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# taz.de -- Ein bisschen mehr Eliteschule: Höhere Hürden gefordert
> Eine neue Elterngruppe plädiert für eine Zugangsbeschränkung zum
> Gymnasium.
Bild: Unter Beobachtung: Brauchen Hamburgs Gymnasien höhere Zugangshürden?
HAMBURG taz | Das Lager der einstigen Anti-Primarschul-Initiative „Wir
wollen lernen“ (WWL) ist im Streit um das Turbo-Abitur gespalten. Während
Walter Scheuerls Mitkämpferin Mareile Kirsch per Volksentscheid das
Turbo-Abitur kippen will, sind die WWLerinnen Ute Schürnpeck und Heike
Heinemann Sprecherinnen des neu formierten Zusammenschlusses „Schulfrieden
wahren. Keine neuen Reformen“. Die Gruppe streitet mit dem Symbol einer
Hand mit acht Fingern für den Erhalt des achtjährigen Gymnasiums (G 8).
„Man muss der jungen Stadtteilschule Zeit geben“, sagt Ute Schürnpeck.
Bessere Bildung erreiche man nicht, indem man schon wieder das System
ändere. Die Schulzeitverkürzung am Gymnasium sei zeitgemäß. Die meisten
Schüler hätten noch Zeit für Hobbys oder ein Instrument. Den Stress machten
eher „die Eltern, Handys und soziale Netzwerke“.
Dennoch sieht die Gruppe Verbesserungsbedarf im bestehenden
Zwei-Säulen-Modell. In einem Papier fordert sie Aufnahmekriterien für
Gymnasien. Zuletzt meldeten 54 Prozent der Eltern ihr Kind am Gymnasium an.
Man müsse versuchen, die Stadtteilschulen zu stärken, sagt Schürnpeck. „F�…
die Durchmischung, die die Stadtteilschulen brauchen, um zu gelingen, muss
ich den Zulauf zum Gymnasium etwas steuern.“ Denkbar wäre, eine Prüfung
oder eine individuelle Einschätzung vorzuschalten.
Das Papier enthält ein Potpourri von insgesamt 47 Vorschlägen. Unter
anderem sollen an den Stadtteilschulen maximal zwei Kinder mit Förderbedarf
sein, was angesichts der realen Zahlen schwierig wird. Und es soll
„Elternschulungen zur Vermittlung richtiger Lernstrategien“ geben. Es
handele sich erst mal nur um Diskussionsvorschläge, an denen auch Lehrer
und Schüler beteiligt gewesen seien, sagt Schürnpeck.
Doch mit den Aufnahmekriterien ist es ihr schon ernst. Es gebe einfach zu
viele Kinder, die aufs Gymnasium gehen und nach der sechsten Klasse
abgeschult werden. Das sei grausamer als der Druck, den Aufnahmekriterien
entfachen könnten. Es sei zudem wichtig, dass auch der untere und mittlere
Schulabschluss wieder wertgeschätzt werde. Das Abitur sei in seiner
Bedeutung völlig überhöht. „Es können auch nicht 50 Prozent der
Tennisspieler Wimbledon-Spieler sein.“ Das führe zu Niveau-Verlust.
„Leistung muss sich wieder lohnen“, findet die Mutter. „Wer sich anstreng…
muss belohnt werden.“
Bemerkenswert ist, dass es maßgeblich das Thema „Erhalt des
Elternwahlrechts“ war, mit welchem die WWL-Initiative vor vier Jahren viele
Stimmen fing. Denn im schwarz-grünen Konzept der sechsjährigen Primarschule
war dies ursprünglich nicht vorgesehen, weil ja im Anschluss Gymnasium und
Stadtteilschule zum Abitur führen sollten. Das Elternwahlrecht Abschaffen
zu wollen, sei Christa Goetschs (Grüne) und Ole von Beusts (CDU) „größter
Fehler“ gewesen, sagt WWL-Sprecher Walter Scheuerl. „Das hat jeden
Großvater und jede Patentante zur Unterschrift gebracht.“ Würde es
Aufnahmeprüfungen fürs Gymnasium geben, dann „würde sich bald, von wem auch
immer, eine Volksinitiative gründen“, sagt Scheuerl. Ihn stört es nicht,
dass es im WWL-Netzwerk dazu andere Meinungen gibt: „Die Gedanken sind
frei.“
In der Schulbehörde hält man nichts von einer Hürde. Das würde – ähnlich
wie in Bayern – den Stress für die Grundschulkinder erhöhen, warnt Sprecher
Peter Albrecht. Man setze lieber auf mehr Beratung, statt „Eltern durch
Zwangsmaßnahmen in eine bestimmte Richtung zu bringen“.
„Ich lehne solche Hürden ab“, sagt auch der ehemalige GEW-Vorsitzende Klaus
Bullan, der für die Links-Fraktion gerade eine Studie zu Hamburgs
Schulzukunft erstellte. Bullan plädiert für eine „gute Schule für alle“.
Das könne gehen, indem Hamburg auf die Schulformempfehlung nach Klasse vier
ganz verzichtet und den Gymnasien nicht mehr erlaubt, Kinder nach Klasse 6
auf die Stadtteilschule abzuschulen. „Dann könnten sie auch zum G 9
zurück.“
Die Frage, ob G 8 oder G 9, sei ohnehin nicht das dringendste Problem, sagt
Klaus Bullan. Das dringendste Problem sei die zu geringe Zahl an
Ausbildungsplätzen.
12 May 2014
## AUTOREN
Kaija Kutter
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Turbo-Abi
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