# taz.de -- In den USA getöteter Austauschschüler: Auch in Deutschland wird e… | |
> Der US-Schütze ist gegen Kaution frei und klagt über Morddrohungen. Der | |
> Vater des 17-jährigen Diren holt aus den USA die Leiche. | |
Bild: Diren D. aus Hamburg (rechts) im Oktober bei einem Fußballspiel seiner H… | |
MISSOULA / HAMBURG dpa/taz | Der Todesschütze i[1][m Fall des Hamburger | |
Austauschschülers Diren] bekommt nach Angaben seines Anwalts Morddrohungen. | |
Der 29-Jährige und seine Partnerin hätten hasserfüllte anonyme Anrufe und | |
Facebook-Nachrichten bekommen, sagte der Strafverteidiger Paul Ryan der | |
Nachrichtenagentur dpa. „Es ist eine sehr problematische Situation für sie. | |
Sie verlassen ihr Haus nicht mehr. Sie machen sich Sorgen um ihr kleines | |
Kind.” | |
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Feuerwehrmann die vorsätzliche Tötung des | |
17-Jährigen vor. Der türkischstämmige Jugendliche soll in der Türkei | |
beerdigt werden. Die Beisetzung sei in Bodrum im Südwesten des Landes | |
geplant, bestätigte sein Fußballtrainer Garip Ercin am Mittwoch | |
entsprechende Medienberichte. „Die Stadt hat er immer so gerne gemocht.“ | |
Direns Vater ist in die USA geflogen, um die Leiche seines Kindes | |
zurückzuholen. Neben einer Sterbeurkunde sind mehrere Bescheinigungen | |
notwendig, um die Leiche nach Deutschland überführen zu können. | |
Für Mittwochabend war ein Benefizspiel der Fußball-Mannschaft des Schülers | |
zugunsten der Familie geplant. Der Verein rief dazu auf, für die Eltern zu | |
spenden: „Wir wünschen den Eltern und Angehörigen alle Kraft und | |
Unterstützung in diesen schweren Zeiten“, hieß es auf der Homepage. | |
## Auch Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt | |
An Direns High School in Missoula erhalten seine ehemaligen Mitschüler | |
unterdessen psychologische Betreuung. In lokalen Medien sind viele Berichte | |
darüber zu lesen, wie beliebt Diren war, der schon kurz nach seiner Ankunft | |
im August vergangenen Jahres begann, im Schulteam Fußball zu spielen. | |
Auch die Hamburger Staatsanwaltschaft will nach den tödlichen Schüssen auf | |
Diren ein Ermittlungsverfahren einleiten. „Wir prüfen den Sachverhalt und | |
haben bereits die erforderlichen Unterlagen von den zuständigen | |
amerikanischen Behörden angefordert“, sagte Sprecherin Nana Frombach der | |
Nachrichtenagentur dpa. | |
Hintergrund ist Paragraf 7 des Strafgesetzbuchs. Darin heißt es, dass das | |
deutsche Strafrecht für Taten gilt, die im Ausland gegen einen Deutschen | |
begangen werden. Das Hamburger Ermittlungsverfahren soll nach Frombachs | |
Darstellung zur Aufklärung des Todesfalls beitragen – „mit den begrenzten | |
Möglichkeiten, die wir von hier aus haben“. | |
Der Jugendliche, der im August für ein Jahr in die USA gekommen war und im | |
Ort Missoula eine High School besuchte, soll nachts in die Garage der | |
Familie gegangen sein. Der Hausbesitzer fühlte sich seinem Anwalt zufolge | |
bedroht und schoss auf den Teenager. Dieser wurde am Kopf und am Arm | |
getroffen und starb im Krankenhaus. Ein Begleiter des Jungen sei | |
geflüchtet. | |
Der Tod des Schülers sei „ohne Frage tragisch“, sagte Ryan. Sein Mandant | |
und dessen Partnerin, die ein zehn Monate altes Kind haben, seien | |
erschüttert. Sie glaubten aber, dass die Schüsse gerechtfertigt gewesen | |
seien. „Sie fühlten sich bedroht. Sie wussten nicht, was er in ihrer Garage | |
wollte, wie er sich verhalten würde, ob er zum Beispiel Drogen genommen | |
hatte oder ob da mehr als zwei Männer waren.“ Über das mögliche Motiv des | |
Schülers wolle er nicht spekulieren | |
## Gegen 30.000 Dollar Kaution freigelassen | |
Zwar räumt der Staat Montana für die Verteidigung des eigenen Hauses das | |
bewaffnete Recht auf Notwehr ein. Laut Anklageschrift stellte der Mann aber | |
potenziellen Dieben eine Falle. Die Partnerin des Schützen habe als eine | |
Art Köder eine Handtasche mit persönlichen Gegenständen in die Garage | |
gestellt.Zudem habe Markus K. ins Dunkle hinein geschossen. | |
Die Einschusslöcher deuteten darauf hin, dass er mit seiner Schrotflinte | |
breit gefächert habe, ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben. Das | |
widerspricht nach dem Eindruck der Staatsanwaltschaft der Aussage der | |
Bedrohung. | |
Trotz der Einbrüche der vergangenen Wochen ließen die beiden das Garagentor | |
offen stehen. Einer Zeugin zufolge soll der Mann seit Nächten darauf | |
gewartet haben, jemanden zu fassen und zu erschießen. Das habe er bei einem | |
Friseurtermin wenige Tage zuvor der Friseurin erzählt. Das Gericht setzte | |
ihn gegen Zahlung einer Kaution von 30.000 Dollar (21.000 Euro) vorerst auf | |
freien Fuß. | |
Ryan zufolge wird sein Mandant in rund einem Monat vor Gericht erscheinen, | |
um auf unschuldig zu plädieren. Zu einem Prozess komme es wohl frühestens | |
Ende des Jahres. Vermutlich erst dann lässt sich der genaue Tathergang | |
klären. Unklar sei etwa, ob der Schütze ganz ohne Vorwarnung viermal auf | |
den Jugendlichen gefeuert habe, berichtete die Lokalzeitung Missoulian. | |
Seine Partnerin hatte ausgesagt, er habe den Schüler mit „Hey“ | |
angesprochen, und dieser habe „Hey” oder „Warte!” geantwortet, bevor die | |
Schüsse fielen. Die Staatsanwaltschaft bezweifelt das. | |
Der „überraschende und erschreckende” Fall sei „besonders tragisch aus | |
deutscher Sicht“, sagte eine Sprecherin des Konsulats der dpa. Wie in allen | |
Fällen, bei denen Deutsche in den USA zu Schaden kämen, sei die Betreuung | |
der Familie eine wichtige Aufgabe. Es gehe aber auch darum, von den | |
zuständigen Behörden eine lückenlose Aufklärung zu fordern. | |
Bürger Montanas dürfen sich wie in rund der Hälfte der 50 US-Staaten | |
notfalls mit Waffengewalt verteidigen. Laut der sogenannten Castle Doctrine | |
(Schloss-Doktrin) ist der Einsatz tödlicher Gewalt gegen Eindringlinge in | |
Haus und Garten in den meisten Fällen erlaubt. Allerdings muss sich der | |
Schütze ernsthaft bedroht fühlen. Nach der Tat gegen den Hamburger fordern | |
Politiker in dem Staat, das 2009 entsprechend angepasste Gesetz wieder zu | |
verschärfen. | |
30 Apr 2014 | |
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