Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Zensur von US-Serie in China: Erfolg verboten
> China verbietet Videoportalen die Ausstrahlung der US-Sitcom „The Big
> Bang Theory“ – nicht aus politischen Gründen, sondern wegen zu vieler
> Klicks.
Bild: Nerdig? Ja. Politisch verdächtig? Nein: „The Big Bang Theory“.
PEKING taz | Das Ende kam plötzlich. Noch am Freitag konnte der chinesische
Serienjunkie auf dem Videoportal Sohu aus sämtlichen sieben Staffeln der
US-Sitcom „The Big Bang Theory“ wählen und sie sich kostenlos und in voller
Länge ansehen. Doch damit ist seit Samstag Schluss. Der Stream ist nicht
mehr abrufbar. Stattdessen erscheint die kurze Mitteilung: „Es tut uns
leid. Aber aus rechtlichen Gründen ist es für uns nicht mehr möglich,
diesen Service anzubieten.“
Zensur ist in China allgegenwärtig. Doch bislang führten die Behörden vor
allem politische Gründe an, wenn sie eine Serie oder einen Film absetzten.
Was „The Big Bang Theory“ politisch fragwürdig macht, ist nicht
ersichtlich. Serienheld Sheldon wirkt aufgrund seines hohen
Intelligenzquotienten zwar besserwisserisch, politisch ist er aber
unverdächtig.
Dennoch haben die Zulassungsbehörden dem Betreiber Youku verboten, die auch
in China beliebte Sitcom auszustrahlen. Betroffen sind drei weitere Serien:
„The Good Wife“, „Navy CIS“ und die Anwaltsserie „The Practice“. Au…
gelten nicht als sonderlich politisch, jugendgefährdend oder
gewaltverherrlichend.
Das Verbot dieser Serien überrascht auch insofern, als dass Serien wie
„Breaking Bad“ – die Geschichte über den zu einem rücksichtslosen
Kriminellen mutierten Chemielehrer Walter White – weiter unzensiert
abrufbar sind. Auch „Homeland“, bei der es zwar nicht um China geht, sehr
wohl aber um skrupellose Machenschaften von Geheimdiensten, bleibt von dem
Verbot unberührt. Ein Firmensprecher von Youku zeigt sich dementsprechend
irritiert: „Mir wird nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien die Behörden
entschieden haben.“ Die staatliche Regulierungsbehörde äußerte sich bislang
nicht.
## Kämpfe ums Urheberrecht
Über die wahren Gründe kann deshalb nur spekuliert werden. Viele Jahre
hatte Hollywood in China heftige Kämpfe um das Urheberrecht ausgefochten.
Die neuesten Folgen waren noch nicht einmal im US-Fernsehen erschienen, da
kursierten Kopien schon illegal hochgeladen als Stream im Internet. Da
halfen weder Klagen bei der Welthandelsorganisation noch Versprechen der
chinesischen Führung.
Hollywood und die großen US-Fernsehstudios machten vor ein paar Jahren in
China aus der Not eine Tugend. Sie verkauften Internetportalen wie Youku
und Tencent die Lizenzen. Auf diesen Seiten finden die Nutzer nun die
neuesten US-Serien und -Filme als Livestream in HD-Qualität – und prominent
platziert. Nur im Vorspann muss sich der Zuschauer von dem einen oder
anderen Werbeclip berieseln lassen. Die Kalkulation der US-Studios: Lieber
über kleine Werbeeinlagen ein bisschen an den chinesischen Zuschauern
mitverdienen als über die illegalen Downloads gar nichts.
Doch offenbar sind die privat betriebenen Onlineportale nun dem
chinesischen Staat ein Dorn im Auge. „The Big Bang Theory“ zählt seit 2009
mehr als 1,1 Milliarden Abrufe. Der chinesische Staatssender CCTV verfügt
zwar weiterhin über die höchste Reichweite der Welt, doch mit seinem
altbackenen und linientreuen Programm erreicht er nur noch selten hohe
Quoten. China hat sich zum Land mit den meisten Online-Zuschauern
entwickelt. Dem will der Staat nun wohl entgegentreten. Nicht mehr
politisch fragwürdiger Inhalt ist den Behörden das Kriterium für die
Absetzung einer Sendung, sondern ihr Erfolg.
Am Montagabend hat die unabhängige chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin
denn auch erfahren, warum das Portal Sohu „The Big Bang Theory“ nicht mehr
streamen darf. Der Staatssender CCTV will angeblich demnächst selbst eine
sterilisierte Synchronfassung ausstrahlen.
28 Apr 2014
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
US-Serie
China
Zensur
China
Ungarn
US-Serie
ProSieben
China
Serie
China
China
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Deutsche Welle“ in China: Mit Propaganda spielt man nicht
Der deutsche Auslandssender plant eine Zusammenarbeit mit dem chinesischen
Staatsfernsehen CCTV. „Reporter ohne Grenzen“ warnen davor.
Filmfestival in Ungarn: Kritische Roma-Themen unerwünscht
Der ungarischen Medienbehörde wird politische Zensur vorgeworfen. Sie ist
Schirmherrin des CineFests, Kontroverse Filme über Roma werden nicht
gezeigt.
Ästhetik der „Heimat“-Reihe von Reitz: Der Wegweiser
Edgar Reitz nahm mit der „Heimat“-Reihe die Ästhetik und Erzählweise
moderner US-Serien vorweg. Abgeschlossene Folgen sind überflüssig.
Neue ProSieben-Sitcom: Wieder die Werbebranche
„The Crazy Ones“ ist die neueste Serie von „Ally McBeal“-Erfinder David…
Kelley. Sie ist frech und witzig, aber nur latent politisch.
Kommentar Gedenken in China: Pekinger Doppelmoral
China kritisiert Japan wegen dessen Umgangs mit seiner Geschichte. Doch
Vergangenheitsbewältigung interessiert das Land nur, wenn es ihm nutzt.
Die Comedy-Serie „Bösterreich“: Solche Leute gibt es wirklich
Sadistische Lehrer und Katzenexekutionen: „Bösterreich“ zeigt die
gemeinsten Seiten des österreichischen Humors – was gerade für Deutsche
sehr bissig wirkt.
Chinesischer Sänger Cui Jian: Rocker und Rebell
Beim Neujahrsfest wollten sie alle auftreten, die chinesischen Musiker –
bislang: Erstmals hat ein Sänger aus Protest gegen die Zensur
zurückgezogen.
Pressefreiheit in China: Der lange Arm der Partei
Korrespondenten US-amerikanischer Medien haben in China endlich ihre
Presseausweise bekommen. Alles gut? Mitnichten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.