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# taz.de -- Hilferuf aus ägyptischem Gefängnis: Abgemagert bis auf die Knochen
> Seit Monaten sitzt ein 26-jähriger Al-Jazeera-Reporter in Ägypten in
> Haft. Erstmals ist es ihm gelungen, ein Video nach draußen zu schmuggeln.
Bild: „Das Blut des Journalisten ist nicht billig“: Protest gegen die Einsc…
BERLIN taz | Er war einmal gut genährt, ein bisschen pummelig. Nun zeigt
eine schockierende Videoaufnahme einen abgemagerten Abdullah al-Schami.
Seit 114 Tagen befindet sich der inhaftierte Journalist des arabischen
Nachrichtensenders Al Jazeera im Hungerstreik. Erstmals ist es ihm jetzt
gelungen, ein Video aus dem Gefängnis zu schmuggeln.
„Ich habe meinen Job als Reporter gemacht“, sagt der gesundheitlich
merklich angeschlagene al-Schami, „und obwohl die Behörden das wissen,
sitze ich seit 266 Tagen ohne Anklage und ohne ein Verbrechen begangen zu
haben im Gefängnis.“ Im August 2013, wenige Wochen nach der Machtübernahme
Abdel Fattah al-Sisis, hatten die ägyptischen Sicherheitskräfte ihn
festgenommen.
In weißen Kleidern sitzt der 26-Jährige auf dem Boden und spricht mit
starrem Blick in die Kamera: „Ich habe um verschiedene medizinische
Untersuchungen gebeten“, sagt er, „doch diese Hilfe wurde mir nicht
gewährt.“ Jüngsten Bluttests zufolge leidet al-Schami unter einer
Nierendysfunktion und Blutarmut. „Ich habe keinerlei medizinische
Behandlung bekommen im Gefängnis“, fährt er fort.
„Nach allem, was wir über Abdullah al-Schamis Zustand wissen, setzt ihn
jeder weitere Tag im Gefängnis unmittelbarer Lebensgefahr aus“, erklärt
Christoph Dreyer von Reporter ohne Grenzen auf Anfrage der taz. „Al-Schami
braucht umgehend angemessene medizinische Behandlung.“ Ägyptens Regierung
und Justiz trügen die volle Verantwortung für das Schicksal des jungen
Journalisten.
## 17 weitere Journalisten in Haft
Al-Schami hatte im August 2013 über die gewaltsame Räumung des größtenteils
friedlichen Protestlagers der Anhänger Mohammed Mursis auf dem Kairoer
Rabaa-al-Adawiya-Platz berichtet. Dabei töteten Militär und Polizei einem
offiziellen Bericht zufolge etwa 600 Menschen. Andere Quellen gehen von
über 1.000 Toten aus.
Anders als die meisten ägyptischen Medien berichtete Al Jazeera kritisch
über das Vorgehen der Übergangsregierung unter al-Sisi. Dieser geht seit
seiner Machtübernahme rigoros sowohl gegen islamistische als auch liberale
Aktivisten vor und schüchtert die Presse durch Festnahmen von Journalisten
gezielt ein.
Dabei verbiete Ägyptens neue Verfassung ausdrücklich Haftstrafen für
Medienvergehen, sagt Dreyer von Reporter ohne Grenzen. „Alle inhaftierten
Journalisten müssen umgehend auf freien Fuß gesetzt werden“, fordert er.
17 weitere Journalisten sitzen derzeit in Ägypten in Haft. Am Donnerstag
wurde der Prozess gegen sie fortgesetzt. Unter ihnen sind der australische
Al Jazeera-Reporter Peter Greste und der ägyptisch-kanadische Kairoer
Bürochef des Senders, Mohammed Fahmi. Angeblich haben sie „falsche
Nachrichten“ verbreitet und „Terroristen“ geholfen. Die Vorwürfe sind
Beobachtern zufolge unbegründet.
„Wenn mir irgendetwas zustößt“, sagt al-Schami am Ende seiner
Videobotschaft, „sei es, dass meine Gesundheit komplett aufgibt oder mir
etwas passiert, dann will ich, dass das ägyptsiche Regime die Verantwortung
dafür übernimmt.“
15 May 2014
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Ägypten
Abdel Fattah al-Sisi
Mohammed Mursi
Reporter ohne Grenzen
Medien
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