# taz.de -- Konflikte im Irak: Gewalt zum Wahlauftakt | |
> Zwei Tage vor der Wahl durften bereits Polizisten und Soldaten abstimmen. | |
> Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen starben erneut zahlreiche Menschen | |
> bei Attentaten. | |
Bild: Polizisten stehen Wache vor einem Wahllokal in Bagdad. Mehrere Wachleute … | |
BAGDAD ap/afp | Die vorgezogene Stimmabgabe vor der Parlamentswahl im Irak | |
ist von Gewalt überschattet worden. Bei Angriffen auf Wahllokale wurden am | |
Montag mindestens 21 Menschen getötet, wie die Polizei mitteilte. Rund eine | |
Million Polizisten und Soldaten gaben bereits ihre Stimme ab, um die | |
eigentliche Wahl am Mittwoch schützen zu können. | |
Dann sind rund 22 Millionen Bürger aufgerufen, zum ersten Mal seit dem | |
Abzug der US-Truppen 2011 ein neues Parlament zu wählen. Auf 328 Mandate | |
kommen mehr als 9000 Bewerber. Es wird erwartet, dass das vom | |
Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki geführte Bündnis als Sieger aus der Wahl | |
hervorgehen wird. | |
Kritiker werfen dem Schiiten Maliki vor, seine Machtbasis in den | |
vergangenen Jahren ausgebaut und die sunnitische Minderheit benachteiligt | |
und diskriminiert zu haben. Das Land ist zwischen den Religionsgruppen der | |
Schiiten und Sunniten sowie Kurden tief gespalten - ein klarer Wahlsieg | |
einer einzelnen Partei gilt deshalb und angesichts der Fülle kleiner und | |
kleinster religiöser und Stammesparteien als nahezu ausgeschlossen. | |
Auch unter den Schiiten herrscht alles andere als Eintracht. Doch anders | |
als bei der Parlamentswahl im März 2010, als mit dem laizistischen | |
Politikers Ijad Allawi ein schiitischer Rivale antrat, ist Maliki diesmal | |
der einzige Spitzenkandidat seiner Religionsgruppe. „Wegen der Spaltungen, | |
die seit 2010 im schiitischen Lager herrschen, konnte sich keine neue | |
Führungspersönlichkeit herausbilden“, sagt Asis Dschabr, Politologe an der | |
Mustansirijah-Universität in Bagdad. | |
Aufgrund der zersplitterten Opposition und des Fehlens eines klaren | |
Herausforderers gilt Maliki erneut als Favorit für das Amt des | |
Regierungschefs. Ohnehin gilt im Irak das ungeschriebene Gesetz, dass ein | |
Kurde Präsident, ein Schiit Regierungschef und ein Sunnit | |
Parlamentspräsident ist. | |
Am Montag wählten auch bereits Krankenhauspatienten, das medizinische | |
Personal und Häftlinge. Auch Auswanderer in mehr als 20 Ländern durften | |
wählen. Im Fernsehen wurde auch gezeigt, wie der kränkelnde Präsident | |
Dschalal Talabani seine Stimme in Deutschland abgab. Hier wird er seit | |
Dezember 2012 nach einem Schlaganfall behandelt. | |
## Ausweiskontrollen und Durchsuchungen | |
Die Sicherheitsvorkehrungen waren bereits am Montag umfangreich: Das | |
Militär- und Polizeipersonal musste sich vor einem zentralen Wahllokal in | |
Bagdad vier Ausweiskontrollen und Durchsuchungen unterziehen, bevor das | |
Gebäude betreten werden durfte. Im Haus suchten Polizeihunde nach | |
Sprengstoff. | |
Trotzdem gab es einige Anschläge auf Wahllokale. So riss ein | |
Selbstmordattentäter an einem Kontrollpunkt zu einem Wahllokal in der Stadt | |
Tus Chormato, rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad, sechs | |
Sicherheitsleute in den Tod, wie das Militär mitteilte. Auch in Kirkuk | |
starben sechs Polizisten bei einer Attacke. | |
Wie instabil die Lage ist, spiegelt sich besonders in der von Sunniten | |
dominierten westlichen Anbar-Provinz wider. Die Region wird seit Monaten | |
von heftigen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und von der | |
Terrororganisation Al-Kaida inspirierten sunnitischen Militanten | |
erschüttert. So bleiben denn in Teilen der Provinz am Mittwoch die | |
Wahllokale geschlossen. | |
Laut Michael Knights vom Institut für Nahost-Politik in Washington will der | |
Ministerpräsident im Wahlkampf von der Unzufriedenheit der Bevölkerung | |
ablenken, indem er die Sicherheitsprobleme ins Zentrum rückt. „Wenn ihm das | |
gelingt, kann ihm die Sicherheitskrise von großem Nutzen sein.“ | |
28 Apr 2014 | |
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