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# taz.de -- Die Wahrheit: Duden statt Kreissäge
> Auf Bewertungsportalen beklagen sich die sonst so zurückhaltenden
> Engländer vehement über Wirte und Hoteliers. Nicht alle Gastronomen
> nehmen das hin.
Bild: Er besprach Essen, das Kochen überließ er meist anderen: Wolfram Siebec…
Manchmal geht es nicht anders. Wenn man im Ausland lebt und zum Beispiel
ein deutsches Buch benötigt, muss man bisweilen auf Steuern hinterziehende
Internet-Versandhäuser zurückgreifen. Das ist recht einfach, geht schnell
und ist obendrein meist preiswert. Die eigentliche Arbeit beginnt
hinterher. Hat man das Produkt erhalten, so wird man nach einer bestimmten
Frist aufgefordert, doch endlich den Verkäufer zu bewerten. Man tut es,
damit diese Erinnerungsmails endlich aufhören. Aber sie hören nicht auf.
Nun will das Versandhaus, dass man auch noch das erworbene Produkt
rezensiert. Davon würden schließlich alle profitieren. Wirklich? „Leichter
hand habung auch für frauen .kann mann jedern endfehlen der das kaufen
möchte.hat auch ein hochen Säge schniet supper.“ Ist diese Beschreibung
einer Kreissäge hilfreich, oder wünscht man sich, die Kundin hätte
stattdessen einen Duden gekauft?
Bei TripAdvisor hingegen kommt der miese Charakter vieler Menschen ans
Licht. Wo früher seriöse Hotel- und Restaurantkritiker mit ihrem Namen
faire Bewertungen garantierten, können heutzutage Hinz und Kunz über Gedeih
und Verderb eines Etablissements entscheiden. Oft hat man den Verdacht,
dass die Konkurrenz beim Rufmord ihre Hände im Spiel hat. Einer alten Dame,
die eine kleine Pension in Südengland betrieb, wurde beschieden, ihr
Abendessen sei ungenießbar und in den Schlafzimmern trieben sich Katzen
herum. Die Frau hatte nie Abendessen angeboten, und gegen Katzen ist sie
allergisch. Kurz vor der vernichtenden Kritik hatte in der Nachbarschaft
eine andere Pension eröffnet.
Manche kritisieren aus purer Bosheit. Der zurückhaltende Engländer, der im
Restaurant den ungenießbarsten Fraß auf Nachfrage des Kellners mit „lovely�…
quittiert, wird zur giftspeienden Natter, wenn er im Internet jemanden
anonym und in Großbuchstaben zur Schnecke machen kann. „SIE BEHANDELN
ENGLÄNDER WIE AUSLÄNDER“, nörgelte einer über ein Restaurant in Portugal,
wo Engländer nun mal Ausländer sind. Der Journalist Alex Proud bezeichnete
TripAdvisor als „Demokratie für Idioten“.
Diese Idioten haben aber große Macht. Sinkt die durchschnittliche Bewertung
eines Hotels oder Restaurants um einen halben Stern, macht sich das bei den
Buchungen bemerkbar. Erstaunlich viele Gäste versuchen es deshalb mit
Erpressung: Sie verlangen großzügigen Rabatt, sonst gebe es geharnischte
Kritiken auf TripAdvisor. Einem Hotelier, der auf die Erpressungsversuche
seiner Gäste nicht eingegangen war und sich deshalb eine unterirdische
Bewertung einhandelte, platzte der Kragen. Alex Scrivenor, Hotelier im
schottischen Callander, tobte in seiner Antwort auf TripAdvisor, die Gäste
hätten eine Wand demoliert, im betrunkenen Zustand andere Gäste belästigt
und sich aus dem Staub gemacht, ohne die Rechnung zu bezahlen. „Ihr habt
mich fertiggemacht“, warf er ihnen vor. „Ich war lange in Therapie, um
meine Wutausbrüche unter Kontrolle zu bringen. Jetzt muss ich wieder von
vorne anfangen.“
18 May 2014
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
England
Gastronomie
Kochen
Pferde
Tee
Europawahl 2014
Wasser
Kampfsport
Katholische Kirche
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