# taz.de -- Ai Weiwei im Gespräch: „Ich will meinen Pass!“ | |
> Er darf nicht aus dem Land, also öffnete er sein Studio. Ai Weiwei | |
> erklärt, warum er sich nicht für politisch hält. Als Geschenk gestaltete | |
> er den Titel der taz. | |
Bild: Ai Weiwei: „Meine Lage spiegelt bloß die Lage des gesamten Landes wide… | |
Der chinesische Künstler Ai Weiwei glaubt nicht, nächste Woche bei der | |
Eröffnung seiner Ausstellung im Berlin dabei sein zu können. „Schön wär's… | |
sagte Ai der taz.am wochenende. | |
Er hat bisher keinen Pass ausgehändigt bekommen und beklagt, dass ihm von | |
den Behörden auch kein Grund dafür genannt wird. „In anderen Ländern würde | |
man mir zumindest einen rechtlichen Grund nennen“, sagt der Künstler. „Aber | |
nicht in China.“ | |
Ai Weiwei gilt als wichtigster Gegenwartskünstler der Welt. Für das | |
Gespräch lud er die taz.am wochenende in sein Studio in Peking ein. | |
Außerdem gestaltete er die Titelseite der aktuellen Ausgabe. | |
Nach einem Aufenthalt in New York lebt er seit 1993 in der chinesischen | |
Hauptstadt und hat die kommunistische Führung wiederholt für die | |
gesellschaftlichen Missstände in China kritisiert. 2011 wurde er wegen | |
angeblicher Steuervergehen festgenommen und für 81 Tage an einem | |
unbekannten Ort festgehalten. Unter strengen Auflagen und scharfer | |
Beobachtung darf er sich heute in Peking zwar wieder bewegen, eine Ausreise | |
wird ihm aber verweigert. | |
Der Künstler sieht seine Lage zwar als seltsam, aber nicht als | |
außergewöhnlich an. „Sie spiegelt bloß die Lage des gesamten Landes | |
wieder“, sagte er der taz.am wochenende. | |
Er begründet, warum er sich den Auflagen und Verboten der Behörden | |
weiterhin widersetzt, in dem er ausländische Journalisten empfängt oder | |
sich immer wieder im Internet meldet: „Ich bin die Verbotsliste | |
durchgegangen. Eigentlich haben sie ja recht: Ich bin kein Politiker und | |
nicht in der Position, die Probleme dieses Landes zu lösen. Doch in den | |
meisten Punkten geht es unmittelbar um mich und vieles bedingt sich. Wenn | |
sie mir eine Strafe von 15 Millionen Yuan aufbürden wollen und mir | |
Steuervergehen unterjubeln, muss ich das doch richtigstellen dürfen.“ | |
## Staatschef Xi Jinping ist ein „mutiger Mensch“ | |
Die Frage, ob seine Kunst politisch ist, weist Ai zurück. Die Unterteilung | |
in politisch und unpolitisch sei fehl am Platz. „Ich versuche eine Art der | |
Kommunikation zu finden, die meine Gefühle zu unserer Zeit in unserer Welt | |
zum Ausdruck bringt“, sagt er. „Es geht mir darum, mein wahres Ich zu | |
zeigen.“ Er versuche nur, in einem politischen Umfeld mit Würde zu | |
überleben. „Wenn das politisch ist, ja, dann bin ich politisch.“ | |
Chinas Staatspräsident Xi Jinping, der eben zu Besuch in Deutschland ist, | |
bezeichnet Ai Weiwei als „mutigen Menschen“. Er lobt, dass Xi die | |
Bekämpfung der Korruption angestoßen hat, „die in China tief verwurzelt | |
ist“. Aber Ai hat auch Zweifel, ob das reicht. „In China ist es selbst für | |
einen Staatschef nicht möglich, eigene politische Visionen zu entwickeln.“ | |
Am kommenden Mittwoch wird im Berliner Martin-Gropius-Bau die bislang | |
größte Einzelausstellung Ai Weiweis geöffnet. Viele Werke werden erstmals | |
gezeigt, sie sind erst jüngst entstanden. Der Künstler erklärt, warum er | |
der Ausstellung den Titel „Evidence“, zu deutsch Beweis, gegeben hat. „Ich | |
befinde mich auf ständiger Wahrheitssuche. Die nun ausgestellten Stücke | |
sind eine Auswahl meiner Beweise.“ | |
28 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Jörn Kabisch | |
## TAGS | |
Ai Weiwei | |
China | |
Ausstellung | |
Dissidenten | |
Künstler | |
Xi Jinping | |
Ai Weiwei | |
Ai Weiwei | |
Ai Weiwei | |
Ai Weiwei | |
China | |
China | |
Ai Weiwei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Retrospektive von Ai Weiwei: Flucht als Readymade | |
Zwischen Selbstinszenierung und klarer politischer Verortung: Die große | |
Retrospektive von Ai Weiwei in Düsseldorf ermöglicht Differenzierung. | |
Drei Ai-Weiwei-Ausstellungen in Peking: Holz aus der Südostprovinz | |
Die chinesischen Behörden dulden gleich drei Einzelschauen des | |
regimekritischen Künstlers. Dabei ist der subversiv wie eh und je. | |
Ai-Weiwei-Ausstellung in Berlin: Ein einziger Akt der Solidarität | |
Der chinesische Künstler kann der Politik nicht entrinnen. Doch sein Werk | |
ist mehr als politisch. Der Gropius-Bau zeigt erstmals eine große | |
Übersicht. | |
Kunst in China: „Widerstand überm Sofa“ | |
Der Name Ai Weiwei ist hierzulande Synonym für chinesische Gegenwartskunst. | |
Doch die Szene des Landes ist wesentlich vielfältiger. | |
Chinas KP- und Staatschef in Berlin: Frieden und Glückskekse | |
Xi Jinping besucht Angela Merkel: China und Deutschland vereinbaren eine | |
„umfassende strategische Partnerschaft“ mit künftigem Sicherheitsdialog. | |
Debatte Deutschlands China-Politik: Ewig grüßt die Doppelmoral | |
Solange die Deutschen weiter Panzer nach Saudi-Arabien liefern, wird | |
Merkels Kritik an Chinas Menschenrechtspolitik ins Leere laufen. | |
Aus Protest gegen Museumspolitik: Künstler zerstört Vase von Ai Weiwei | |
Kaum lokale Kunst in Miamis Pérez Art Museum: Caminero Maximo hat dort | |
deshalb eine Installation von Ai Weiwei beschädigt. Der chinesische | |
Künstler ist nicht amüsiert. |