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# taz.de -- TV-Spots zur Europawahl (1/3): Langweiler mit Wackelkamera
> Rechtsextreme, Verschwörungstheoretiker und die Kanzlerin: die acht
> schlechtesten Wahlwerbespots in unser absolut objektiven und sachlichen
> Kritik.
Bild: Ein neues Symbol für Europa: der bayerische Löwe, hier die Landesgrenze…
BERLIN taz | Wahlen sind auch ein Beschäftigungsprogramm für Agenturen und
Hobbyregisseure – die Parteien müssen schließlich Fernsehwerbung
präsentieren. Die einen machen das besser, die anderen schlechter. Wir
haben uns die Wahlwerbespots der großen wie der kleinen angeschaut und
einer filmtheoretischen Analyse unterworfen, die nach streng fachlichen und
objektiven Kriterien und ohne ideologische Färbung durchgeführt wurde. Am
Ende entschied ein elaboriertes Punktesystem über die Platzvergabe.
Da kein Mensch nun den ganzen Berg politischer Infomercials am Stück
schauen kann, gestatten wir uns, als gelehrige Schüler des großen Peter
Jackson, unsere Kurzkritiken als Dreiteiler zu präsentieren. Dabei beginnen
wir hinten, oder unten, na, jedenfalls bei den schlechtesten Produkten aus
den Kampagnenbüros der Parteien. Voilá:
## Platz 25: Pro NRW
[1][Link zum Youtube-Kanal der Partei]
Dramatische Musik zu vollgemüllten und verregneten Hinterhöfen, gefilmt in
steinzeitlicher VHS-Qualität, dazu die Schrifttafel „Bürgermut stoppt
Asylantenflut“ - Pro NRW ist mit der Propaganda im letzten Jahrhundert
stecken geblieben - das passt vielleicht auch zu den bisherigen Wählerinnen
und Wähler der Partei, aber ein neues Publikum gewinnt man so nicht.
Fazit: Dass sich der deutsche Durchschnittsrassist besser bei den
Schlipsträgern von der AfD aufgehoben fühlt und die NPD den anscheinend
einzigen Rechtsextremen mit Laptop und Videoschnittprogramm gekeilt hat,
sieht man dieser Wahlwerbung deutlich an.
## Platz 24: Republikaner
[2][Link zum Youtube-Kanal der Partei]
Ach, wenn doch der Schönhuber noch leben tät... Der war auch kein über die
Maßen charismatischer Redner, aber diese Schlaftabletten, die die
Republikaner jetzt in ein schmuckloses Ambiente gesetzt haben, unterbieten
wirklich alles.
Klar, das populistische Prinzip, Ressentiments und Ängste anzusprechen und
einfache Lösungen anzubieten, bedienen die Herren ganz ordentlich. Aber ein
bisschen Schwung darf man doch erwarten, oder? Einziger Actionmoment ist
ein brennendes Häuschen aus Euro-Scheinen – Immerhin.
Fazit: Sie sind das populistische Original rechts der CSU und noch immer so
dröge, spießig und provinziell wie vor 30 Jahren.
## Platz 23: Ab jetzt... Demokratie
Oh, ein Märchenopa mit einer ganz sanften, einschläfernden Stimme. Helmut
Fleck, Chef der Partei mit dem komischen Namen („Ab jetzt ... Demokratie
durch Volksabstimmungen - Politik für die Menschen - Volksabstimmung“)
erklärt uns ganz charmant, was er so verändern würde, wenn er in Europa an
die Macht käme: Volksabstimmungen einführen.
Er will viel, eine Wundertüte voll Wünsche. Und auch über die Finanzierung
hat er sich schon Gedanken gemacht. „Deutschland muss sich das benötigte
Geld zinslos selber erzeugen“. Ja, Druckerpressen anwerfen, Probleme
gelöst. So simpel kann Politik sein.
Fazit: Der Spot überzeugt kaum, Forderungen werden mit Symbolbildern
unterlegt, dazu Powerpoint-Ästhetik. Wenigstens überfordert das niemanden,
dennoch monoton, einschläfernd.
## Platz 22: AUF - Partei Arbeit Umwelt und Familie
Hihi, Scheideweg (und das von Christen!). Da steht Europa also, sagt die
AUF-Partei (steht wohl für Arbeit, Umwelt, Familie). Und wir Wähler stellen
die Weichen für die Zukunft (bildlich deutlich gemacht durch eine Zug, auf
Schienen, mit Weichen).
Auftritt Christa Meves (homophobe, erzkonservative Jugendpsychotante und
Spitzenkandidatin) die vom Schutz der Kinder und Familien predigt. Und
plötzlich erzählt ein Steuerberater, dass die AUF-Partei aus dem Euro
aussteigen will („Der Euro muss auf den Prüfstand“). Wahnsinn, wozu die
sich alles eine Meinung (ein-)bilden. Und zum Schluss noch ein bisschen
EU-Subventions-Regelungs-Bashing. Fertig ist der langweilige Spot der
AUF-Partei.
