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# taz.de -- Provinzwahlen im Irak: Test für Regierungschef Maliki
> Im Irak finden die ersten Wahlen nach dem Abzug der US-Truppen statt. Sie
> werden von Anschlägen, Morden und Hinrichtungen begleitet.
Bild: Nach einem Anschlag in Bagdad, vor den Wahlen.
ISTANBUL taz | Eine Welle von Anschlägen, Morde an Kandidaten und eine
Rekordzahl an Hinrichtungen überschatten den ersten Wahlgang, den der Irak
in Eigenregie abhält. Rund 13,5 Millionen Iraker sind aufgerufen, am
Samstag die Provinzparlamente neu zu bestimmen.
Über die lokale Bedeutung hinaus gilt die Wahl als wichtiger Testlauf für
die amtierende Regierung und insbesondere für Ministerpräsident Nuri
al-Maliki. Sie wird beweisen müssen, dass sie trotz der zunehmenden Gewalt
und steigender konfessioneller Spannungen freie und faire Wahlen
organisieren kann.
Wie schon in den vergangenen Jahren haben auch diesmal Extremisten
versucht, dem Wahlkampf ihren Stempel aufzudrücken, in dem sie das Land mit
einer Anschlagswelle überzogen. Nach Angaben der [1][Website von „Iraq Body
Count“], die als zuverlässig gilt, sind in den letzten sieben Wochen rund
700 Zivilisten Opfer von Bomben- und Mordanschlägen geworden. Dabei fielen
mindestens 14 sunnitische Kandidaten Morden zum Opfer, andere erlitten
Verletzungen oder wurden mit Mord bedroht, sollten sie ihre Kandidatur
nicht zurückziehen.
## Innersunnitischer Machtkampf
Während die Bombenanschläge wohl großteils auf das Konto von al-Qaida im
Irak gehen, ist ein Teil der Morde auch Ausdruck eines innersunnitischen
Machtkampfs. Dabei stehen sich heute zwei feindliche Lager gegenüber –
Fraktionen, die weiterhin hinter Maliki stehen, und Fraktionen, die sich
der Schiit, der seit dem US-Rückzug systematisch gegen sunnitische
Koalitionspartner vorgegangen ist, zu Feinden gemacht hat. Ihre
namhaftesten Vertreter sind Parlamentspräsident Osama Nujaifi und der wegen
angeblicher Verwicklung in den Terrorismus gesuchte ehemalige
Finanzminister Rafi Issawi. Beide unterstützen auch die sunnitische
Protestbewegung, die seit Dezember auf die Straße geht.
Aber ausgerechnet in ihren Heimatprovinzen Anbar (Issawi) und Ninive um
Mossul (Nujaifi), die Hochburgen der Protestbewegung sind, wird nicht
gewählt. Dort hat die Regierung die Wahlen aus Sicherheitsgründen
verschoben. Viele Sunniten, die früherer Wahlen boykottierten, sehen darin
einen Vorwand, sie um ihr Stimmrecht zu bringen. Tatsächlich haben im Irak
schon unter viel schwierigeren Bedingungen Wahlen satt gefunden.
Einen eigenen Weg gehen die Kurden. Die Wahl in den drei Provinzen ihres
Teilstaats soll im Herbst zusammen mit den Neuwahlen für das
Regionalparlament stattfinden. Auf unbestimmte Zeit verschoben ist die Wahl
für den Provinzrat in der zwischen Arabern, Kurden und Turkmenen
umstrittenen Erdölstadt Kirkuk. Damit werden die Wahlen weitgehend zu einer
Abstimmung zwischen den schiitischen Parteien, sieht man von den drei
gemischten Provinzen Bagdad, Salahaddin (Tikrit) und Diyala ab.
## Kritik an en zahlreichen HInrichtungen
Mit seiner Koalition für einen Rechtsstaat hatte Maliki vor vier Jahren den
Aufstieg zum beliebtesten Politiker des Landes geschafft. Viele hielten ihm
zugute, dass er die Miliz um den populistischen Moktada al-Sadr und den in
den Augen vieler Iraker proiranischen ISCI (Islamic High Supreme Council of
Iraq) in die Schranken wies. Inzwischen hat Maliki freilich viel von seinem
Glanz als moderater Schiit verloren. Auf seiner Liste treten diesmal
etliche Fraktionen an, die als proiranische Hardliner gelten. Maliki
versucht dies zu kontern, indem er sich als Garant für den Wiederaufbau und
die Sicherheit präsentiert.
Kritiker werfen ihm vor, dass er dabei die Todesstrafe politisch
instrumentalisiert. Seit Anfang März sind mindestens 50 Sunniten, die als
Al-Qaida-Terroristen verurteilt wurden, hingerichtet worden, 21 allein in
dieser Woche. Gefolgsleute von Maliki haben die Forderungen nach einem
Aufschub der Todesurteile zurückgewiesen und den Kritikern vorgeworfen, sie
wollten Gerechtigkeit für die Opfer des Terrors, der mehrheitlich die
Schiiten trifft, verhindern.
19 Apr 2013
## LINKS
[1] http://www.iraqbodycount.org/
## AUTOREN
Inga Rogg
## TAGS
Irak
Nuri al-Maliki
Schiiten
Irak
Kirkuk
Irakkrieg
Irak
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