| # taz.de -- Kolumne Leuchten der Menschheit: Nicht mal Kaffee in der DDR | |
| > Im Jahr 1977 stiegen die Preise auf dem Weltmarkt drastisch an. Die | |
| > SED-Führung reagierte mit einer „Versorgungsrichtlinie Kaffee“. | |
| Bild: Ohne Erbsen und mit einem Tropfen Milch: Imperialistischer Westkaffee. | |
| Dass es in der DDR bei vielen Produkten Engpässe gab, ist hinlänglich | |
| bekannt. Die Ursachen werden aber bis heute, und gerade auch im 25. Jahr | |
| des Mauerfalls, kontrovers interpretiert. So widmet sich die Publikation | |
| „Kaffeekrise und Mangelwirtschaft“ (herausgegeben in der Reihe „Hefte zur | |
| DDR-Geschichte“ vom Verein Helle Panke e. V., Rosa-Luxemburg-Stiftung) der | |
| Kaffeekrise 1977, die durch einen drastischen Anstieg der Kaffeepreise auf | |
| dem Weltmarkt nach einer Missernte hervorgerufen wurde. | |
| Diese brachte die Parteiführung dazu, eine „Versorgungsrichtlinie Kaffee“ | |
| zu beschließen und einen Kaffeemix aus 51 Prozent Kaffee und 49 Prozent | |
| Surrogaten wie Getreide, Zuckerrüben und Erbsen auf den Markt zu bringen. | |
| Die Kaffeekrise gilt als Paradebeispiel für die Ignoranz der SED-Führung | |
| gegenüber den Wünschen der Bevölkerung, die mit so vielen Eingaben wie nie | |
| zuvor reagierte und über „Honeckers Krönung“ und „Honeckers Dröhnung“ | |
| spottete. | |
| Der Autor der Publikation, der Wirtschaftshistoriker Jörg Roesler, der 1959 | |
| bis 1964 an der Ostberliner Humboldt-Universität Wirtschaftsgeschichte | |
| studiert und später am Institut für Wirtschaftsgeschichte und am Zentrum | |
| für Zeithistorische Forschung in Potsdam gearbeitet hat, schreibt, dass ihm | |
| die Kaffeekrise keine gesonderte Untersuchung wert gewesen wäre, „wenn ihr | |
| nicht von denjenigen Historikern, die sich nach 1990 die ’Aufarbeitung der | |
| DDR-Geschichte‘ zum Ziel gesetzt haben, besondere Aufmerksamkeit gewidmet | |
| worden wäre“. | |
| Im Unterschied zu denen, die die starren Verbraucherpreise für einen | |
| permanenten Mangel verantwortlich machen, kommt er zu dem Fazit: „Die | |
| Ursachen für den Kaffeemangel lagen außerhalb der Reichweite der | |
| DDR-Planwirtschaft.“ Der Mangel an preiswertem Kaffee habe sich nach dem | |
| Ausfall der brasilianischen Kaffeeernte „auch in marktwirtschaftlich | |
| organisierten Staaten wie der Bundesrepublik und den USA nicht vermeiden“ | |
| lassen. | |
| Deshalb ist für ihn die Kaffeekrise „kein Beispiel einer für die DDR | |
| typischen sozialistischen Mangelwirtschaft“. Roesler, das sei erwähnt, ist | |
| Mitglied der Historischen Kommission der Partei Die Linke. | |
| 23 May 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Bollwahn | |
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