# taz.de -- ESC-Kolumne #Queerjungfrauen VIII: Eine Statue namens Conchita | |
> Österreichs Drag Queen Conchita Wurst steht im Finale des ESC – völlig zu | |
> Recht. Und was machen die deutschen Musikerinnen? | |
Bild: Conchita Wurst. Alles andere ist Käse. | |
KOPENHAGEN taz | Dank, sehr viel Dank formulierte sie auf dem Podium jener | |
zehn Kandidaten, die in der Kopenhagener B&W-Halle glücklich Überlebende | |
waren: Eben war das zweite Semifinale, Qualifikation für das Grand Final am | |
Samstag, vorbei – und fünf Sänger und Sängerinnen waren ausgesiebt. | |
Diese zehn hier, die im Pressezentrum pro Person zwei Minuten vor 300 | |
JournalistInnen (weitere 700 durften nicht mehr hinein) Auskunft geben | |
sollten, dürfen weitermachen. Auch sie, die während ihres Vortrags | |
prasselnden Beifall von den meisten der 12.000 Zuschauer erhalten hat: | |
Conchita Wurst, Drag Queen aus Wien, eigentlich Tom Neuwirth, einst aus Bad | |
Mitterndorf. | |
Und so sagte sie: „Ich sage meinen Dank für die Unterstützung, die ich hier | |
aus der Gay Community erhalten habe, auch aus Österreich.“ Auf eine | |
wirklich bescheuerte Nachfrage, ob sie, die eine Drag Queen performt, denn | |
eine Frau werden möchte, sagte sie vielleicht etwas zu verwirrend klar: | |
„Nein, ich bin ein Mann und bleibe es.“ Applaus im Pressezentrum – | |
unstatthaft, weil seitens der Medienmeute distanzlos, aber was soll's: Es | |
war ja auch spannend. | |
Wurde sie für ihren Auftritt in Rot in einen riefenstahlsches Lichtdom so | |
getaucht, dass nur sie zu sehen ist, kame hervor eine sensationell | |
attraktive Frau, die aus dem Schatten des Bühnenlichts tretend vollbärtig | |
als Mann kenntlich wird. Diese Inszenierung war beinah totalitär, nichts | |
neben ihr schien mehr zu zählen. | |
Die Österreicherin, in ihrer Heimat von Rechten und Populisten krass | |
angegiftet, auch vom früheren ESC-Künstler und Kabarettisten Alf Poier | |
tüchtig gedisst, stand auf der Bühne auf einem runden Podest und gab eine | |
hofhaltende, triumphale Figur, die wie eine Oscar-Statue aussah. Am Ende | |
meines Tunnels werde ein Grammy sein, sagte sie vor Tagen: In dieser | |
Hinsicht kann der ESC in Kopenhagen nur Zwischenstation sein. | |
## Jubel wie im Fußballstadion | |
Nervenaufreibend war es obendrein: Die Kandidaten des Finales wurden | |
einzeln verlesen – und als neun schon bekannt gegeben waren, war Conchita | |
Wurst immer noch nicht fürs Finale genannt. Auch nicht die schließlich | |
enttäuschte Weltmusikformation The Shin + Mariko aus Georgien, ebensowenig | |
die traurige Israelin Mei Feingold: Die waren auch beeindruckend, die | |
müssten doch nicht schon nach Hause fliegen müssen. Und dann, umbrandet von | |
appellierenden „Conchita, Conchita“-Rufen in der Halle, die zehnte und | |
letzte Ansage: „Austria“. | |
Jubel wie im Fußballstadion, wenn das Heimteam doch noch das Siegtor | |
geschossen hat. Malta, die Schweiz, Finnland, Slowenien, Weißrussland, | |
Polen, Rumänien, Griechenland und Norwegen haben es auch geschafft, | |
ausgesiebt worden sind Mazedonien, Israel, Georgien, Litauen und Irland. | |
Und Elaiza, die deutschen Musikerinnen? Gehen heute in die ersten zwei | |
Generalproben; die Regie der Show möge ein Einsehen haben und versuchen, | |
die Kameraführung für „Is It Right?“ zu ändern: Bislang sieht dieser | |
Neo-Folk-Act ziemlich statisch aus. In den Wetten liegt der deutsche | |
Beitrag inzwischen auf dem drittletzten Platz. Muss ja aber nix heißen. | |
Kennen die Frauen schon – vor der deutschen Vorentscheidung hatten sie | |
ebenfalls als Außenseiterinnen gegolten. | |
Und ließen dann Unheilig, Madeline Juno und Santiano hinter sich. Beim | |
deutschen Botschaftsempfang am Donnerstag hörte man sie live ihr Lied | |
musizieren. Das war besser als alles, was die Deutschen bislang in den | |
Proben abliefern konnten. Sie starten als Zwölfte im Finale, vor der | |
Werbepause. | |
9 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
Conchita Wurst | |
Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
Conchita Wurst | |
Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
Queerjungfrauen | |
Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
ESC-Kolumne #Queerjungfrauen XIII: Der ewige Kriegsherd der „Zeit“ | |
Jetzt versucht sich auch die „Zeit“ an der feuilletonistischen ESC-Deutung. | |
Sie scheitert jedoch am Simpelsten. Eine hanseatische Textkritik. | |
ESC-Kolumne #Queerjungfrauen XII: Der Lewitscharoffversteher | |
Nach Conchita Wursts Sieg versucht sich das Feuilleton an Erklärungen. | |
Einem Kommentator des Deutschlandfunks misslingt dies völlig. Eine | |
Textkritik. | |
ESC-Kolumne #Queerjungfrauen XI: Die Stimme des ganzen Europa | |
Wäre es nach den nationalen Jurys gegangen, gäbe es das Phänomen Conchita | |
Wurst nicht. Das Televoting hat sie an die Spitze gebracht – und das ist | |
ergreifend. | |
Ticker ESC 2014: Europa hat nur eine Königin! | |
Es gibt Hoffnung für Europa. Conchita Wurst gewinnt den Eurovision Song | |
Contest. Wir sind beglückt. Die Menschen in Europa stimmen für Vielfalt. | |
Das ist ein Durchbruch! | |
ESC-Kolumne #Queerjungfrauen IX: Warten auf die Bescherung | |
Der Samstag in Kopenhagen vor Beginn des Grand Finals mutet an wie | |
Heligabend vor der Bescherung. Alles ist präpariert, jetzt muss abgewartet | |
werden. | |
ESC-Kolumne #Queerjungfrauen VII: Dänischer Aufsteiger des Jahres | |
Selbstbewusst und königstreu: Mit Anis Basim Moujahid hat ESC-Gastgeber | |
Dänemark mal einen Kandidaten ohne Blondwurzeln bis in die Steinzeit. | |
ESC-Kolumne #Queerjungfrauen VI: Dekorationsplunder und Buhrufe | |
Starke Unmutsbekundungen beim ESC – die hatte es zuvor noch nie gegeben. | |
Doch in Kopenhagen traf es erwartbar das russische Duo. Das aber im Finale | |
ist. | |
ESC-Kolumne #Queerjungfrauen V: Bedächtig möge weiterkommen | |
Materialschlachten lohnen sich beim ESC nur selten. Gerade die Osteuropäer | |
samt Holzrhönrad und Trapez scheinen das nicht zu wissen. |