# taz.de -- Chinas Anti-Terror-Kampf: Bewaffnete an jeder Kreuzung | |
> Über 200 Verdächtige wurden allein im Mai festgenommen. Die Regierung | |
> setzt auf Repression. Viele Chinesen werfen ihr dennoch Schwäche vor. | |
Bild: Auf Patrouille: Regierungseinheiten Anfang Mai in Urumqi. | |
PEKING taz | Zimperlich wirkt Chinas Staatspräsident Xi Jinping nicht. Nur | |
wenige Stunden nach dem Anschlag in Urumqi am Donnerstagmorgen stellt er | |
sich im chinesischen Staatsfernsehen vor die Kamera und bekräftigt mit | |
polternder Stimme seinen Kampf gegen den Terrorismus. | |
Dazu hatte er bereits am Vortag aufgerufen. In Schanghai tagt derzeit die | |
Sicherheitskonferenz Cica, an dem 24 Staats- und Regierungschefs zumeist | |
asiatische Länder teilnehmen, unter anderem auch der russische | |
Staatspräsident Wladimir Putin. Xi hatte zum Auftakt des Treffens ein | |
gemeinsames Vorgehen gegen die „drei bösen Kräfte Separatismus, Extremismus | |
und Terrorismus“ angekündigt. | |
In den chinesischen Online-Foren häufen sich Stunden nach dem Anschlag | |
jedoch die Einträge, in denen die Kommentatoren der chinesischen Führung | |
„ineffizientes Vorgehen“ oder gar „Schwäche“ vorwerfen. | |
„Drei Terroranschläge in einem halben Jahr – und was tut unsere | |
Regierung?“, fragt ein Blogger. Ein anderer wundert sich, warum Chinas | |
hochgerüsteter Sicherheitsapparat nicht einmal primitive Messerattacken zu | |
verhindern weiß. „Die Führung weiß nur sich selbst zu schützen.“ | |
Spätestens nach dem Messeranschlag Anfang März auf dem Bahnhof der | |
südwestchinesischen Stadt Kunming mit 29 Toten und mehr als 130 Verletzten | |
haben die Behörden in Peking und andernorts ihre Sicherheitsvorkehrungen | |
noch einmal verschärft. An jeder größeren Straßenkreuzung und vor den | |
meisten U-Bahnstationen stehen bewaffnete Einheiten. | |
Urumqi und andere Städte in Xinjiang befinden sich seit Wochen im | |
Belagerungszustand. Auch bei der von Staatschef Xi ausgerufenen | |
„Antiterror-Kampagne“ gehen die Behörden keineswegs zurückhaltend vor: In | |
Xinjiang haben sie allein in den vergangenen drei Wochen mehr als 200 | |
Menschen festgenommen. | |
Ein Gericht in Urumqi hat erst am Mittwoch 39 mutmaßliche Extremisten wegen | |
der angeblichen Verbreitung von Terrorvideos und des Aufrufs zur Gewalt zu | |
bis zu 15 Jahren Haft verurteilt. Unter den Verhafteten ist auch ein | |
15-Jähriger. Menschenrechtler kritisieren dieses repressive Vorgehen, das | |
ihrer Ansicht nach am falschen Punkt ansetzt. Der uigurische Ökonom an der | |
Pekinger Minderheitenuniversität, Ilham Tohti, hatte mehrfach darauf | |
hingewiesen, dass die Regierung die kulturellen und sozialen Spannungen in | |
Xinjiang benennen und auf Aufklärung in der Bevölkerung setzen müsse – auf | |
beiden Seiten – anstatt mit noch mehr Repression. | |
Doch schon diese Kritik interpretieren die Behörden offenbar als | |
„Separatismus“. Seit Anfang dieses Jahres ist Tothi wegen angeblichen | |
Spaltertums ebenfalls in Haft. | |
23 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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