# taz.de -- Proteste am Gezi-Jahrestag in Istanbul: Tränengas und Wasserwerfer | |
> Vor einem Jahr begannen die Proteste im Gezi-Park. Jetzt wollen | |
> Regierungsgegner erneut demonstrieren. Die Polizei geht gewaltsam gegen | |
> sie vor. | |
Bild: Taksim soll sauber bleiben: türkische Sicherheitskräfte hindern Demonst… | |
ISTANBUL dpa | Am Jahrestag des Beginns der landesweiten Gezi-Proteste in | |
der Türkei ist die Polizei in Istanbul gewaltsam gegen Demonstranten | |
vorgegangen. Sicherheitskräfte setzten am Samstagabend auf der zum | |
Taksim-Platz führenden Einkaufsmeile Istiklal Caddesi Wasserwerfer und | |
Tränengas ein. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte seine | |
Landsleute zuvor vor einer Teilnahme an Demonstrationen gewarnt. Er drohte | |
mit einem strikten Vorgehen der Sicherheitskräfte, die „präzise | |
Anordnungen“ hätten. | |
Auf Fernsehbildern war zu sehen, dass Sicherheitskräfte auch in der | |
Hauptstadt Ankara Wasserwerfer und Tränengas gegen Demonstranten | |
einsetzten. In Istanbul war der Protest bis zur gewaltsamen Auflösung | |
friedlich verlaufen. Dort hatten Regierungsgegner für Samstagabend zur | |
Demonstration auf dem Taksim-Platz aufgerufen. Die Polizei hatte den | |
symbolträchtigen Platz und den angrenzenden Gezi-Park allerdings bereits am | |
Nachmittag abgeriegelt. | |
Medienberichten zufolge sollen bis zu 25 000 Polizisten und 50 Wasserwerfer | |
verhindern, dass Demonstranten auf den Taksim-Platz vordringen. Einigen | |
hundert von ihnen gelang es, sich auf der Istiklal Caddesi zu versammeln. | |
Sie forderten in Sprechchören den Rücktritt der Regierung. Mehrere Menschen | |
wurden festgenommen. | |
Bosporus-Fähren brachten seit dem Nachmittag keine Passagiere mehr vom | |
asiatischen zum europäischen Teil Istanbuls, wo der Taksim-Platz liegt. Die | |
U-Bahn-Station am Taksim-Platz wurde geschlossen. Am Abend kreiste ein | |
Polizeihubschrauber über der Gegend. | |
Der 20-jährige Demonstrant Öguz Demir sagte mit Blick auf die Toten der | |
Gezi-Proteste 2013 und das Grubenunglück von Soma am 13. Mai: "Wir wollen | |
an die Toten von Gezi und Soma erinnern, aber man lässt uns nicht auf den | |
Taksim. Was ist das für ein Staat?“ | |
Die 29-jährige Lehrerin Nesrin Özgür kritisierte: "Erdogan hat das Land | |
gespalten. Jeder, der seine Menschenrechte einfordert, wird festgenommen." | |
Die 28-jährige deutsche Touristin Jil Dicks aus Hamburg, die zufällig in | |
die Proteste geriet, sagte: „Ich verstehe nicht, wieso man so hart gegen | |
die Menschen vorgeht.“ | |
## Erdogan verurteilt Demoaufruf | |
Stellung gebracht. Zuletzt hatten gewaltbereite Demonstranten | |
Sicherheitskräfte bei Protesten in Istanbul auch mit Molotow-Cocktails | |
angegriffen, woraufhin die Polizei in mindestens einem Fall mit scharfer | |
Munition schoss. Am Rande von Ausschreitungen waren vergangene Woche zwei | |
Menschen ums Leben gekommen. | |
Erdogan hatte den Aufruf zu Demonstrationen bereits am Freitagabend | |
verurteilt. Ein Jahr nach den Gezi-Protesten wollten die Demonstranten der | |
Türkei „neue Tote, neue Schmerzen“ zufügen, sagte er nach Angaben der | |
Nachrichtenagentur Anadolu. | |
Die Proteste im vergangenen Sommer hatten sich an Plänen der Regierung | |
entzündet, den Gezi-Park am Rande des Taksim-Platzes zu bebauen. Am 31. Mai | |
vor einem Jahr schlugen sie in landesweite Proteste um, die sich vor allem | |
gegen den autoritären Regierungsstil von Erdogan und die eskalierende | |
Polizeigewalt richteten. | |
Die Proteste kosteten mindestens sieben Menschen das Leben. Die | |
Massendemonstrationen ebbten im Spätsommer ab. Immer wieder flammen aber | |
seitdem Proteste auf, die die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas | |
zerschlägt. | |
31 May 2014 | |
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