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# taz.de -- Fingierte Hilfsaktion für Flüchtlinge: „Nichts zu tun, das ist …
> Der Künstler John Kurtz und das Zentrum für Politische Schönheit setzen
> sich für syrische Flüchtlingskinder ein – und fordern das
> Familienministerium auf, zu handeln.
Bild: Keine Anzeige des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und J…
taz: Herr Kurtz, [1][mit Ihrer gefälschten Internetseite] suggerieren Sie,
dass das Familienministerium 55.000 syrische Flüchtlingskinder aufnehmen
will. Jetzt hat das Innenministerium beschlossen, 10.000 syrische
Flüchtlinge aufzunehmen. Ihr Verdienst?
John Kurtz: Nein. Deutschland hatte schon vor längerer Zeit beschlossen,
insgesamt 10.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. 5.000 sind schon im
Land. Aber das ist immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts
der Lage in Syrien, bei mittlerweile Hunderttausenden Toten.
Warum schiebt Ihre Künstergruppe [2][Zentrum für Politische Schönheit] der
Familienministerin Manuela Schwesig die Aktion unter? Zuständig für
Flüchtlinge ist doch Thomas de Maizière, der Inneminister.
Frau Schwesig erscheint uns in dieser verkrusteten Regierung die einzige
Ministerin zu sein, die da frischen Wind reinbringen kann. Jedenfalls ist
sie in unseren Augen in dem, was sie sagt, glaubwürdig.
Warum zählen Sie sie dann mit dem Fake an?
Wir zählen sie nicht an, wir legen ihr eine Blaupause vor.
Das versteht sie aber nicht so. In Gegenteil, sie distanziert sich von
Ihrer Aktion.
Wenn sie kluge Berater hätte, würden die sagen: Okay, wir machen jetzt die
Aktion und holen die Kinder her. Mich irritiert immer wieder, dass es
Politiker vorziehen, belanglose Initiativen zu unterstützen, statt wahre
Menschlichkeit zu zeigen. Frau Schwesig hätte jetzt die Chance, ihr altes
Image als „Barbie von der Ostsee“ loszuwerden.
Möglicherweise will die Familienministerin gegen Ihre Gruppe klagen.
Wir wären begeistert. Das würde uns zwar 1.000 Euro kosten. Aber auch
Aufmerksamkeit für die Sache bringen.
Haben sich bei Ihnen Leute gemeldet, die Kinder aufnehmen wollen?
600, innerhalb von drei Tagen. Ein Zeichen von unglaublicher
Hilfsbereitschaft. Viele Deutsche wollen helfen, sie wissen nur nicht, wie.
Sie kennen die Leute doch gar nicht. Sie wissen nicht, ob die geeignet
sind, mal eben so ein Flüchtlingskind aufzunehmen. Außerdem gibt es für
Pflegschaften strenge Gesetze.
Es sind erfahrene Pflegeeltern dabei …
… sagen diejenigen von sich. Das kann jeder behaupten.
Wenn sich von den 600 Frauen und Männern ungefähr ein Drittel als geeignete
Pflegeeltern erweisen, wäre das beachtlich.
Das Familienministerium findet Ihre Aktion zynisch. Schon allein, weil Sie
mit den Kindertransporten 1938/39 spielen.
Nichts zu tun, das ist zynisch. Und gerade, weil es damals die
Kindertransporte gab, die vielen deutschen Kindern das Leben gerettet
haben, ist Deutschland in einer historischen Schuld. Und in der Pflicht.
Haben Sie die Kinder manipuliert, damit sie mitmachen?
Die haben alle freiwillig mitgemacht. Der Tag, an dem ich fotografiert und
gefilmt habe, war für sie ein großer Spaß. Vielleicht der letzte in ihrem
Leben. Ein Tag, an dem in Aleppo nur vier oder fünf Fassbomben runtergehen,
ist ein friedlicher Tag. Gewöhnlich sind es zwanzig. Im Flur der Schule
hängen Zeichnungen der Kinder, auf jedem sind Bombeneinschläge zu sehen.
Das ist deren Alltag.
Wussten die Kinder, dass sie bei einer Kunstaktion mitmachen und nicht nach
Deutschland kommen werden?
Ich hoffe, dass die Kinder irgendwann nach Deutschland kommen.
Allein oder mit ihren Eltern?
Mit ihren Familien.
Was sind das für Kinder?
Ganz normale Schulkinder, Mädchen und Jungen zwischen 6 und 8 Jahren. Sie
wussten, dass die Bilder öffentlich sein werden.
Wie sind Sie an sie gekommen?
Freunde von mir in Aleppo, säkulare Syrer, haben mir den Kontakt zu der
Schule vermittelt. Es ist eine Privatschule, die in einem Viertel von
Aleppo liegt, das mit am stärksten vom Krieg betroffen ist. Ich habe die
Aktion sieben Tage lang vorbereitet. 60 Kinder haben mitgemacht.
Hatten die Lehrer Einwände?
Nein, die waren froh, dass die Kinder mal gelacht haben.
Haben die Kinder etwas dafür bekommen?
Haribo und Graubrot, mehr nicht. Habe ich am Flughafen in Berlin gekauft.
Knoppers war leider aus. Das Brot haben die Kinder wieder ausgespuckt, es
hat ihnen nicht geschmeckt.
Haben Sie weitere Aktionen geplant?
Im Netz gibt es jetzt [3][einen Spot, der die Familienministerin zeigt],
wie sie sich entschließt, persönlich Flüchtlingskinder aufzunehmen. Dafür
wird sie extra nach Aleppo reisen – in unserem Spot.
Finden Sie das nicht heikel?
Nein, der Spot wird einschlagen. So wie schon unsere Seite.
16 May 2014
## LINKS
[1] http://www.kindertransporthilfe-des-bundes.de/
[2] http://www.politicalbeauty.de/center/News.html
[3] http://www.youtube.com/watch?v=doKQqZ1mqew&feature=youtu.be
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
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Syrische Flüchtlinge
Philipp Ruch
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