Inzwischen ist es recht ruhig
geworden um Breivik, der in einem Gefängnis bei Oslo eine 21-jährige
Haftstrafe absitzt. Seine Taten aber beschäftigen noch heute das Land.
An einer Seite der symbolischen Wunde will Dahlberg die Namen der Opfer
eingravieren, auf der anderen Seite eine Besuchergalerie installieren. Die
Begeisterung war groß, als der Vorschlag Ende Februar das Rennen machte.
Wie „eine Wunde oder ein Schnitt in der Landschaft“ symbolisiere dies,
„dass etwas weggenommen wurde“, hieß es bei der Auswahljury. Doch seither
wächst die Kritik.
„Ich bin nicht gegen die Gedenkstätte als solche“, sagt Vanessa Svebakk,
Mutter des mit 14 Jahren jüngsten Opfers. „Doch wie es ausgewählt wurde und
der Ort sind ein Problem für mich.“ Mit anderen Angehörigen fordert sie,
das Projekt gründlich zu überarbeiten.
„Von Beginn des Verfahrens Ende 2012 an wurden wir, die am meisten
betroffen sind, im Dunkeln gelassen. Es ist arrogant, die Namen der Kinder
zu benutzen, ohne uns zu fragen. Obwohl sie tot sind, sind sie noch immer
unsere Kinder.“ Es komme nicht in Frage, den Namen ihrer Tochter dort
anzubringen, ein paar hundert Meter entfernt von der Stelle, wo sie starb,
sagt Svebakk.
## „Auch so genug Erinnerungen“
Auch bei Nachbarn der geplanten Gedenkstätte regt sich Widerstand. „Es
fällt uns ein bisschen schwer zu akzeptieren, dass wir für den Rest unseres
Lebens jeden Tag an den 22. Juli erinnert werden“, sagte Anwohner Ole
Morten Jensen dem öffentlichen Sender NRK. „Ich brauche solche Mahnungen
nicht. Ich habe auch so schon genug Erinnerungen.“
Gegner starteten eine Kampagne auf Facebook, die schon fast 900 Mitglieder
zählt. Manche verurteilen das Projekt als „Vergewaltigung der Natur“ und
„Touristenattraktion“, die zudem zur Pilgerstätte für Breivik-Bewunderer
werden könnte. Der Geologe Hans Erik Foss Amundsen betonte, das Felsgestein
an der gewählten Stelle sei porös und könnte mitsamt den Namen der Opfer
ins Meer abbröckeln: „Es ist, als grabe man sich durch einen Haufen Kies.“
Die Befürworter des Mahnmals, das am 22. Juli 2015 eingeweiht werden soll,
zeigen sich trotzdem zuversichtlich. „Öffentliche Kunst ruft immer eine
Vielfalt von unterschiedlichen Sichtweisen hervor, vor allem bei einem
Werk, das an ein Drama wie Utöya erinnert“, sagte Svein Björkaas, Direktor
der norwegischen Organisation für öffentliche Kunst Koro. „Aber die
Erfahrung lehrt, dass die Kritik nach einer gewissen Zeit abnimmt.“
Der Juryvorsitzende Jörn Mortensen wies die Vorwürfe zurück: „Der Ort der
Gedenkstätte war von Anfang an vom Staat vorgegeben. Der Vizevorsitzende
der Gruppe der Opferfamilien war Mitglied des Auswahlkomitees.“ Die Opfer
könnten auch anonym bleiben, betonte er. Für Probleme mit porösem
Untergrund gebe es „technische Lösungen“, sagt Mortensen. „Unsere Aufgabe
ist es, einen Ort der Erinnerung zu schaffen, und nicht einen Ort des
Vergessens.“
24 Mar 2014
## AUTOREN
Pierre-Henry Deshayes
## TAGS
Anders Breivik
Norwegen
Mahnmal
Rechtsextremismus
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Schwerpunkt Rassismus
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