Fazit: Das alles ist filmisches Mittelmaß, inhaltlich floskelhaft und
bieder. Trostpunkt für den Parteinamen.
## Platz 21: CDU
Eine Bäuerin, die sich Europa mal von oben angeguckt hat. Eine Frau die
sich freut, dass sie an der Grenze keinen Pass mehr zeigen muss. Die
Enkelin eines italienischen Arbeitsmigranten, die die deutschen Autos lobt.
Ein Wirtschaftsboss, der glücklich ist über den europäischen Markt. Eine
Oma, die es toll findet, dass ihre Enkelin in Wien studiert.
Die CDU fährt für ihren Spot eine Busladung von Normalos auf, die die
Vorzüge Europas preisen. Die Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker und
David McAllister versteckt sie, dafür darf Angela Merkel im europablauen
Jäckchen noch „gemeinsam“ und „wichtig für unser Land“ sagen. Die CDU…
– mal wieder – auf Köpfe. Nur eben auf den falschen.
Fazit: Die Taktik wird aufgehen, Merkel das alte Schlachtross, zieht
nunmal. Dennoch: Der Spot ist wenig informativ, wenig glaubwürdig, wenig
inspirierend.
## Platz 20: Bayernpartei
Eine bloße Aneinanderreihung von Symbolbilder: Aktenordner
(Steuerverschwendung), Geldschein im Papierkorb (Steuerverschwendung), Esel
scheißt Geld in EU-Topf (Steuerverschwendung), geldgeiler EU-Politiker vor
Europaflagge (Steuerverschwendung)... Filmisch bietet die Bayernpartei
wenig.
Zudem fällt der Spot auseinander. Einerseits beruhigende Hintergrundmusik
und ein monotoner Dialekt-Sprecher, andererseits schmissige Anti-EU-Parolen
(„Freiheit statt €U-Regime“ – mit blutunterlaufenem Hintergrund). Die
Hauptaussage: Bayern bleibt Bayern, da hilft auch kein Europa.
Fazit: Einziger Höhepunkt: Der Schlussatz „Lassen wir den Bayerischen Löwen
auch in Europa brüllen“. Da schmunzelt selbst der Ostfriese. Ansonsten:
urtümlich, aggressiv und filmisch im 1. Semester hängengeblieben.
##
Die PSG setzt voll auf Krieg. Also auf Kriegsverhinderung. Denn 100 Jahre
nach dem ersten Weltkrieg bereitet sich die deutsche Regierung erneut auf
Krieg (in der Ukraine) vor. Das erklärt der PSG-Vorsitzende missgelaunt in
Berlin-Mitte. Mit einer gehörigen Portion Verschwörungstheorie versucht er
zu überzeugen (alle gleichgeschaltet!).
Nach der Hasstriade des Parteichefs ist man froh über Spitzenkandidat
Christoph Vandreier. Er redet einfach etwas leiser, unaufgeregter.
Fazit: Aufgeregt, kriegerisch-reißerischer Verschwörungsquatsch. Filmisches
Mittelmaß. So wird das nichts mit der Revolution, liebe PSG.
## Platz 18: NPD
[3][Link zur Suchhilfe für das Video]
Auch bei der NPD kann man Wahlumfragen lesen. „Europa wählt rechts" heißt
also der Slogan der vom Verbot bedrohten Rechtsextremen. Und da angesichts
der gefallenen 3-Prozenthürde noch die kleinste Splitterpartei auf den
Einzug ins Europaparlament hoffen kann, wird nun auch um die Stimmen am
rechten Rand so hart gekämpft, wie um die in der berühmten Mitte der
Gesellschaft.
Freundlich lächelnde junge Menschen stehen also zwanglos in der Gegend rum,
während ein „Dr. Olaf Rose, Europakandidat" seriös anmutende Plattitüden
unter blühenden Bäumen von sich gibt. Der altbekannte Udo Voigt liefert
derweil an Kanzleramt und Reichstagsgebäude entlangschlendernd die
Kennmarke für Volksmob und Schlägerbanden: „Asylflut" und „Sozial geht eb…
nur national"
Fazit: Die NPD muss sich entscheiden - Will sie Sammelbecken für
Brandstifter sein oder für jene, die nur applaudierend neben brennenden
Asylbewerberheimen stehen? Mit solchen weichgezeichneten Spots wird das
jedenfalls nicht, dafür ist die Konkurrenz am rechten Rand einfach zu groß.
7 May 2014
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=RZ-Td5bN03g
[2] http://www.youtube.com/watch?v=h6sGWsHP648
[3] http://google.de
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
Paul Wrusch
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