Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Amoklauf in den USA: Per Twitter gegen sexuelle Gewalt
> Nach dem Attentat von Santa Barbara machen Tweets eine „Kultur der
> Vergewaltigung“ mitverantwortlich für die Tat von Elliot Rodger.
Bild: Entsetzen auf der Gedenkveranstaltung am Dienstag.
NEW YORK taz | Jede Frau ist Opfer von sexistischer Gewalt. Das ist die
Essenz einer Internet-Kampagne, die eine Antwort auf die vorerst letzte
tödliche Schießerei in den USA ist. Mehr als eineinhalb Millionen Menschen
haben bereits kurze Botschaften [1][unter dem Hashtag #YesAllwomen]
getwittert. Darin machen sie die „Kultur der Vergewaltigung“ im Kino, Sport
und an den Univerisitäten verantwortlich für das Massaker in Santa Barbara,
bei dem am Freitag sieben junge Leute ums Leben gekommen und 13 verletzt
worden sind.
Der Mann, der am Freitag mit drei Schusswaffen und mit Messern in Santa
Barbara gewütet und am Ende sich selbst erschossen hat, ist Elliot Rodger.
In einem 137 Seiten langen „Manifest“ und einem wenige Minuten vor seinem
Amoklauf an Verwandte und TherapeutInnen verschickten Video hat er seine
Tat – die er eine „Vergeltung“ nennt – vorab erklärt und begründet.
In dem Video machte Rodger alle Frauen dafür verantwortlich, dass er trotz
seiner 22 Jahre immer noch eine „Jungfrau“ war. Und er kündigte an, dass er
sich für die Zurückweisungen rächen und sich mit seiner letzten Tat als
„Alpha-Mann“ beweisen werde.
Seine Eltern und seine TherapeutInnen verstanden den Ernst der Botschaft
sofort. Doch als sie reagierten, die Polizei verständigten und selbst mit
dem Auto zu der Wohnung des jungen Mannes fuhren, war es bereits zu spät.
## Die Eltern schalteten die Polizei ein – vergebens
Rodger, Sohn eines Kameramannes in Hollywood, der unter anderem an den
„Hunger Games“ („Die Tribute von Panem“ mitgearbeitet hat, hatte seit
seinen Kindertagen seelische Probleme. Seit dem Alter von neun war er in
Therapie. Seine Eltern haben vielfach versucht, etwas zu unternehmen, um
ihn vor Gewalttaten (auch gegen sich selbst) zu bewahren.
Wenige Wochen vor seiner Mordserie schalteten sie die Polizei ein. Die
Beamten wurden bei dem Studenten vorstellig. Doch sie schätzten ihn als
unauffällig ein. Seine Wohnung durchsuchten sie nicht. So erfuhren sie
nichts von seinem damals vermutlich bereits teilweise verfassten
„Manifest“, noch fanden sie die Schusswaffen und die Munition, die er legal
erworben hatte und bei sich aufbewahrte.
## Video-Vermächtnis enthält Elemente der TV-Kultur
In dem Twitter-Kampagne, die jetzt durch die USA geht, schreiben junge
Frauen von den Warnungen, mit denen sie aufgewachsen sind: „Zieh Dich nicht
so sexy an“. „Pass auf, dass Dir niemand etwas in deinen Drink mischt“.
„Geh nicht allein aus“. Und darüber, dass niemand den Jungen sagt: „Beni…
Dich“. „Respektier ein Nein“.
Die Filmkritikerin der Zeitung Washington Post, Ann Hornaday, hat in dem
Video-Vermächtnis von Rodger Elemente einer Kino-und Fernseh-Kultur
gefunden, die suggeriert, dass es im College eine Art „Anspruch auf Sex“
gäbe und dass Männer einen Anspruch darauf hätten, Frauen zu jagen.
Stellvertretend für viele andere erwähnte sie die Serie „Neighbours“ – …
der College-Studenten eine Party nach der anderen feiern.
## Eine von fünf Frauen wird sexuell angegriffen
Zahlen zeigen, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen weit verbreitet ist. Nach
einer im Jahr 2011 veröffentlichten Untersuchung der US-Regierung wird eine
von fünf Frauen in den USA im Laufe ihres Lebens sexuell angegriffen. Laut
Justizministerium kommt nur ein Viertel der Täter in Haft.
Bei einer Gedenkfeier an der Universität von Kalifornien sprach am
Dienstagabend auch der Vater des 20jährigen Christopher Martinez, der dem
Todesschützen zum Opfer fiel, als er am Freitagabend im Supermarkt war.
Richard Martinez hat seit den ersten Stunden danach versucht, angesichts
des Todes seines Sohnes nicht zu schweigen.
Schon am Samstag verlas er [2][eine Botschaft auf einer Pressekonferenz].
Dabei stellte der Vater mit tränenerstickter Stimme die Frage, wer
verantwortlich für den Tod von Chris sei. Seine Antwort: „Feige Politiker
und die Schusswaffenlobby der NRA“.
28 May 2014
## LINKS
[1] http://twitter.com/search?q=%23YesAllwomen&src=typd
[2] http://www.youtube.com/watch?v=HN6NBDYPuhY
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Amoklauf
Waffenlobby
Antifeminismus
Vergewaltigung
USA
Waffen
Amokläufer
## ARTIKEL ZUM THEMA
Antifeministische Online-Community: Todeszone Mann
Der Attentäter von Toronto war offenbar Teil einer Bewegung von militanten
Frauenhassern. Sie organisieren sich im Internet.
Kalifornisches Gesetz zu Sex an Unis: Nur „Ja“ bedeutet „Ja“
An kalifornischen Unis dürfen Studierende künftig nur nach ausdrücklichem
„Ja“ vom Partner Sex haben. Die Regelung soll auch betrunkene Frauen
schützen.
Schießerei an US-Schule: Obama beschämt über lasche Gesetze
In Oregon wird ein Schüler erschossen. Auch der Schütze stirbt. Der
US-Präsident reagiert und kritisiert die öffentliche Meinung, die gegen
schärfere Gesetze sei.
Waffenkampf in den USA: Durchgeladen
Kein Thema spaltet Amerika so wie das Recht auf eine Waffe. In
Wahlkampfzeiten verschenken Politiker auch schon mal Knarren an ihre
Unterstützer.
TV-Doku über Amokläufer: Kleinstädtisch, männlich, depressiv
Warum verüben Menschen brutale Massaker? Die Doku „Ansichten eines
Amokläufers“ sucht mit nach wissenschaftlichen Antworten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.